Entscheidungsstichwort (Thema)

Übernahme ausgedienter radioaktiver Strahlenquellen durch einen zugelassenen Übernehmer als einheitliche Leistung. keine Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen bei der Weitergabe von Strahlenquellen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Übernahme ausgedienter radioaktiver Strahlenquellen durch einen zugelassenen Übernehmer ist eine einheitliche Leistung. Die hierfür notwendigen Teilleistungen, so der Ausbau der Strahlenquelle ggf. einschließlich der Geräte, die Anmietung eines Spezial-Containers, das Einholen der erforderlichen Genehmigungen, die Freimessung der Räumlichkeiten, Transport usw. haben für die Auftraggeber keinen eigenen Zweck, sondern stellen lediglich das Mittel dar, um die Hauptleistung unter optimalen Bedingungen in Anspruch nehmen zu können und teilen das umsatzsteuerrechtliche Schicksal der Hauptleistung.

2. Bei der Leistung „Weitergabe der Strahlenquellen einschl. Geräte” handelt es sich nicht um Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen i. S. d. § 3a Abs. 2 Nr. 3 c Satz 1 UStG, denn die Weitergabe ist kein körperlicher Eingriff in den Gegenstand, sondern die Übertragung einer Strahlenquelle von einem Besitzer auf einen anderen.

 

Normenkette

UStG 1999 § 3a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c S. 1; UStG 2005 § 3a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c S. 1; EWGRL 388/77 Art. 2 Abs. 1, Art. 9 Abs. 1-2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 13.01.2011; Aktenzeichen V R 63/09)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin betreibt unter anderem die Übernahme und Verwertung von radioaktiven Stoffen. Sie hat in den Streitjahren 2003 bis 2005 u.a. im Ausland Strahlenquellen übernommen und ins Inland transportiert. Hierzu holte die Klägerin behördliche Genehmigungen für den Transport der Gegenstände im In- und Ausland ein, organisierte einen Spezialcontainer, baute beim Auftraggeber die Strahlenquelle und -falls der Rückbau der Anlage wegen Wechsel der Technologie (z.B. Einsatz eines Elektonenbeschleunigers) oder wegen einer Nutzungsänderung des Bestrahlungsraums vereinbart war – auch die sonstigen im Bestrahlungsraum vorhandenen Gerätschaften aus, brachte diese dann in den Transportcontainer und schloss mit dem Auftraggeber einen sog. Abgrenzungsvertrag, wonach die von der Strahlenquelle ausgehende Gefahr auf die Klägerin übergeht. Die übernommenen Strahlenquellen wurden zunächst zur Prüfung einer Wiederverwendung ins H.-Institut in B. gebracht und anschließend entweder wieder aufbereitet, entsorgt oder bei der Klägerin bis zur Wiederaufbereitung oder Entsorgung gelagert. In den Streitjahren wurden über 200 Strahlenquellen im Ausland übernommen. 10 bis 20 % dieser Strahlenquellen waren nicht mehr für eine weitere Nutzung geeignet und wurden entsorgt, der Rest wurde wieder aufbereitet oder befindet sich heute noch im Bestand der Klägerin.

Die Klägerin wurde im Ausland hinsichtlich der Leistungen im Zusammenhang mit der Übernahme von Strahlenquellen nicht zur Umsatzsteuer herangezogen. Sie hat diese Umsätze als nicht steuerbare Umsätze verbucht und in den Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre nicht angegeben. Mit den Auftraggebern hatte sie im Wesentlichen die Erbringung folgender Leistungen vereinbart:

  • Einholung von Genehmigungen
  • Bereitstellung eines Spezialcontainers
  • Ausbau und Umladung der Strahlenquelle in den Container mit Besitzübergang auf die Klägerin
  • in einigen Fällen Rückbau der Einheit
  • Abtransport des Containers aus dem Bestrahlungsraum
  • Freimessung (Nachweis, dass der Raum, in dem sich die Strahlenquelle befunden hat, frei von radioaktiven Stoffen ist)
  • Transportleistungen (Gefahrguttransport einschl. Versicherungen) im Aus- und Inland

Zu den Vereinbarungen im Einzelnen wird auf die Verträge (vgl. Anlagen 2, 7 – Ordner) verwiesen. Die Auftraggeber (Leistungsempfänger) – soweit sie im Gemeinschaftsgebiet ansässig waren – haben gegenüber der Klägerin keine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet.

Bei einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung, die das Streitjahr 2003 betraf, und bei einer Betriebsprüfung, die die Streitjahre betraf, beurteilten die Prüfer die im Zusammenhang mit der Übernahme von Strahlenquellen im Ausland erzielten Umsätze als steuerbare und steuerpflichtige Umsätze und erhöhten die Umsätze für 2003 um 1.576.511,80 EUR, für 2004 um 969.840 EUR und für 2005 um 436.611 EUR. Zu den Beträgen, den Feststellungen und den rechtlichen Folgerungen der Prüfer verweist das Gericht auf Tz. 15 Nr. 1. des Berichts über die Umsatzsteuer-Sonderprüfung vom 3. April 2007 und auf Tz. 6.2 des Betriebsprüfungs-Berichts vom 4. Juni 2007 sowie Anlage 4 hierzu.

Der Beklagte (das Finanzamt) folgte der Auffassung der Prüfer und setzte am 11. Juli 2007 mit nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheiden die Umsatzsteuer für 2003 auf 176.084,62 EUR, für 2004 auf 181.171,07 EUR und für 2005 auf 409.914,57 EUR fest. Die hiergegen erhobenen Einsprüche wurden als unbegründet zurückgewie...

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