Rz. 6

Von der Abweichungsbefugnis nach Art. 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 GG haben bislang sieben Länder Gebrauch gemacht.

Im Bereich der sog. Grundsteuer A (Steuergegenstand: Betriebe der Land- und Forstwirtschaft als wirtschaftliche Einheiten des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens) übernehmen – abgesehen von geringfügigen punktuellen Abweichungen – alle Länder die bundesgesetzlichen Regelungen.

Im Bereich der sog. Grundsteuer B (Steuergegenstand: Grundstücke als wirtschaftliche Einheiten des Grundvermögens) verfolgen die Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen eigene Grundsteuermodelle. Sachsen und das Saarland übernehmen das bundesgesetzliche Bewertungsmodell, haben aber abweichende – landeseigene – Steuermesszahlen festgelegt.

Inanspruchnahme der sog. Länderöffnungsklausel

Beim Bodenwertmodell wird die tradierte Auffassung einer wertabhängigen verbundenen Grundsteuer, deren Bemessungsgrundlage neben dem Grund und Boden auch die Gebäude einschließt, aufgegeben. Steuer- und damit Bewertungsgegenstand des – reinen – Bodenwertmodells (bzw. der „reinen Bodenwertsteuer“) ist allein der Grund und Boden.

Die Flächenmodelle zielen hingegen auf eine wertunabhängige verbundene Grundsteuer, die sich für die Grundstücke (Grund und Boden sowie Gebäude) auf der Grundlage von physischen Grundstücksmerkmalen (Grundstücksfläche und Gebäudefläche) und bestimmten Äquivalenzzahlen bemisst.

Das Saarland und Sachsen haben zur Berücksichtigung besonderer regionaler Besonderheiten lediglich vom Bundesrecht abweichende Steuermesszahlen hinsichtlich der Grundstücke normiert.

Mit Ausnahme von Bayern eröffnen alle Länder den Gemeinden die Möglichkeit, ab dem Kj 2025 aus städtebaulichen Gründen für unbebaute baureife Grundstücke einen gesonderten – höheren – Hebesatz für die Grundsteuer festsetzen (sog. Grundsteuer C).

 

Rz. 7

Die Inanspruchnahme der sog. Länderöffnungsklausel im Bereich der sog. Grundsteuer B (Grundstücke als wirtschaftliche Einheiten des Grundvermögens) wurde von den abweichenden Ländern insbesondere mit der Reduzierung des Aufwands gegenüber den bundesgesetzlichen Regelungen begründet.[1]

Bei einem Abgleich der erforderlichen Daten zeigt sich jedoch, dass dies nur bedingt gelungen ist.

 
Daten Bund BW BY HH HE NI
Adressdaten x x x x x x
Gemarkung x x x x x x
Grundbuchblatt x x x x x x
Flurstück x x x x x x
Eigentumsverhältnisse x x x x x x
Grundstücksart x          
Fläche des Grundstücks x x x x x x
Bebaute Fläche1     x x   x
Befestigte Fläche1     x x   x
Bodenrichtwert2 x x     x x
durchschnittlicher Bodenrichtwert (Gemeinde)2         x x
Gebäudeflächen3 x   x x x x
Nutzung Gebäude (Wohnen/Nichtwohnen)4 x x x x x x
Anzahl Garagen-/Tiefgaragenstellplätze x          
Baujahr Gebäude x          
Kernsanierung Gebäude x          
Abbruch Gebäude5 x   x x x x
Gebäudeart6 x          
Flächen für den Zivilschutz x   x x x x

Erläuterung:

(Bund = Bewertung des Grundvermögens nach Bundesrecht / BW: Baden-Württemberg: Bodenwertmodell / BY = Bayern: reines Flächenmodell / HH = Hamburg: Wohnlagemodell / HE = Hessen: Flächen-Faktor-Verfahren / NI = Niedersachsen: Flächen-Lage-Modell)

1 bei einer Fläche des Grundstücks von mehr als 10.000 m²

2 In Hessen und Niedersachsen wird der Bodenrichtwert des betroffenen Grundstücks und der durchschnittliche Bodenrichtwert der jeweiligen Gemeinde zur Ermittlung des Lage-Faktors automatisiert durch die Kataster- und Vermessungsverwaltung zur Verfügung gestellt.

3 Wohn- und Nutzflächen; bei Nichtwohngebäuden und gemischt genutzten Grundstücken (Bund): Brutto-Grundfläche

4 bei Baden-Württemberg: Ist das Grundstück bebaut und wird dieses überwiegend zu Wohnzwecken genutzt?

5 bei Bund bereits die Abbruchverpflichtung

6 bei Nichtwohngrundstücken im Sachwertverfahren

Hervorzuheben ist insbesondere, dass selbst bei dem baden-württembergischen Bodenwertmodell Angaben zur Gebäudenutzung erforderlich sind (z. B. zur Gewährung von Ermäßigungen bei den Steuermesszahlen nach § 40 LGrStG, s. Rz. 40-43, oder von Steuerbefreiungen nach den §§ 4-8 LGrStG). Außerdem wird die Einräumung der Möglichkeit zum Nachweis des niedrigeren tatsächlichen Werts nach Maßgabe des § 38 Abs. 4 LGrStG (Rz. 36) den Aufwand erheblich erhöhen.

Vom Steuerbefreiungskatalog nach den §§ 3, 4 i. V. m. 5-8 GrStG hat kein Land abweichende landesrechtliche Regelungen erlassen. Ob und inwieweit die Tatbestandsvoraussetzungen für die Gewährung von Befreiungen von der Grundsteuer vorliegen, ist infolgedessen in allen Verfahren zu prüfen.

 

Rz. 8

Einstweilen frei

[1] s. z. B. Entwurf eines Hessischen Grundsteuergesetzes, A. Problem, Länderöffnungsklausel im Grundgesetz, Hess. LT-Drs. 20/6379 v. 21.9.2021, 2.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge