Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsausgabenabzug im laufenden Wirtschaftsjahr für erst am 12.1. des Folgejahres fällige, aber bereits vor dem 10.1. des Folgejahres an das FA überwiesene Umsatzsteuervorauszahlung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der in § 11 Abs.1 S. 2 EStG verwendete Begriff „kurze Zeit” umfasst einen Zeitraum von höchstens zehn Tagen, wobei eine Erweiterung dieser Höchstgrenze unter Berufung auf besondere Verhältnisse des Einzelfalls nicht in Betracht kommt.

2. Wird bei Einnahme-/Überschussrechnung eine eigentlich am 10.1.des Folgejahres fällige Umsatzsteuervorauszahlung als regelmäßig wiederkehrende Ausgabe i. S. d. § 11 Abs. 2 S. 2, Abs. 1 S. 2 EStG nach § 108 AO i. V. m. § 193 BGB erst am 12.1.fällig, weil der 10.1. auf einen Samstag fällt, wird die Umsatzsteuervorauszahlung aber bereits innerhalb des Zehntages-Zeitraums des § 11 Abs. 1 S. 2 EStG bezahlt (im Streitfall: durch Überweisung am 9.1.), so ist bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG die Umsatzsteuervorauszahlung bereits im laufenden Wirtschaftsjahr, zu dem die Vorauszahlung auch wirtschaftlich gehört, als Betriebsausgabe abziehbar.

 

Normenkette

EStG § 11 Abs. 2 S. 1, § 11 Ab S. 2, § 11 Abs. 1 S. 2, § 4 Abs. 3-4; UStDV § 46; UStG § 18 Abs. 1 Sätze 1, 3-4, Abs. 2; AO § 108 Abs. 1, 3; BGB § 193

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 03.12.2019; Aktenzeichen VIII R 23/17)

BFH (Urteil vom 03.12.2019; Aktenzeichen VIII R 23/17)

 

Tenor

1. Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2014 vom … in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom … wird dahingehend geändert, dass weitere Betriebsausgaben von EUR … berücksichtigt werden. Die Berechnung wird dem Beklagten auferlegt.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist für die Klägerin hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Betrags abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin jeweils Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, in welchem Jahr eine Umsatzsteuervorauszahlung steuermindernd zu berücksichtigen ist.

Die Klägerin erzielte Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit und ermittelte ihren Gewinn durch Einnahme-Überschuss-Rechnung.

Für die von ihr erzielten umsatzsteuerpflichtigen Einnahmen hat gemäß § 18 Abs. 2 UStG monatlich eine Voranmeldung zu erfolgen. Im Jahr 2013 bestand gemäß § 46 UStDV eine Dauerfristverlängerung um einen Monat. Die Umsatzsteuervoranmeldung für November 2014 reichte die Klägerin am 6. Januar 2015 ein und wies den sich daraus ergebenden Betrag von EUR … am 9. Januar 2015 zur Zahlung an.

Am 15. November 2015 reichte die Klägerin die Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungseinkünften für 2014 beim Beklagten ein. Darin erklärte sie einen Gewinn von EUR …, dabei hatte sie die für den Monat November 2014 gezahlte Umsatzsteuervorauszahlung in Abzug gebracht. Mit Bescheid vom … setzte der Beklagte die Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit auf EUR … fest, wobei er eine Kürzung der Betriebsausgaben um die Zahlung der Umsatzsteuervorauszahlung für November 2014 vornahm. Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom … zurückwies.

Die Klägerin trägt vor, dass es für die Frage der hier streitgegenständlichen Umsatzsteuervorauszahlungen als Betriebsausgabe nicht auf deren Fälligkeit ankomme. Gemäß § 271 BGB könnten Geldschulden jederzeitig vorfällig geleistet werden. Das gelte auch im Rahmen des § 11 Abs. 2 Satz EStG, da es nur auf die Bewirkung der Leistung ankomme. § 11 EStG regele seinem Wortlaut nach zwar nur die Zuordnung der Einnahmen und Ausgaben zu einem bestimmten Jahr. Nach dem Grundgedanken der Norm solle aber sichergestellt werden, dass die Ausgaben und Einnahmen in dem für die Besteuerung relevanten Zeitraum erfasst werden, zu dem sie wirtschaftlich gehören. Mit § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG sollten Zufallsergebnisse vermieden werden, die bei strikter Anwendung des Zu- und Abflussprinzips dazu führen könnten, dass eine Einnahme in einem Fall erfasst würde und in einem anderen nicht. Und zwar unabhängig davon, ob der Schuldner sie am Ende des abgelaufenen Kalenderjahres oder Beginn des neuen Kalenderjahres zu erbringen habe. Zu solch ungleichen Erfassungen käme es nicht nur, wenn die Durchführung der Zahlungsvorgänge sich ohne Einwirkung des Steuerpflichtigen gegenüber normalen Abläufen zeitlich verschiebe, sondern auch, wenn dies bewusst gesteuert werde. Daran könnte der Steuerpflichtige beim Abfluss von Ausgaben, für die diese Sonderregelung ebenfalls gelte, ein besonderes Interesse haben. Bei der Änderung von § 11 EStG habe der Gesetzgeber 1934 bewusst nicht mehr auf die Fälligkeit, sondern den Zu- und Abfluss abgestellt. Daran habe sich auch durch die Neufassung im Jahr 2009 nichts geändert.

Die Auslegung der Verwaltung sei vom Gesetz nich...

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