Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Rückstellung für Kostenüberdeckungen i. S. v. § 10 Abs. 2 des Sächsischen Kommunalabgabengesetzes (SächsKAG)

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Regelungen in § 10 Abs. 1 und 2 SächsKAG, wonach in Sachsen kommunale Gebühren höchstens so bemessen werden dürfen, dass die Gesamtkosten der gebührenerhebenden Einrichtung gedeckt werden, und wonach zwar bei der Gebührenbemessung die Kosten in einem mehrjährigen, maximal fünfjährigen Zeitraum berücksichtigt werden dürfen, jedoch tatsächlich zuviel vereinnahmte Gebühren „Kostenüberdeckungen”), die sich am Ende dieses mehrjährigen Bemessungszeitraumes ergeben, innerhalb der folgenden fünf Jahre durch eine entsprechend niedrigere Gebührenbemessung auszugleichen sind, berechtigen die gebührenerhebende kommunale Einrichtung (im Streitfall: Zweckverband verschiedener Städte und Gemeinden in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts) nicht, bei Anfall von Kostenüberdeckungen gewinnmindernde Rückstellungen zu bilden.

 

Normenkette

EStG 1999 § 5 Abs. 1 S. 1, Abs. 2a; HGB § 249 Abs. 1 S. 1; SächsKAG § 10 Abs. 1-2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 06.02.2013; Aktenzeichen I R 62/11)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Dem Kläger werden die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob für Kostenüberdeckungen im Sinne von § 10 Abs. 2 SächsKAG Rückstellungen vorgenommen werden dürfen.

Der Kläger ist ein Zweckverband verschiedener Städte und Gemeinden in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Er hat die Aufgabe der Wasserversorgung und der Abwasserbeseitigung (§ 4 Abs. 1 S. der Verbandssatzung [Bl. 15 ff. GA]). § 4 Abs. 7 der Verbandssatzung bestimmt:

„Der Verband erfüllt seine Aufgaben nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Er strebt keinen Gewinn an. Insbesondere sind Kostenüberdeckungen im Sinne von § 10 Abs. 2 des Sächsischen Kommunalabgabengesetzes (SächsKAG) … auszugleichen.”

Aus der Nachkalkulation für die Jahre 2003 bis 2006 ergaben sich Kostenüberdeckungen, die ab 2007 bei der nächsten Entgeltkalkulation entgeltmindernd (in Form von nicht kostendeckenden Entgelten) zu berücksichtigen waren. Der Kläger wies in den Bilanzen folgende Rückstellungen für Kostenüberdeckungen aus:

Zum 31. Dez. 2003:

1.002.800 EUR

Zum 31. Dez. 2004:

479.300 EUR

Zum 31. Dez. 2005:

1.165.100 EUR

Mit Beschluss vom 27. Nov. 2006 (Bl. 30 [32] GA) wurden der neue Wirtschaftsplan 2007 und die Preiskalkulation 2007 bis 2011 beschlossen. Zugleich wurden die 2003 bis 2006 entstandenen Kostenüberdeckungen aufgelöst.

Das Finanzamt erkannte die Rückstellungen nicht an und setzte die Körperschaftsteuer entsprechend fest. Der Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 13. Juli 2007, Bl. 126 ff. Rechtsbehelfsakte). Nach Klageerhebung wurde die Körperschaftsteuer wie folgt festgesetzt:

Jahr

Datum des Bescheids

2003

11. Jan. 2008

184.386 EUR

2004

11. Jan. 2008

197.325 EUR

2005

11. Jan. 2008

212.487 EUR

2006

29. Sept. 2008

224.845 EUR

Der Kläger meint, die Entgeltüberschüsse seien jeweils in den Jahren 2003 bis 2006 entstanden, deshalb seien für diese Jahre Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu passivieren. Er sei nach dem SächsKAG und nach seiner Satzung verpflichtet, die Kostenüberdeckungen auszugleichen.

Der Kläger beantragt,

die Körperschaftsteuerbescheide für 2003, 2004 und 2005 vom 11.01.2008 sowie für 2006 vom 29.09.2008 dahin zu ändern, dass die Körperschaftsteuer für alle Jahre auf EUR 0,00 festgesetzt wird.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

1. Die Klage ist unbegründet. Das Finanzamt hat zu Recht die Rückstellungen für Kostenüberdeckungen nicht anerkannt und den Gewinn entsprechend erhöht.

a) Nach § 249 Abs. 1 S. 1 HGB sind in der Handelsbilanz für ungewisse Verbindlichkeiten Rückstellungen zu bilden. Da diese Verpflichtung zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung gehört, gilt sie auch für die Steuerbilanz (§ 5 Abs. 1 S. 1 EStG, BFH-Urteil vom 19. Okt. 2005 – XI R 64/04, BFHE 211, 475 = BStBl II 2006, 371). Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH eine betrieblich veranlasste und in der Vergangenheit wirtschaftlich verursachte, aber dem Grunde und/oder der Höhe nach ungewisse Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten, sofern wahrscheinlich ist, dass die Verbindlichkeit besteht oder entstehen wird und der Steuerpflichtige in Anspruch genommen wird (BFH-Urteil BStBl II 2006, 371; Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 28. Aufl., § 5 Rz. 361).

b) Nach § 10 Abs. 1 S. 1 SächsKAG dürfen die Gebühren höchstens so bemessen werden, dass die Gesamtkosten der Einrichtung gedeckt werden. Gem. Abs. 2 S. 1 dieser Vorschrift können bei der Gebührenbemessung die Kosten in einem mehrjährigen Zeitraum berücksichtigt werden, der jedoch höchstens fünf Jahre umfassen soll. Kostenüberdeckungen, die sich am Ende des Bemessungszeitraumes ergeben, sind innerhalb der folgenden fünf Jahre auszugleichen...

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