Entscheidungsstichwort (Thema)

Verzicht auf Darlehenszinsen gegenüber einer ausländischen Tochter- bzw. Schwestergesellschaft. verdeckte Einlage. Geschäftsbeziehung. Hinzurechnung nach § 1 AStG. keine Kürzung des Gewerbeertrags entsprechend § 9 Nr. 3 S. 1 GewStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wendet eine Kapitalgesellschaft einer anderen Kapitalgesellschaft einen Vermögensvorteil zu (im Streitfall durch den Verzicht auf bereits entstandene Darlehenszinsen) und sind an beiden Gesellschaften dieselben Personen beteiligt, so ist darin – sofern die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind – eine mittelbare verdeckte Gewinnausschüttung der ersten Kapitalgesellschaft an ihre Anteilseigner zu sehen, die ihrerseits das zugewendete Wirtschaftsgut in die zweite Kapitalgesellschaft (verdeckt) einlegen.

2. Der Verzicht auf zukünftig entstehende Zinsen stellt kein einlagefähiges Wirtschaftsgut dar.

3. Bei der Darlehensgewährung an eine ausländische Tochtergesellschaft zur Finanzierung des dortigen Gewerbebetriebs handelt es sich um eine Geschäftsbeziehung i. S. v. § 1 Abs. 4 AStG in der ab dem Veranlagungszeitraum 2003 maßgebenden Fassung des Steuervergünstigungsabbaugesetzes (StVergAbG).

4. Jedenfalls wenn zwischen der Muttergesellschaft und der vorteilsgewährenden Tochtergesellschaft eine Organschaft i. S. v. § 14 KStG besteht, ist es geboten, für die Anwendung des § 1 Abs. 4 AStG Organträger und Organgesellschaft als wirtschaftliche Einheit zu betrachten und damit die Geschäftsbeziehung im Sinne des § 1 Abs. 4 AStG als eine solche zum Organträger anzusehen, der die unentgeltliche Darlehenshingabe veranlasst hat.

5. § 1 AStG i. d. F. des StVergAbG ist nicht unionrechtswidrig.

6. Der Gewerbeertrag ist nicht entsprechend § 9 Nr. 3 S. 1 GewStG um den Hinzurechnungsbetrag nach § 1 AStG zu kürzen.

 

Normenkette

AStG § 1 Abs. 1, 4 Fassung: 2003-05-16; GewStG § 9 Nr. 3 S. 1; KStG § 8 Abs. 3 S. 2, § 14

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 27.11.2019; Aktenzeichen I R 40/19 (I R 14/16))

BFH (Urteil vom 27.11.2019; Aktenzeichen I R 40/19)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten wegen Körperschaftsteuer und Gewerbesteuermessbetrag 2003 und 2004. Streitig ist, ob der Verzicht auf Darlehenszinsen gegenüber einer ausländischen Tochter- bzw. Schwestergesellschaft zu einer verdeckten Einlage bzw. zu einer Hinzurechnung nach § 1 AStG führt und ob bei einer Hinzurechnung nach § 1 AStG der Gewerbeertrag der Klägerin entsprechend § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG zu kürzen ist.

I. Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie ist zu je 100 % beteiligt an der A. GmbH (im Folgenden A. GmbH) mit Sitz in B (im Inland) und der C. (im Folgenden C. s.r.o.) mit Sitz in Tschechien. Zwischen der Klägerin und der A. GmbH bestand ferner in den Streitjahren eine Organschaft iSd. § 14 KStG.

Zur Finanzierung eines Grundstückskaufes und zur Erschließung eines Grundstücks durch die C. s.r.o. sowie zur Bestreitung laufender Ausgaben gewährte die A. GmbH ihrer Schwestergesellschaft C. s.r.o mit Vertrag vom … ein Darlehen iHv. DM … (entspricht EUR …). Das Darlehen hatte eine Laufzeit von 10 Jahren und war mit 6,3 % p.a. zu verzinsen. In mehreren Nachträgen wurde das Darlehen um DM … (EUR …) erhöht. Mit Vertrag vom … übernahm die Klägerin von der A GmbH den Erhöhungsbetrag iHv. DM … zum Nennwert. Bei der A. GmbH verblieb die ursprüngliche Darlehensforderung iHv. DM …. Auch die Klägerin gewährte ihrer Tochtergesellschaft … C. s.r.o. in den Jahren 1999 und 2000 Darlehen iHv. insgesamt EUR …. Diese Darlehen hatten ebenfalls jeweils eine Laufzeit von 10 Jahren und waren mit 6,3 % p.a. zu verzinsen.

Sämtliche Darlehen wurden durch Erklärung vom 18. September 2003 rückwirkend ab dem 1. Januar 2003 sowie für die Zukunft zinsfrei gestellt.

Mit Übernahmevereinbarung vom 31. Dezember 2004 wurde das Darlehen der A. GmbH an die C. s.r.o aufgrund des am … abgeschlossenen Darlehensvertrages iHv. EUR … von der Klägerin übernommen.

Mit Kaufvertrag vom 16. Dezember 2004 veräußerte die C. s.r.o. das Grundstück an die Firma D. s.r.o. Der Kaufpreisanspruch der C. s.r.o. gegenüber der D. s.r.o. wurde gemäß einer Vereinbarung vom … an die Klägerin abgetreten und mit den Verbindlichkeiten aus den Darlehensverträgen verrechnet. Damit wurden alle Darlehen zum 31. Dezember 2004 … getilgt. Die C. s.r.o. wurde in den Jahren 2007 und 2008 liquidiert. Wegen der Darlehensverträge und ihrer Nachträge im Einzelnen wird auf das Schreiben des Beklagten – des Finanzamtes – vom 11. August 2008 Bezug genommen (Blatt 59 ff. der Rechtsbehelfsakte).

II. Die Klägerin rechnete zunächst in den Jahren 2003 und 2004 jeweils 3 % p.a. als fiktive Zinsen dem Jahresüberschuss gemäß § 1 AStG außerbilanzmäßig zu. Das Finanzamt folgte dem zunächst und setzte die Körperschaftsteuer und den Gewerbesteuermessbetrag unter Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) erklärungsgemäß fest.

III. Eine für die Streitjahre 2003 und ...

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