Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderung von Steuerbescheiden wegen neuer Tatsachen. Ermittlungspflicht. Körperschaftsteuer 1995 und 1996 und Gewerbesteuermessbetrag 1995 und 1996

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Dass die Finanzbehörde von theoretisch bestehenden Ermittlungsmöglichkeiten oder solchen keinen Gebrauch gemacht hat, die sich nur mit einem unangemessenen Aufwand hätten realisieren lassen, macht die spätere Änderung eines Steuerbescheides aufgrund nachträglich bekanntgewordener Tatsachen nicht treuwidrig.

2. Die Finanzbehörde braucht Steuererklärungen nicht mit Misstrauen begegnen, sondern kann regelmäßig von deren Richtigkeit und Vollständigkeit ausgehen.

 

Normenkette

AO 1977 § 173 Abs. 1 Nr. 1, § 88

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens fallen der Klägerin zur Last.

 

Tatbestand

Streitig sind auf Grund einer Betriebsprüfung vorgenommene Änderungen der Körperschaftsteuer-und der Gewerbesteuermessbetragsbescheide für die Jahre 1995 und 1996.

An der Klägerin, einer mit Gesellschaftsvertrag vom 1. Juli 1992 gegründeten GmbH, ist der alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer mit 74% beteiligt. Gegenstand des Unternehmens ist u.a. die Durchführung von dienst- und ingenieurtechnischen Leistungen auf dem Gebiet der Wärmetechnik, Wasserchemie und Wasseraufbereitung sowie der Reinigung, Konservierung und Konditionierung von dampf- und flüssigkeitsführenden Systemen. Der am 14. Dezember 1943 geborene Geschäftsführer erhielt gemäß Anstellungsvertrag vom 10. Juli 1992 bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres für seine Tätigkeit im Dienste der GmbH ein Jahresgehalt von 78.000 DM, eine Gewinntantieme in Höhe von 5% des tantiemepflichtigen Gewinns, einen Dienstwagen, eine vom Unternehmen zu tragende Unfallversicherung sowie eine als Lebensversicherung ausgestaltete Direktversicherung mit einem Versicherungsbeitrag bis zu 4.200 DM pro Jahr. Desweiteren stand dem Geschäftsführer gemäß § 6 des Vertrages nach seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft ein lebenslängliches Ruhegehalt in Höhe von 75% des festgelegten Jahresgehaltes zu.

Der Anstellungsvertrag wurde 1994 vom zuständigen Veranlagungsteilbezirk ohne Ergebnis geprüft.

Die steuerlich beratene Klägerin führte bei der Gewinnermittlung 1995 erstmals Aufwendungen für die betriebliche Altersvorsorge in Höhe von 68.837,00 DM den Pensionsrückstellungen zu. Dieser Betrag entsprach 1/3 des Betrages nach § 6a Abs. 4 Satz 3 EStG. Die Gesamtbezüge des Geschäftsführers wurden mit 136.740,00 DM angegeben. Entsprechend wurde 1996 verfahren.

Bei der Steuerfestsetzungen für die Jahre 1995 und 1996 folgte der Beklagte zunächst den Steuererklärungen der Klägerin mit unwesentlichen – hier nicht streitigen – Änderungen. Er erließ abschließende Bescheide, die nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung standen. Wegen der Einzelheiten der Bescheide wird auf die Einspruchsentscheidung vom 8. August 2000 verwiesen.

In der Zeit vom 25. Januar 1999 bis 26. Februar 1999 führte der Beklagte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch. Im Rahmen der Betriebsprüfung wurden dem Beklagten u.a. Unterlagen zur Gesamtversorgung des Geschäftsführers bekannt. So stellte der Beklagte u.a. fest, dass der Geschäftsführer der Klägerin bereits seit 27 Jahren Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet hatte, dass für den Geschäftsführer zum 1. September 1992 eine Direktversicherung bei einem Jahresbeitrag von 4.200 DM abgeschlossen wurde und dass mit Gesellschaftsbeschluss vom 6. September 1995, zu dem der Mitgesellschafter am 28. September 1995 seine Zustimmung erteilte, Maßnahmen zur Sicherung der Altersvorsorge veranlasst worden sind. Darüber hinaus teilte die Klägerin dem Beklagten im März 1999 mit, dass die Pensionszusage mit Gesellschafterbeschluss vom 10. Juli 1992 ausgesetzt und erst gemäß Gesellschafterbeschluss vom 6. September 1995 wieder in Kraft gesetzt worden ist.

Der Beklagte stellte als Ergebnis der Betriebsprüfung eine Überversorgung im jeweiligen Kalenderjahr fest und verneinte die betrieblicher Veranlassung von Aufwendungen in Höhe von 18.377,00 DM im Jahr 1995 und von 17.933,00 DM im Jahr 1996 aus der Zuführung zur Rückstellung. Grund und Höhe der Beträge sind unstreitig.

Auf dieser Grundlage erließ der Beklagte für die Streitjahre Änderungsbescheide gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO. Die dagegen gerichteten Einsprüche blieben ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 8. August 2000).

Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie ist der Auffassung, dass erst mit dem zweiten Gutachten des beauftragten Fachprüfers für betriebliche Altersversorgung vom 6. April 1999 die Überversorgung festgestellt wurde, obwohl die Umstände für die von dem Beklagten angenommene Überversorgung des Geschäftsführers der Klägerin schon durch das erste Gutachten des Fachprüfers vom 26. Februar 1999 und vor allem durch die vorangegangenen Steuerveranlagungen der Klägerin hätten ermittelt werden können. Dies erwecke den Anschein, dass der Beklagte gehalten sei, ein Mehrergebnis zu er...

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