rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Haushaltszugehörigkeit von Kindern bei getrenntlebenden Ehegatten

 

Leitsatz (redaktionell)

In Fällen, in denen die Eltern des Kindes trotz einer Trennung im familienrechtlichen Sinne weiterhin - und sei es auch nur vorübergehend - gemeinsam mit ihren Kindern in der bisherigen Familienwohnung leben, kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Zugehörigkeit des Kindes zum Haushalt des Vaters oder der Mutter beendet worden ist.

 

Normenkette

EStG § 64 Abs. 1, 2 S. 1

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob das Arbeitsamt zu Recht gegenüber dem Kläger (Kl.) die Festsetzung von Kindergeld aufgehoben und zurückgefordert hat.

Der Kl. ist Vater des Kindes (geb. am ... 7. 1991). Der Kl. lebte ursprünglich gemeinsam mit seiner Ehefrau - der Beigeladenen - in ... Die Wohnung besteht aus drei Zimmern (einem Wohnzimmer, einem Kinderzimmer und einem Schlafzimmer) mit einer Wohnfläche von insgesamt 85 qm. Ende Mai 1998 zog der Kl. aus dieser Wohnung aus. Die Tochter blieb bei der Mutter. Eine Scheidungsverfahren ist seit dem November 1997 anhängig.

Dem Kl. war seit 1991 - mit Einverständnis der Beigeladenen - durchgehend Kindergeld gewährt und gezahlt worden.

Am 17. Dezember 1997 beantragte die Beigeladene die Gewährung von Kindergeld mit der Begründung, sie lebe von ihrem Ehemann dauernd getrennt.

Das Arbeitsamt gewährte daraufhin der Beigeladenen ab dem 1. Januar 1998 Kindergeld.

Gegenüber dem Kl. hob das Arbeitsamt mit Bescheid vom 6. Januar 1998 die Festsetzung von Kindergeld ab Januar 1998 auf. Hiergegen legte der Kl. keinen Einspruch ein.

Mit Bescheid vom 1. April 1998 hob das Arbeitsamt die Festsetzung von Kindergeld gegenüber dem Kl. nunmehr auch für den Zeitraum ab März 1996 auf und forderte überzahltes Kindergeld für die Monate März 1996 bis Dezember 1997 in Höhe von 4.640 DM zurück.

Hiergegen legte der Kl. Einspruch ein, den das Arbeitsamt mit Einspruchsentscheidung vom 6. Januar 1999 als unbegründet zurückwies. Auf die Einspruchsentscheidung wird Bezug genommen.

Anschließend hat der Kl. Klage erhoben. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor:

Die Argumentation des beklagten Arbeitsamtes, wonach verschiedene Haushalte bestanden hätten, sei unzutreffend. Es habe nur einen gemeinsamen Haushalt in der gemeinsamen Wohnung gegeben. Die Eheleute hätten nur in verschiedenen Räumlichkeiten geschlafen. Die vom Arbeitsamt vorgenommene Trennung jeweils in einen Haushalt des Kl. und der Beigeladenen gehe an der Lebenswirklichkeit vorbei. Das für ein Ehescheidungsverfahren erforderliche „getrennt leben“ habe mit der tatsächlichen Obhut für das Kind nichts zu tun.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid des Arbeitsamts vom 1. April 1998 und die Einspruchsentscheidung vom 6. Januar 1999 insoweit aufzuheben, als das Arbeitsamt die Festsetzung von Kindergeld für die Monate März 1996 bis Dezember 1997 aufgehoben und zurückgefordert hat.

Das beklagte Arbeitsamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beigeladene beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsamt hält im Klageverfahren an seiner bisherigen Rechtsauffassung fest.

Die Beigeladene trägt vor: Kindergeld habe sie in der Zeit von März 1996 bis Dezember 1997 von dem Kl. nicht erhalten. Der Kl. habe die Miete nebst Nebenkosten getragen. Das Kind sei nicht in den Haushalt des Kl. aufgenommen worden. Der Kl. und sie hätten vielmehr getrennte Haushalte in ein und derselben Wohnung geführt.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Soweit in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, Änderungen eintreten, ist die Festsetzung des Kindergeldes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben oder zu ändern (§ 70 Abs. 2 Einkommensteuergesetz - EStG -). Die objektive Beweislast (Feststellungslast) für eine Änderung gem. § 70 Abs. 2 EStG hat regelmäßig die Behörde zu führen (FG Düsseldorf, Urteil vom 9. September 1999 15 K 3727/98 Kg, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1999, 1296). Eine Änderung der Verhältnisse i. S. v. § 70 Abs. 2 EStG vermochte das Gericht für den streitbefangenen Zeitraum März 1996 bis Dezember 1997 nicht zu bejahen.

Nach § 64 Abs. 1 EStG wird für jedes Kind nur einem Berechtigten Kindergeld gezahlt. § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG bestimmt, dass bei mehreren Berechtigten das Kindergeld demjenigen gezahlt wird, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. Das ist derjenige, der das Kind in seiner Obhut hat. Ob dies der Fall ist, entscheidet sich nicht isoliert nach dem zivilrechtlichen Sorgerecht, sondern nach den tatsächlichen Obhutsverhältnissen (vgl. z. B. Bundesfinanzhof - BFH -, Beschluss vom 18. Dezember 1998 VI B 215/98, Bundessteuerblatt - BStBl - II 1999, 231; BFH-Urteil vom 24. Oktober 2000 VI R 21/99, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFH/NV - 2001, 444). Ist ein Kind in den gemeinsamen Haushalt von Eltern, einem Elternteil und...

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