3.2.4.1 Allgemeines

 

Rz. 175

Der hessische Landesgesetzgeber hat zur Besteuerung der Grundstücke als wirtschaftliche Einheiten des Grundvermögens (sog. Grundsteuer B) – abweichend vom Bundesrecht – ein sog. "Flächen-Faktor-Verfahren" eingeführt. Es erweitert das bayerische – reine – Flächenmodell (siehe 3.2.2) zwecks Lagedifferenzierung um einen Lagefaktor, der sich aus dem Verhältnis des Bodenrichtwerts der Bodenrichtwertzone, in der das zu bewertenden Grundstücks liegt, zum durchschnittlichen Bodenrichtwert der Gemeinde ermittelt und mit Hilfe eines Exponenten in Höhe von 0,3 gedämpft wird. Es handelt sich hierbei nicht um eine "Vollregelung" des gesamten Grundsteuer- und Bewertungsrechts, sondern lediglich um Abweichungen vom Bundesrecht einschließlich erforderlicher Ergänzungen. Soweit der Landesgesetzgeber keine abweichenden Regelungen getroffen hat, findet das bundesgesetzlich geregelte Grundsteuer- und Bewertungsrecht als "partielles Bundesrecht" weiter Anwendung.[1]

 

Rz. 176

Mit dem "Flächen-Faktor-Verfahren" weicht Hessen nicht nur materiell-rechtlich, sondern auch verfahrensrechtlich vom Bundesrecht ab. Hessen hat sich als einziges Land bei der Ermittlung der Grundsteuer für das Grundvermögen nicht für ein dreistufiges, sondern nur noch für ein zweistufiges Verwaltungsverfahren entschieden, bei dem die Festsetzung des Grundsteuermessbetrags durch das zuständige FA und die Festsetzung der Grundsteuer durch die Gemeinde erfolgt. Auf eine gesonderte Feststellung von Grundsteuerwerten, wie im Bundesmodell, oder von Äquivalenzbeträgen, wie in anderen Ländern, die das Flächenmodell umsetzen, wird somit verzichtet. Die Steuermessbeträge werden erstmalig auf den 1.1.2022 und danach in Zeitabständen von 14 Jahren jeweils auf den 1.1. allgemein festgesetzt (Hauptveranlagung). Für die Festsetzung der Steuermessbeträge gilt gem. § 2 Abs. 5 HGrStG die Abgabenordnung und das Finanzverwaltungsgesetz entsprechend.

In Anlehnung an § 25 Abs. 5 GrStG wird auch den hessischen Gemeinden ab dem Jahr 2025 landesrechtlich die Möglichkeit eingeräumt, für unbebaute baureife Grundstücke eine sog. Grundsteuer C zu erheben. Abweichend vom Bundesrecht ist hierbei vorgesehen, dass die Gemeinden zwecks Erweiterung des Entscheidungsspielraums unter Beachtung einer Höchstgrenze nicht nur einen, sondern mehrere erhöhte Hebesätze festlegen dürfen, um deren Höhe nach der Dauer der Baureife und Nichtbebauung abstufen zu können.

Das bundesgesetzlichen Regelungen für die Betriebe der Land- und Forstwirtschaft als wirtschaftliche Einheiten des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens (sog. Grundsteuer A) finden in Hessen uneingeschränkt Anwendung.

[1] Krumm/Paeßens, GrStG, Grundlagen, Rn. 76.

3.2.4.2 Rechtsgrundlagen

 

Rz. 177

Der hessische Landesgesetzgeber hat mit dem Hessischen Grundsteuergesetz (HGrStG) vom 15.12.2021[1] von der Abweichungsbefugnis nach des Art. 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 GG Gebrauch gemacht.

Das Hessische Ministerium der Finanzen hat am 30.5.2022 einen Anwendungserlass zum Hessischen Grundsteuergesetz (AE HGrStG) herausgegeben.[2]

[1] GVBl. 2021, 906; s. ergänzend dazu: Gesetzentwurf der hessischen Landesregierung, HLT-Drs. 20/6379 v. 14.9./21.9.2021.
[2] Anwendungserlass zum Hessischen Grundsteuergesetz (AE HGrStG), G 1030 A-061-II6a/10, v. 30.5.2022, Staatsanzeiger für das Land Hessen v. 13.6.2022, 642.

3.2.4.3 Überblick über die landesrechtlichen Abweichungen

 

Rz. 178

Hessen weicht insbesondere bei der Besteuerung der Grundstücke als wirtschaftliche Einheiten des Grundvermögens (sog. Grundsteuer B) durch die Einführung eines sog. "Flächen-Faktor-Verfahrens" und der damit verbundenen Folgeänderungen und erforderlichen Ergänzungen partiell vom bundesgesetzlich geregelten Grundsteuer- und Bewertungsrecht ab (Rz. 181 ff.).

Nachfolgend ein detaillierte Darstellung zu den Abweichungen des HGrStG vom BewG und GrStG:

Übersicht Abweichungen HGrStG

 

Rz. 179-180

Einstweilen frei

3.2.4.4 Besteuerung des Grundvermögens nach dem "Flächen-Faktor-Verfahren"

3.2.4.4.1 Belastungsgrund

 

Rz. 181

Als Belastungsgrund der Grundsteuer wird vom hessischen Landesgesetzgeber entsprechend zu den anderen Ländern, die das Flächenmodell umsetzen, das Äquivalenzprinzip i. S. d. Nutzenäquivalenz genannt (Rz. 62). Die Belastungsgrundentscheidung im hessischen Landesmodell liege in der Schaffung eines Ausgleichs dafür, Nutzen aus kommunal bereitgestellter Infrastruktur ziehen zu können (z. B. kommunale Straßen, allgemeine Straßenreinigung, kulturelle Angebote, öffentliche Parks und Spielplätze), die nicht bereits individuell zugeordnet und damit durch Gebühren oder Beiträge abgegolten werden.[1]

[1] S. Gesetzentwurf der Landesregierung, Steuergegenstand und Belastungsgrund nach dem Landesgesetz, HLT-Drs. 20/6379 v. 21.9.2021, 12.

3.2.4.4.2 Bemessungsmaßstab / Bemessungsziel

 

Rz. 182

Nach Auffassung des hessischen Landesgesetzgebers wird mit der Grundentscheidung im hessischen "Flächen-Faktor-Verfahren", die landesrechtlichen Bemessungsgrundlage an Flächenmerkmalen und darauf anzuwendenden – wertunabhängigen – Quadratmeterbeträgen anzuknüpfen, der Belastungsgrund im Sinne einer Äquivalenz für die Nutzungsmöglichkeit kommunaler Güter am Maßstab einer gleichheitsgerechten Lastenverteilung erfasst. Denn Flächenmerkmale sei...

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