Rz. 35

§ 253 Abs. 1 HGB schreibt seit 2010 als Folge des BilMoG den Ansatz zum "Erfüllungsbetrag" vor.[1] Mit der Verwendung des Begriffs "Erfüllungsbetrag" wird ausdrücklich klargestellt,[2] dass bei der Rückstellungsbewertung unter Einschränkung des Stichtagsprinzips künftige Preis- und Kostensteigerungen zu berücksichtigen sind. Es wird klargestellt, dass die Höhe einer Rückstellung von den Preis- und Kostenverhältnissen im Zeitpunkt des tatsächlichen Anfalls der Aufwendungen – mithin der Erfüllung der Verpflichtung – abhängt. Dies erfordert gleichzeitig auch regelmäßige Anpassungen der zugrunde liegenden biometrischen Daten. Gleichwohl ist zu berücksichtigen, dass nur der nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendige Erfüllungsbetrag anzusetzen ist. Es ist folglich erforderlich, dass ausreichende objektive Hinweise auf den Eintritt künftiger Preis- und Kostensteigerungen schließen lassen.

Der Erfüllungsbetrag einer Pensionsverpflichtung wird handelsrechtlich grundsätzlich anhand eines frei wählbaren versicherungsmathematischen Verfahrens unter Beachtung des Abzinsungsgebots berechnet. Die Sterbenswahrscheinlichkeiten werden in der Praxis nach den Richttafeln 2018 G bzw. 2005 (für Wirtschaftsjahre, die vor dem 30.6.2018 enden) von Dr. Klaus Heubeck berechnet. Der Unterschiedsbetrag zwischen dem Erfüllungsbetrag gem. Heubeck Richttafeln 2018 G und 2005 G ist handelsrechtlich sofort in voller Höhe zu erfassen und nicht wie im Steuerrecht auf 3 Jahre zu verteilen.

Die Abzinsung erfolgt auf Basis eines von der Bundesbank aus den Marktzinsen ermittelten Rechnungszinssatzes.

Ab 2016 sind handelsrechtlich die Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen mit dem ihrer Restlaufzeit entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatz abzuzinsen, der sich aus den vergangenen 10 Geschäftsjahren ergibt. Der maßgebliche Abzinsungssatz für den 10-Jahresdurchschnitt wird zusätzlich zum Abzinsungssatz für den 7-Jahresdurchschnitt von der Deutschen Bundesbank berechnet und monatlich veröffentlicht. Für Bilanzstichtage ist nunmehr der Ausweis der Pensionsrückstellungen auf Basis des 10-Jahresdurchschnitts (Zinssatz 1,87 % per 12/2021) samt Angabe des Unterschiedsbetrags zur Pensionsrückstellung auf Basis des 7-Jahresdurchschnitts (Zinssatz 1,35 % per 12/2021) zulässig.[3] Der Unterschiedsbetrag ist gemäß § 253 Abs. 6 HGB ausschüttungsgesperrt (§ 253 Abs. 6 HGB) und in jedem Geschäftsjahr im Anhang oder unter der Bilanz darzustellen (§ 253 Abs. 6 Sätze 1, 3 HGB).

Der Zinsänderungseffekt als Folge der Änderung des bei der handelsrechtlichen Bewertung von Pensionsverpflichtungen verwendeten Rechnungszinssatzes (von 2,30 % im Jahr 2020 auf 1,87 % im Jahr 2021) ist ebenfalls im Anhang anzugeben (§ 285 Nr. 24 HGB).

Zur Ermittlung des Unterschiedsbetrages ist also eine Nebenrechnung erforderlich; es sind für jede Rückstellung bzw. Anhangangabe 2 Berechnungen erforderlich; das gilt auch für Rückstellungen, die nur im Anhang anzugeben also nicht zu passivieren sind, eine z. B. mittelbare Zusage und sog. Altzusagen.

Bei Pensionsrückstellungen ist im Anhang nicht nur auf das (handelsrechtliche) versicherungsmathematische Gutachten eines Sachverständigen hinzuweisen, sondern es sind – ggf. ergänzend – Angaben zum angewandten versicherungsmathematischen Berechnungsverfahren sowie zu den grundlegenden Annahmen der Berechnung wie Zinssatz, erwartete Lohn-und Gehaltssteigerungen und zugrunde gelegte Sterbetafeln zu machen; das schreibt § 285 Satz 1 Nr. 24 HGB vor.[4]

 

Rz. 35a

Besteht bei Pensionsanwartschaften eine Rückdeckungsversicherung, so ist diese gemäß § 246 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz HGB mit der entsprechenden Altersversorgungsverpflichtung zu verrechnen. In der derzeitigen Praxis werden handelsrechtlich die Pensionsrückstellung mit ihrem Erfüllungsbetrag und die Rückdeckungsversicherung mit ihrem steuerlichen Aktivwert angesetzt. Die Problematik ist, dass aufgrund dieser unterschiedlichen Wertansätze stille Lasten bestehen, denn "der Aktivwert kann die tatsächliche Entlastung des Unternehmens von seiner Pensionsverpflichtung deutlich überzeichnen".[5] Gefordert wird eine korrespondierende Bewertung von Versorgungs- und Versicherungsleistungen.[6] Am 6. Juli 2021 hat das IDW den Rechnungslegungshinweis „Handelsrechtliche Bewertung von Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen aus rückgedeckten Direktzusagen“ (IDW RH FAB 1.021) veröffentlicht[7] und damit die handelsrechtliche Bilanzierung rückgedeckter Direktzusagen wesentlich geändert.[8] Thaut: „IDW RH FAB 1.021 postuliert eine Zahlungsstrombetrachtung von Versorgungs- und Versicherungsleistungen und eine daraus kongruente Bewertung für kongruent rückdeckende Bestandteile der Zusage. In der Praxis wird hierfür die Rückdeckungsversicherung so bewertet wie die Direktzusage. IDW RH FAB 1.021 kann in allen offenen handelsrechtlichen Abschlüssen angewandt werden, spätesten jedoch zum 31.12.2022 bei kalenderjahrgleichem Wirtschaftsjahr bzw. entsprechend später bei unterjäh...

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