Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung eines nicht erfüllten Sachleistungsanspruchs mit gemeinen Wert

 

Leitsatz (amtlich)

Es bestehen keine ernstlichen Zweifel daran, dass bei einem nicht erfüllten Sachleistungsanspruch (Eintragung im Grundbuch gem. § 873 BGB) dieser Anspruch mit dem gemeinen Wert anzusetzen ist.

 

Normenkette

FGO § 69; ErbStG § 3 Abs. 1 Nr. 1; AO § 39 Abs. 2 Nr. 1; BGB § 873; FGO § 69 Abs. 2-3

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 17.07.2003; Aktenzeichen II B 20/03)

 

Tatbestand

Mit notariellem Vertrag von Januar 1999 kaufte die Erblasserin eine Eigentumswohnung zu einem Kaufpreis von 92.000 DM. Der Verkäufer bewilligte und die Erblasserin beantragte die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zu Gunsten der Erblasserin im Grundbuch. Ferner erklärten die Vertragsparteien die Auflassung und bewilligten und beantragten die Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch. Für die Erblasserin handelte deren Betreuerin. Der Vertrag wurde durch das Vormundschaftsgericht am 20. April 1999 genehmigt.

Im April 1999 überwies die Erblasserin den Kaufpreis auf das im Kaufvertrag genannte Notaranderkonto. Im Mai 1999 wurde zu Gunsten der Erblasserin eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen.

Danach im Mai 1999 verstarb die Erblasserin. Alleinerbin ist die Antragstellerin.

Am 01. Januar 2000 erfolgte die Eigentumsumschreibung der streitbefangenen Wohnung im Grundbuch.

Am 16. Juli 2000 erließ der Antragsgegner (das Finanzamt) einen Erbschaftsteuer(ErbSt)-Bescheid und setzte die ErbSt auf 30.447 DM (15.567,30 €) fest. Das Finanzamt ging dabei davon aus, dass die streitbefangene Wohnung bei der Ermittlung des Nachlasswertes nicht mit dem Steuerwert (in Höhe von 42.000 DM) zu erfassen, sondern vielmehr ein Sachleistungsanspruch anzusetzen sei, weil die Eigentumsumschreibung der Wohnung erst nach dem Tode der Erblasserin erfolgt sei. Der Sachleistungsanspruch sei mit dem gemeinen Wert, d.h. mit dem vereinbarten Kaufpreis in Höhe von 92.000 DM zu bewerten.

Hiergegen legte die Antragstellerin Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung (AdV) des ErbSt-Bescheids 2000 in Höhe von 8.500 DM bzw. 4.345,98 €.

Den Antrag auf AdV lehnte das Finanzamt am 02. August 2002 ab. Über den Einspruch hat das Finanzamt noch nicht entschieden.

Nunmehr begehrt die Antragstellerin gerichtlich die AdV. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor:

Der Ansatz eines Sachleistungsanspruchs sei unzutreffend. Die Erblasserin und der Verkäufer der Eigentumswohnung hätten alles Erforderliche zur Eigentumsübertragung getan. Die Auflassung sei erklärt und die Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch bewilligt und beantragt worden. Die Erblasserin habe den Kaufpreis gezahlt. Vor ihrem Tode sei zu ihren Gunsten eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen worden. Ihr Anwartschaftsrecht auf Eigentumsübertragung sei nahezu zum Vollrecht erstarkt. Daher sei der Steuerwert der Erbschaftsbesteuerung zu Grunde zu legen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Vollziehung des ErbSt-Bescheids vom 16. Juli 2000 in Höhe von 8.500 DM (4.345,98 €) auszusetzen.

Das Finanzamt beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Gemäß R 36 der ErbSt-Richtlinien sei für die Zurechnung eines Grundstücks zum Nachlass das zivilrechtliche Eigentum maßgebend. Gemäß § 873 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) gehe das Eigentum erst mit der Grundbucheintragung auf den Erwerber über. Die Eigentumswohnung sei daher im Streitfall nicht im Nachlass der Erblasserin zu erfassen. Zum Nachlass gehöre jedoch der entsprechende Sachleistungsanspruch, der mit dem gemeinen Wert zu bewerten sei.

 

Entscheidungsgründe

Der Antrag ist unbegründet.Nach § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) soll das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Bescheides auf Antrag ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Anhaltspunkte für eine unbillige Härte liegen nicht vor und sind auch nicht vorgetragen.

Auch bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts.

Beim Erwerb von Todes wegen durch Erbanfall nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) wird der Erbe als Erwerber Inhaber des Vermögens des Erblassers. Dieses geht gemäß § 1922 Abs. 1 BGB als Ganzes auf ihn über. Der Erbe setzt die gesamte auf dieses Vermögen bezogene Rechts- und Pflichtenstellung des Erblassers fort, und zwar grundsätzlich mit demselben rechtlichen Inhalt und in demselben Entwicklungszustand, wie er beim Erbfall gegeben war (vgl. BFH- Beschluss vom 23. Januar 1991 II B, BStBl. II 1991, 310). Zu dem angefallenen Vermögen gehört infolgedessen im Streitfall nicht die streitbefangene Eigentumswohnung, denn die Erblasserin war bei deren Tod noch nicht Eigentümerin der Wohnung. Es fehlte an der Grundbucheintragung (§ 873 BGB). Dabei kommt es nich...

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