Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuerliche „Rückgängigmachung” eines Kaufvertrages mit Ehegatten als Erwerbern bei anschließender Veräußerung des Grundstücks an eine GmbH der Ehegatten

 

Leitsatz (redaktionell)

Es kann auch dann eine Rückgängigmachung des Grundstückskaufvertrags i.S. von § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG vorliegen, wenn ein Ehepaar (Erwerber) und die Grundstücksveräußerer den Kaufvertrag aufheben, das Grundstück nunmehr an eine GmbH der Ehegatten, vertreten durch den Ehemann als alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer, weiterveräußert wird, zum Zeitpunkt der Weiterveräußerung immer noch eine Auflassungsvormerkung zugunsten der Ehegatten im Grundbuch eingetragen ist und die Ehegatten der in dem zweiten Vertrag begründeten Schuld der GmbH beitreten (gegen Finanzgericht Münster, Urt. vom 26.1.2004 8 K 2328/01 GrE).

 

Normenkette

GrEStG § 16 Abs. 1 Nr. 1; BGB §§ 883, 888

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 14.11.2007; Aktenzeichen II R 1/06)

BFH (Urteil vom 14.11.2007; Aktenzeichen II R 1/06)

 

Tenor

1. Das Finanzamt wird verpflichtet, den Bescheid über Grunderwerbsteuer vom 10. Oktober 2001, die Ablehnungsverfügung vom 6. Juni 2002 und die Einspruchsentscheidung vom 11. April 2003 aufzuheben.

2. Dem Beklagten werden die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrags, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin und ihr Ehemann erwarben mit notariellem Vertrag vom 30. April 2001 jeweils einen halben Miteigentumsanteil an dem im Grundbuch des Amtsgerichts Dr., Gemarkung G. Blatt bb, Flurstück Nr. A/1 bezeichneten Grundstück zu einem Kaufpreis von insgesamt 500.000 DM. Zugunsten der Käufer wurde am 11. Juli 2001 eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen.

Mit bestandskräftigem Bescheid vom 10. Oktober 2001 setzte das Finanzamt (FA) die Grunderwerbsteuer gegenüber der Klägerin auf 8.750 DM fest.

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 30. November 2001 hoben die Parteien des oben genannten Kaufvertrages diesen auf. Die Parteien erklärten übereinstimmend, dass alle weiteren Ansprüche der Parteien ausgeschlossen seien und auf die Geltendmachung weiterer Ansprüche verzichtet werde (III. 3 des Vertrages). Die Käufer bewilligten und beantragten die Löschung der zu ihren Gunsten im Grundbuch eingetragenen Auflassungsvormerkung.

Mit weiterem notariell beurkundeten Vertrag vom 30. November 2001 (Bl. 73 ff. GrESt-Akte) kaufte die D.K. GmbH das Grundstück zum Preis von 550.000 DM. Alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der GmbH war der Ehemann der Klägerin, Gesellschafter der GmbH waren der Ehemann der Klägerin zu 52 % und die Klägerin zu 48 %. Nach III. 6. des Vertrages traten die Klägerin und ihr Ehemann der Kaufpreiszahlungsschuld der GmbH bei.

Am 2. Januar 2002 wurde die Auflassungsvormerkung gelöscht.

Mit Bescheid vom 6. Juni 2002 lehnte das FA den Antrag der Klägerin auf Aufhebung der Steuerfestsetzung ab. Der Einspruch der Klägerin hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 11. April 2003).

Die Klägerin macht geltend, der ursprüngliche Kaufvertrag sei aufgehoben worden, weil sie und ihr Ehemann keinen Bankkredit erhalten hätten. Die Verkäufer hätten darauf gedrungen, den Kaufvertrag aufzuheben. Der GmbH seien hingegen Mitte 2001 Fördermittel zugesagt worden, mit denen sie den Kaufpreis habe begleichen können. Der Schuldbeitritt der Klägerin und ihres Ehemanns sei als Sicherheit für die Kaufpreisschuld zu sehen. In dem zweiten Vertrag sei ein höherer Kaufpreis vereinbart worden, weil die Verkäufer gemeint hätten, das Grundstück sei nunmehr mehr wert.

Die Klägerin beantragt,

das FA zu verpflichten, unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 6. Juni 2002 und der Einspruchsentscheidung vom 11. April 2003 den Bescheid über Grunderwerbsteuer vom 10. Oktober 2001 aufzuheben.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat einen Ansprach auf Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheids nach § 16 Abs. 1 GrEStG.

1. Gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG wird die Steuerfestsetzung auf Antrag u.a. aufgehoben, wenn ein Erwerbsvorgang rückgängig gemacht wird, bevor das Eigentum am Grundstück auf den Erwerber übergegangen ist und die Rückgängigmachung durch Vereinbarung innerhalb von zwei Jahren seit Entstehung der Steuer stattfindet.

a) Zur Erfüllung des Tatbestandes des § 16 Abs. 1 GrEStG reicht allein die zivilrechtliche (formale) Aufhebung des den Steuertatbestand erfüllenden Rechtsgeschäfts nicht aus. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist ein Erwerbsvorgang dann rückgängig gemacht, wenn die Vertragspartner vollständig aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen werden, so dass die Verfügungsmöglichkeit des Erwerbers über das Grundstück beseitigt wird und der Veräußerer seine urs...

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