1 Allgemeines

1.1 Regelungsgegenstand

 

Rz. 1

Nach Art. 106 Abs. 6 S. 1 GG steht das Aufkommen aus der Grundsteuer den Gemeinden zu. Ihnen obliegt die Ertragshoheit. Die Grundsteuer gehört somit zu den sog. Gemeindesteuern. In den Ländern, in denen keine Gemeinden bestehen, also in den Stadtstaaten Berlin und Hamburg, fließt die Grundsteuer gem. Art. 106 Abs. 6 S. 3 GG unmittelbar dem Land zu.

Die Grundsteuer hat für die Gemeinden eine enorme finanzielle Bedeutung. Mit einem jährlichen Aufkommen von über 14 Milliarden EUR[1] stellt die Grundsteuer aktuell die drittgrößte Steuereinnahmequelle für die Gemeinden dar. Aufgrund ihrer Unabhängigkeit von konjunkturellen Entwicklungen ist die Grundsteuer – im Gegensatz zur Gewerbesteuer als weitere Realsteuer gem. § 3 Abs. 2 AO – eine weitgehend planbare und verlässliche Größe.

Gleichwohl besteht bei der Grundsteuer die Besonderheit, dass es den Gemeinden überlassen ist, ob sie eine Grundsteuer erheben wollen. Im Rahmen ihres in Art. 28 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich verankerten Selbstverwaltungsrechts bedarf es hierfür einer ergänzenden Rechtsetzung der Gemeinden. Die Zulässigkeit dieser ergänzenden Rechtsetzung folgt bereits aus Art. 106 Abs. 6 S. 2 GG, wonach den Gemeinden das Recht einzuräumen ist, die Hebesätze der Grundsteuer im Rahmen der Gesetze festzusetzen.

Mit der Vorschrift wird den Gemeinden die Berechtigung zur Erhebung der Grundsteuer für den in ihrem Gebiet liegenden Grundbesitz (siehe § 2 GrStG, Rz. 9 ff.) explizit eingeräumt. In Ländern, in denen keine Gemeinden bestehen, fällt diese Berechtigung bzw. dieses Heberecht den Ländern zu. Mit der Bestimmung, dass sich das Heberecht der Gemeinden bzw. Länder auf den in ihrem Hoheitsgebiet liegenden Grundbesitz erstreckt, regelt die Vorschrift auch den sachlichen und räumlichen Geltungsbereich des Heberechts.

Die Vorschrift trägt der Tatsache Rechnung, dass es in der Bundesrepublik Deutschland auch gemeindefreie Gebiete gibt. Zur Bestimmung, wer für den in gemeindefreien Gebieten liegenden Grundbesitz zur Erhebung der Grundsteuer berechtigt ist, enthält die Vorschrift eine Ermächtigungsgrundlage für die Landesregierungen zum Erlass einer Rechtsverordnung.

In der Praxis ist mit der Festsetzung der Hebesätze für die Grundsteuer die Entscheidung der Gemeinde verbunden, eine Grundsteuer zu erheben (siehe § 25 GrStG Rz. 1ff.).

 

Rz. 2

einstweilen frei

[1] Die Einnahmen aus der Grundsteuer betrugen im Jahr 2020 insgesamt 14,7 Milliarden EUR (Grundsteuer A 0,4 Milliarden EUR / Grundsteuer B 14,3 Milliarden EUR); siehe Pressemitteilung Nr. 469 des Statistischen Bundesamtes vom 6.10.2021.

1.2 Rechtsentwicklung

 

Rz. 3

Ihren Ursprung hat die Vorschrift bereits in § 1 der Grundsteuergesetze vom 1.12.1936[1] und vom 10.8.1951[2]. Im Rahmen der Neufassung des Grundsteuergesetzes vom 7.8.1973[3] erhielt die Vorschrift ihre jetzige Fassung. Sie wurde insbesondere im verfassungsrechtlichen Kontext zu Art. 106 Abs. 6 GG und Art. 28 Abs. 2 GG begründet.[4] dargestellt.

Nach der Neufassung des Grundsteuergesetzes vom 7.8.1973 wurde die Vorschrift nicht geändert.

§ 1 GrStG i. d. F. des Grundsteuergesetzes v. 7.8.1973[5], zuletzt geändert durch Artikel 38 des Jahressteuergesetzes 2009 v. 19.12.2008[6], wurde im Rahmen des Grundsteuer-Reformgesetzes v. 26.11.2019[7] unverändert mit Wirkung ab dem Kalenderjahr 2025 in das Grundsteuergesetz überführt.

§ 1 GrStG i. d. F. des Grundsteuer-Reformgesetzes v. 26.11.2019 gilt gem. § 37 Abs. 1 GrStG erstmals für die Grundsteuer des Kalenderjahres 2025. Für die Grundsteuer bis einschließlich des Kalenderjahres 2024 findet § 1 GrStG i. d. F. des Grundsteuergesetzes v. 7.8.1973[8], zuletzt geändert durch Artikel 38 des Jahressteuergesetzes 2009 v. 19.12.2008[9], nach § 37 Abs. 2 GrStG weiter Anwendung.

 

Rz. 4

einstweilen frei

[1] RGBl I 1936, 986.
[2] BGBl I 1951, 519.
[3] Gesetz zur Reform des Grundsteuerrechts vom 7.8.1973, BGBl I 1973, 965.
[4] BT-Drs. VI/3418 v. 4.5.1972, 77, 78.
[5] BGBl I 1973, 965.
[6] BGBl I 2008, 2794.
[7] BGBl I 2019, 1794.
[8] BGBl I 1973, 965.
[9] BGBl I 2008, 2794.

1.3 Regelungszusammenhänge

 

Rz. 5

Rz. 5

Entsprechend der Gesetzesbegründung (siehe Rz. 3) ist insbesondere auf den verfassungsrechtlichen Kontext der Vorschrift hinzuweisen. Nach Art. 106 Abs. 6 S. 1 GG steht das Aufkommen aus der Grundsteuer den Gemeinden zu. Ihnen ist gem. Art. 106 Abs. 6 S. 2 GG das Recht einzuräumen, die Hebesätze der Grundsteuer im Rahmen der Gesetze festzusetzen. Diese Regelungen sind Ausdruck des grundgesetzlich garantierten Selbstverwaltungsrechts der Gemeinden nach Art. 28 Abs. 2 GG. Eine den Gemeinden zustehende mit Hebesatzrecht ausgestattete Steuerquelle, wie die Grundsteuer, schafft die Grundlagen für deren finanzielle Eigenverantwortung und gewährleistet damit die kommunale Selbstverwaltung (vgl. Art. 28 Abs. 2 S. 3 GG).

In Erfüllung des grundgesetzlichen Regelungsauftrages hat der Bund unter Nutzung seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz für die Grundsteuer den Gemeinden einerseits in § 1 Abs. 1 GrStG die grundsätzliche Berechtigung zur Erhebung der Grundsteuer und anderseits in §...

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