Entscheidungsstichwort (Thema)

Besteuerung eines Veräußerungsgewinns gemäß §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Nutzung eines Wirtschaftsguts "zu eigenen Wohnzwecken" im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG liegt nicht vor, wenn der Steuerpflichtige und seine Familie, die ein Wohngebäude auf einem unmittelbar angrenzenden Grundstück bewohnen, ein bereits bei Erwerb rechtlich selbstständiges und verkehrsfähiges, im wesentlichen unbebautes Grundstück, das lediglich mit einem Gartenpavillon bebaut ist, tatsächlich in die Gartennutzung einbeziehen.

Der Charakter des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG als Ausnahmevorschrift gebietet eine restriktive Auslegung. Vor diesem Hintergrund ist die Privilegierung dieser Vorschrift grundsätzlich auf den dem Wohngebäude rechtlich zuzuordenenden Grund und Boden zu beschränken. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die zu dem Wohngebäude rechtlich gehörenden Flächen - auch unter Berücksichtigung gebietsspezifischer Besonderheiten - eine für die Wohnnutzung erforderliche und übliche Gartennutzung ermöglichen.

 

Normenkette

EStG § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 1, 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 25.05.2011; Aktenzeichen IX R 48/10)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Besteuerung eines Veräußerungsgewinns gemäß §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) aus der Veräußerung eines neben dem Wohngrundstück des Klägers belegenen, im Wesentlichen unbebauten, lediglich mit einem befestigten Pavillon bebauten Grundstücks.

Der Kläger, der mit seiner Ehefrau zusammen veranlagt wurde, erzielte im Streitjahr (2005) Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Daneben erzielte er geringfügige Einkünfte aus selbstständiger Arbeit, Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

Er erwarb in 1999 ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück mit einer Größe von 3661 qm. Der Kaufpreis betrug 2 Mio. DM (1.022.568,00 EUR). Das Gebäude wurde seit 1999 von der Familie des Klägers überwiegend zu Wohnzwecken genutzt. Ferner befand sich in dem Gebäude das Büro des Klägers.

Ebenfalls in 1999 erwarb der Kläger das dem Wohngrundstück angrenzende, mit einem im Jahr 1950 errichteten gemauerten, geschlossenen und beheizbaren Gartenpavillon bebaute Grundstück mit einer Größe von 2956 qm zu einem Kaufpreis von 650.000 DM (332.334,00 EUR).

Die ursprünglich zusammengehörenden Grundstücke waren bereits im Jahr 1994 parzelliert worden.

Im Jahr 2004 begann der Kläger mit einer weiteren Teilung des Grundstücks. Es entstand das Flurstück … mit 126 qm, das als Grundstücksstreifen an das mit dem Wohnhaus bebaute Grundstück angrenzt, sowie das Flurstück .. mit 415 qm, das als Einfahrt zum Büro diente. Eigentümer dieser Grundstücke blieb weiterhin der Kläger. Das weitere neu entstandene Flurstück … mit einer Grundstücksgröße von 2385 qm wurde sodann am 15. Juni 2005 als Baugrundstück veräußert. Der Verkaufspreis betrug 425.000,00 EUR.

Im Rahmen einer vom 15. September 2008 bis 29. September 2008 für die Jahre 2004 bis 2006 durchgeführten Außenprüfung kam die Prüferin u. a. zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem Verkauf des Flurstücks im Jahr 2005 um ein privates Veräußerungsgeschäft gemäß § 23 EStG handele und ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 134.715,77 EUR, dessen Höhe unstreitig ist, der Besteuerung zu Grunde zu legen sei.

Mit gemäß § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) geändertem Einkommensteuer(ESt)-Bescheid vom 12. November 2008 berücksichtigte der Beklagte entsprechend dem Ergebnis der Außenprüfung unter anderem den von dem Beklagten ermittelten Veräußerungsgewinn aus dem o.g. Grundstücksverkauf und setzte die ESt entsprechend neu fest. Im bisherigen Einkommensteuerbescheid vom 25. April 2007 war der Veräußerungsgewinn nicht berücksichtigt worden.

Hiergegen wandte sich der Kläger mit seinem am 9. Dezember 2008 bei dem Beklagten eingegangenen Einspruch. Zur Begründung führte er mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 18. Dezember 2008 aus, dass hier ein Fall des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG vorliege, wonach von der Spekulationssteuer Wirtschaftsgüter ausgenommen seien, die im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken des veräußernden Steuerpflichtigen genutzt worden seien. Diese Voraussetzungen lägen im Fall des Klägers vor. Es habe sich bei dem Erwerb der beiden in Rede stehenden Flurstücke im Jahr 1999 nach den tatsächlichen Verhältnissen um ein einheitliches, großzügig geschnittenes und parkartig angelegtes Einfamilienhausgrundstück gehandelt. Dieses sei fortan von dem Kläger mit seiner Familie bewohnt worden. Der gesamte Garten sei als Hausgarten der Wohnung genutzt worden. Der fest gemauerte, geschlossene und beheizbare Gartenpavillon sei in die Wohnnutzung mit einbezogen worden. Es handele sich um ein von dem Kläger zu eigenen Wohnzwecken genutztes Gebäude. Vom Nutzungs- und Funktionszusammenhang her handele es sich bei dem veräußerten Grundstück um einen Teil des Hausgartens des Wohnhauses. Anwesen vergleichbare...

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