rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Erlass von Säumniszuschlägen. Voraussetzungen der Zahlungsunfähigkeit des Steuerschuldners und einer Erlass- und Stundungssituation hinsichtlich der säumigen Steuern

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Säumniszuschläge sind grundsätzlich nur zur Hälfte erlassen, wenn eine unbillige Härte anzunehmen ist. Das gilt auch im Falle einer Stundungssituation hinsichtlich der säumigen Steuern.

2. Ein Steuerpflichtiger, der zur (verzögerten) Tilgung seiner Steuerverbindlichkeiten mangels ausreichender Zahlungsmittel andere Zahlungen einstellen muss, kann trotz erfolgter Steuerzahlungen zahlungsunfähig sein.

3. Zur Klärung der Frage, ob und ggf. inwieweit Zahlungsunfähigkeit vorlag, ist für jeden Monat, in dem Säumniszuschläge entstanden sind, festzustellen, in welcher Höhe Steuer- und sonstige Verbindlichkeiten fällig waren und in welchem Umfang Zahlungsmittel zur einigermaßen zeitnahen Bedienung der fälligen Verbindlichkeiten verfügbar waren.

4. Die Erlass- und Stundungssituation unterscheidet sich von der Überschuldung und der Zahlungsunfähigkeit dadurch, dass noch keine Gründe für ein Insolvenzverfahren gegeben sind, sondern der Erlass oder die Stundung dem Steuerpflichtigen gerade die Fortführung seiner wirtschaftlichen Tätigkeit ohne etwaige Sanierung im Insolvenzverfahren ermöglichen soll.

 

Normenkette

AO §§ 227, 240, 5

 

Tenor

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 28.10.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 01.06.2015 verpflichtet, den Antrag des Klägers auf Erlass der hälftigen auf Umsatzsteuer im Zeitraum 01/09 bis 05/15 entstandenen Säumniszuschläge unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens tragen der Kläger 75 v.H. und der Beklagte 25 v.H.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Streitig ist zuletzt der hälftige Erlass von Säumniszuschlägen auf Umsatzsteuer, die in Höhe von 141.422 Euro im Zeitraum Januar 2009 bis Mai 2015 entstanden sind.

Der Kläger erzielte steuerpflichtige Umsätze durch die gewerbliche Vermietung und Verpachtung des bebauten Grundstücks … in D. an die n. GmbH und die Studio I. GmbH, deren Geschäftsführer er war, sowie an weitere Mieter bzw. Pächter. Auf die festgesetzten Umsatzsteuern und Zinsen zur Umsatzsteuer erfolgten im Wesentlichen nach Rückstandsanzeigen und Mietpfändungen 2009 Tilgungen in Höhe von 274.019,88 Euro, 2010 Tilgungen in Höhe von 26.788,80 Euro, 2011 Tilgungen in Höhe von 161.430,78 Euro, 2012 Tilgungen in Höhe von 25.453,19 Euro, 2013 Tilgungen in Höhe von 76.492,45 Euro, 2014 Tilgungen in Höhe von 129.783,22 Euro und 2015 Tilgungen in Höhe von 78.696,06 Euro.

Bereits unter dem 11.06.2013 hatte der Kläger um die Prüfung eines Teilerlasses der zur Umsatzsteuer festgesetzten Zinsen und entstandenen Säumniszuschlägen gebeten. Aufgrund der wirtschaftlichen Lage der n. GmbH und der Studio I. GmbH habe er als Geschäftsführer keine Lohnzahlungen erhalten und den Gesellschaften zusätzliche Darlehen über 1,5 Mio. Euro gewähren müssen. Zudem hätten ihn die finanziellen Probleme der Gesellschaften erhebliche Mietausfälle und Mietverzichte abverlangt. Hinzu komme ab 29.10.2012 die Pfändung der Mietzahlungen mit Ausnahme der Nebenkostenvorauszahlungen durch das Finanzamt. Dadurch seien die regelmäßigen Zahlungen an die Hypothekengläubiger ausgeblieben. Er habe deshalb die Familienfarm in K. verkaufen und alle freiwerdenden Mittel zur Konsolidierung der Gesellschaften sowie zur Bedienung seiner persönlichen Verpflichtungen einsetzen müssen. Trotz einiger Entgegenkommen durch Banken und Geschäftspartner hätten die Mittel nur zur Zahlung der Umsatzsteuer, nicht jedoch zur Abdeckung der Säumniszuschläge und Zinsen ausgereicht.

Bei einer Vorsprache im Finanzamt am 12.06.2013 ergänzte der Kläger, dass aus dem Familienvermögen rd. 10 Mio. Euro, darunter der Erlös aus dem Verkauf aller Immobilien in M., in die Unternehmen der n. Gruppe eingebracht worden seien. Aus dem Verkauf der Farm in K. seien noch 730.000 Euro vorhanden. 500.000 Euro seien bereits verwendet worden.

Unter dem 18.07.2013 reichte der Kläger den ausgefüllten Fragebogen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen ein. Danach erzielte er lediglich Miet-/Pachteinnahmen in Höhe von 14.224 Euro, die vom Finanzamt gepfändet seien. Dem stünden als Ausgaben Wohnkosten in Höhe von 1.188 Euro, Versicherungsbeiträge in Höhe von 606 Euro, Bausparkassenbeiträge in Höhe von 14.760 Euro, Einzahlungen auf Sparverträge in Höhe von 3.000 Euro und Darlehenszinsen und -tilgungen in von 26.012,87 Euro gegenüber. An Vermögenswerten gab der Kläger ein Depot bei der Bank im Wert von 26,249,91 Euro, das als Sicherheit an diese abgetreten sei, Forderungen geg...

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