Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Höhe nicht steuerbaren, pauschalierten Auslagenersatzes bei Kinderbetreuer

 

Leitsatz (redaktionell)

Zahlt ein gemeinnütziger Verein an die bei ihm angestellten Betreuer für die vollstationäre Betreuung von Kindern in einer familienähnlichen Wohngruppe neben dem Gehalt einen monatlichen Betrag zur Abgeltung der Sachkosten, so handelt es sich um nicht steuerbaren Auslagenersatz, sofern der Betrag den Sachkostenanteil des vom Jugendamt für die Betreuung an den Verein gezahlten Pflegesatzes nicht übersteigt.

 

Normenkette

EStG § 3 Nr. 50

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 02.10.2003; Aktenzeichen IV R 4/02)

 

Tatbestand

Die Kläger werden als Eheleute zur Einkommensteuer (ESt) zusammenveranlagt. Sie sind beide bei dem Kinder- und Jugend... angestellt, der Kläger als Diplom-Sozialpädagoge und die Klägerin als Erzieherin. Die Klägerin leite eine „beziehungsorientierte Wohngruppe“. Dabei handelt es sich um eine sonstige betreute Wohnform, die nach Maßgabe des § 34 Sozialgesetzbuch VIII (Kinder- und Jugendhilfe-Gesetz) Hilfe zur Erziehung leisten soll. Die Klägerin nimmt bis zu zwei verhaltensauffällige oder in schwierigen Verhältnissen lebende Kinder über Tag und Nacht in ihren eigenen Haushalt auf. Ein familienähnliches Band soll dabei nicht begründet werden; die Kinder sollen später wieder in ihre Familien zurückkehren. Eine solche Einrichtung bedarf der Erlaubnis und unterliegt der Aufsicht (§ 45 Kinder- und Jugendhilfe-Gesetz). Der KJHV zahlte der Klägerein im Streitjahr (1996) pro Kind und Monat neben dem Gehalt einen Betrag von 1.110 DM zum Ausgleich der Sachkosten. Streitig ist die steuerliche Behandlung dieser Zahlungen.

Der ... ist ein privater Träger der Kinder- und Jugendhilfe. Er schließt mit der Pflegesatzkommission, vertreten durch das Jugendamt der Stadt, jährlich im Wege der vereinfachten Fortschreibung eine Pflegesatzvereinbarung. Der Pflegesatz ist das Entgelt für die Erfüllung eines Betreuungsauftrags. Der an den ... für eine Betreuung gezahlte Pflegesatz betrug bei Unterbringung in einer stationären Wohngruppe im Streitjahr täglich 198,67 DM, davon entfielen auf Personalkosten 141,59 DM und auf Sachkosten 57,08 DM. Darüber findet eine Abrechnung im Einzelfall nicht statt. Der ... dient ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken der Kinder- und Jugendhilfe. Er betreibt insbesondere Heime, Jugendwohngemeinschaften, erlebnispädagogische Projekte und familienanaloge Wohngruppen.

Der vom ... an die Klägerin gezahlte Betrag von 1.110 DM pro Kind und Monat setzt sich nach einer internen Abrechnung für 1994 wie folgt zusammen:

Telefon

25,00 DM

Porto

5,00 DM

Energiekosten

110,00 DM

Reinigungskosten

30,00 DM

Mieten u. Pachten

300,00 DM

Ersatzbeschaffung

70,00 DM

Lebensmittel

270,00 DM

Päd. Betreuung

80,00 DM

Bekleidung

70,00 DM

Fahrtk. Außenst.

150,00 DM

gesamt

1.110,00 DM

2 Kinder

2.220,00 DM.

Dazu hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, die Einzelbeträge seien bis auf die Positionen Reinigung und Bekleidung nicht verhandelbar. Insbesondere bei den Positionen Miete und Fahrtkosten nehme der ... auf die individuelle Umstände der Betreuer keine Rücksicht.

In ihrer ESt-Erklärung für 1996 machten die Kläger u. a. negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (- VuV -, Einnahmen: 7.200 DM abzgl. Werbungskosten - WK -: 7.591 DM) geltend. Der Beklagte, das Finanzamt (FA), setzte demgegenüber Einkünfte aus einer sonstigen selbständigen Tätigkeit in Höhe von 8.640,00 DM (Einnahmen: 12 x 2 x 1.110 DM = 26.640 DM abzgl.WK pauschal: 12 x 2 x 750 DM) an. Zur Begründung des dagegen eingelegten Einspruchs führten die Kläger aus, bei dem vom ... neben dem Gehalt gezahlten Betrag handele es sich um pauschalen Aufwandsersatz. Die Pauschale entspreche den mit der Pflegesatzkommission vereinbarten Sätzen für Sachkosten. Sie solle nur die tatsächlich entstehenden Kosten abdecken. Ihre tatsächlichen Aufwendungen lägen höher. Einzelnachweise könnten allerdings nicht erbracht werden. Nur für die Mieten sei ein Verlust nachweisbar. Vermietet seien zwei für die Betreuung hergerichtete und von ihrem persönlichen Wohnbereich getrennte Kinder- und ein Badezimmer. Ein schriftlicher Mietvertrag existiere nicht. Mit dem ... sei aber ein mündlicher Mietvertrag geschlossen worden; der ... stelle den Betreuten die gemieteten Räume unentgeltlich zur Verfügung. Die Aufwendungen seien ihnen nur für die Betreuung entstanden; für sich selbst benötigten sie die zusätzlichen Räume nicht.

Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück. Es lägen keine Einkünfte aus VuV vor, da die Kinder als Pflegekinder den Tatbestand der Selbstnutzung erfüllten. Im Übrigen fehle ein schriftlicher Mietvertrag. Bei dem von privater Seite gezahlten Pflegegeld handele es sich insgesamt um steuerpflichtige Einnahmen aus einer sonstigen selbständigen Tätigkeit i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 Einkommensteuergesetz (EStG). Die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 11 EStG greife nicht ein. Zwar verfüge der ... über öffentliche Mittel, die...

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