Entscheidungsstichwort (Thema)

Zusammenfassung der Beteiligung an einer Müllverbrennungsanlage mit weiteren BgA im steuerlichen Querverbund zum BgA „Verkehr/Versorgung/Hafen" - nachträgliche anderweitige Zusammenfassung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts an einer Müllverbrennungsanlage beteiligt, die in der Rechtsform einer Personengesellschaft betrieben wird, so können der Bereich der Abfallbeseitigung und der Bereich der Energiegewinnung durch Verwertung der Verbrennungsenergie eigenständige Betriebe gewerblicher Art darstellen.

2. Durch die gesellschaftsrechtliche Struktur ist eine Zusammenfassung dieser Betriebe im steuerlichen Querverbund – bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen – möglich.

3. Ist eine solche Zusammenfassung erfolgt, kommt eine anderweitige Zusammenfassung nur eines der Betriebe mit einem weiteren Betrieb gewerblicher Art über diese gesellschaftsrechtliche Struktur hinweg im Nachhinein nicht mehr in Betracht.

 

Normenkette

AO § 162; KStG § 4 Abs. 1 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 18.01.2023; Aktenzeichen I R 9/19)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die A GmbH & Co. KG (A) im Streitjahr 2006 als Betrieb gewerblicher Art (BgA) „Beteiligung Müllverbrennung“ mit weiteren BgA im steuerlichen Querverbund zum BgA „Verkehr/Versorgung/Hafen“ zusammengefasst werden konnte.

Die Klägerin hält seit dem 1. Januar 2005 diverse Beteiligungen an Unternehmen in privatrechtlicher Rechtsform, die zuvor dezentral verschiedenen Fachdezernaten zugeordnet waren, in ihrem Eigenbetrieb C.

Gem. § 4 Abs. 1 der Betriebssatzung des Eigenbetriebs C vom 20. September 2005 obliegt es dem Eigenbetrieb C, Aufgaben der Klägerin hinsichtlich der Verwaltung ihrer Beteiligungen, Eigenbetriebe und Anstalten öffentlichen Rechts wahrzunehmen und dabei insbesondere eine einheitliche Willensbildung durch eine übergeordnete Steuerung zu ermöglichen. Hierzu wurde beim Eigenbetrieb C unter Einsatz einer zentralen Individualsoftware ein Beteiligungscontrolling etabliert. Dieses wurde auf der Grundlage von mit dem Eigenbetrieb C jeweils abgeschlossenen Geschäftsbesorgungsverträgen durchgeführt. Es umfasste den Aufbau eines einheitlichen Planungs-, Melde- und Berichtswesens, die Erarbeitung kurz- und längerfristiger Ziele auf der Grundlage der politischen Leitlinien unter Einschluss der Entwicklung von Finanzvorgaben für die Beteiligungsgesellschaften, ein laufendes Controlling, die Mitwirkung bei der steuerlichen Optimierung im Gesamtkonzern sowie Beratungsleistungen.

Bis zum 30. September 2006 waren 51 % der Anteile an der A - neben Anteilen an Verkehrsbetrieben und an der E AG - von der G GmbH gehalten worden. Deren Anteilseignerin war - mittelbar - zu 99,9 % wiederum die Klägerin. Zum 1. Oktober 2006 wurde das Vermögen der G GmbH in vollem Umfang auf die Klägerin übertragen. Seitdem waren an der A die Klägerin - über ihren Eigenbetrieb C - zu 51 % und die I GmbH zu 49 % als Kommanditistinnen beteiligt. Komplementärin ohne Beteiligung am Gewinn und Verlust war die A GmbH.

Die A betrieb zur Restabfallbehandlung eine Müllverbrennungsanlage mit zugehöriger Rauchgasfilterung. Daneben unterhielt sie ein Kraftwerk, in dem sie mit einer Entnahme-Gegendruckturbine aus dem Abfallverbrennungsprozess elektrischen Strom erzeugte. Außerdem wurde der erhitzte Heißdampf nach dem Durchlaufen der Turbine in einen Wärmetauscher weitergeleitet, mittels dessen die enthaltene Wärmeenergie in das Fernwärmenetz übertragen wurde. Der so erzeugte Strom wurde - soweit der Eigenbedarf der A überstiegen wurde - an der Börse vermarktet, die den Eigenbedarf übersteigende erzeugte Wärmeenergie veräußerte die A an die E AG. Diese lieferte den Strom und die (Fern-)Wärme über ihre Leitungsnetze an gewerbliche und private Endabnehmer. Die A war - und ist - in der Kraftwerkeinsatzsteuerung der Fernwärmeversorgung der E AG als Grundlastlieferant eingeplant. Angesichts des vergleichsweise attraktiven Preises wurde - und wird - die Wärmeproduktion der A auch als Grundlast eingesetzt. Der diesbezüglich geschlossene Wärmebezugsvertrag zwischen der A und der E AG sieht für den Fall des Stillstands oder des Ausfalls einer Müllverbrennungslinie den Einsatz einer mit Heizöl zu betreibenden Reserveheizanlage zur Aufrechterhaltung des Wärmebezugs vor. Eine solche wird am Standort der Müllverbrennungsanlage von der A vorgehalten. Für die Errichtung der zur Energieerzeugung erforderlichen technischen Anlagen investierte die A einen Gesamtbetrag in Höhe von etwa 5.000.000 €. Die Kapazität der Müllverbrennungsanlage übersteigt das Maß, das erforderlich wäre, um allein die im Gebiet der Stadt L anfallenden Abfälle zu beseitigen. Dementsprechend werden daneben laufend Abfälle des Landkreises N sowie Abfälle gewerblicher Anlieferer verwertet.

Die A erreichte im Jahr 2012 gemäß der Richtlinie 2008/98/EG über Abfälle, Anhang II, in Verbindung mit den Leitlinien zur Auslegung der R1-Energieeffizienzformel für Verbrennungsanlagen einen Energieeffizien...

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