Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuerbefreiung für die Vergabe von Liegerechten in einem Urnenbegräbniswald

 

Leitsatz (amtlich)

Die Vergabe von Liegerechten in einem Urnenbegräbniswald fällt unter die Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr. 12a UStG

 

Normenkette

UStG § 4 Nr. 12a

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 21.06.2017; Aktenzeichen V R 3/17)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob die Vergabe von Liegerechten und weiteren Leistungen in einem Urnenbegräbniswald unter die Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr. 12a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) fällt oder nicht.

Der Kläger ist Eigentümer eines als Urnenbegräbniswald "X" bezeichneten Grundstücks. Aufgrund eines Vertrags vom 23. Juli 2009 räumte er der Gemeinde C eine persönliche Dienstbarkeit ein, wonach die Gemeinde berechtigt war, die Grundstücksfläche des Begräbniswaldes als Friedhof zu nutzen. Aufgrund von § 4 desselben Vertrages übernahm der Kläger die Einrichtung und den Betrieb des Friedhofs und betrieb ihn vertragsgemäß auf eigene Kosten. Im Rahmen des Betriebs des Begräbniswaldes bot der Kläger zweierlei Leistungen an:

Die erste Leistung (im Folgenden Vergabe von Liegerechten) bestand darin, interessierten Menschen an einem Familien- oder Gruppenbaum ein bzw. mehrere Nutzungsrechte zur Beisetzung der Asche mit anschließender Liegezeit für Zeiträume von 20 bis 99 Jahren einzuräumen. Die Bäume und Parzellen, an denen solcherlei Rechte erworben werden konnten, waren geographisch eingemessen und mit einer Nummerierung (Beschilderung) versehen. Im Zusammenhang mit dieser Leistung nahm der Kläger Beratungsleistungen vor, die sich jedoch auf die Information über freie Grabstätten und Bestattungsorte beschränkten; etwaige Details zur Bestattung (z.B. Urnenauswahl etc.) waren nicht Gegenstand der Beratung. Zudem erhielt der Kläger den Wald und die Wege, z.B. auch durch Maßnahmen, die aufgrund des Landeswaldgesetzes geboten waren; eine Grabpflege erfolgte nicht. Daneben hielt der Kläger Parkplätze vor und stellte auf dem Gelände einen Andachtsort zur Verfügung, der jedoch lediglich einige Bänke umfasste, damit sich insbesondere ältere Personen vor der Beisetzung kurz hinsetzen konnten; Trauerfeiern o.ä. fanden dort nicht statt. In Erfüllung einer gegenüber der Gemeinde bestehenden Verpflichtung führte der Kläger schließlich eine Ruhestättendatenbank, die dazu diente, ein zweites elektronisches Register vorzuhalten, falls das Register der Gemeinde durch unerwartete Ereignisse abhandenkam. Der Erwerb eines solchen Liegerechts erfolgte über ein entsprechendes Antragsformular, welches als Grundlage des zu schließenden Vertrages u.a. die Friedhofssatzung in Bezug nahm. In dieser Satzung wurde darauf hin-gewiesen, dass der Friedhof in privatrechtlicher Form durch den jeweiligen Grundstückseigentümer betrieben und verwaltet wurde. Bei Annahme eines Antrags stellte der Kläger die Nutzungsgebühr - die von der in den Vertrag einbezogenen Gebührensatzung festgelegt wurde - ohne Ausweis der USt in Rechnung, da der Kläger vom Vorliegen einer steuerfreien Grundstücksvermietung gemäß § 4 Nr. 12a UStG ausging. Nach Bezahlung der vereinbarten Gebühren erhielten die Erwerber eine Verleihungsurkunde, welche den Kunden den Erwerb unter konkreter Bezeichnung einer Baumnummer/Grabstätte und Grabart bestätigte.

Die zweite angebotene Leistung des Klägers bestand in Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Beisetzung (im Folgenden: Bestattungsleistungen) an. Diese Leistungen waren optional und mussten nicht gemeinsam mit dem Erwerb eines Liegerechtes erworben werden. Tatsächlich nahmen in den Streitjahren auch nur wenige Kunden diese Leistungen in Anspruch. Die Bestattungsleistungen umfassten nicht die - ausschließlich von Bestattungsunternehmen durchgeführten - Bestattungen selbst, sondern begleitende Maßnahmen wie das Ausheben der Grube, verkehrssichernde Maßnahmen (Absicherung der Grube), das Verschließen des Grabes und die Entfernung/Entsorgung des Grabschmuckes. Diese Leistungen wurden zuzüglich 19 % USt in Rechnung gestellt; sie sind nicht streitig.

In seiner USt-Erklärung für das Jahr 2009 erklärte der Kläger Umsätze zum allgemeinen Steuersatz in Höhe von 101.152,00 EUR (Steuern darauf 19.218,88 EUR), Vorsteuern in Höhe von 4.207,37 EUR und (unter Einbeziehung von USt aus innergemeinschaftlichen Erwerben) eine Gesamtsteuerlast in Höhe von 25.367,27 EUR. Für das Jahr 2010 erklärte er Umsätze zum allgemeinen Steuersatz in Höhe von 90.792,00 EUR (Steuer darauf 17.250,48 EUR), Vorsteuern in Höhe von 8.879,08 EUR sowie (unter Einbeziehung der USt auf innergemeinschaftliche Erwerbe sowie Lieferungen gemäß §§ 3 Abs. 1 b, 13 b UStG) eine Gesamtsteuerlast in Höhe von 27.173,61 EUR. Die Steuererklärungen standen gemäß § 168 Abgabenordnung (AO) einer Veranlagung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung für die Jahre 2007 bis 2009 vertrat der Prüfer die Auffassung, dass es sich bei der Vergabe von Liegerechten und der Durchführung der Bestattungsleistungen um ei...

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