Leitsatz

Der in einer dauerhaften, ortsfesten betrieblichen Einrichtung seines Arbeitgebers beschäftigte Arbeitnehmer ist nicht allein deshalb auswärts tätig, weil er eine Probezeit vereinbart hat, unbedingt versetzungsbereit oder befristet beschäftigt ist.

 

Normenkette

§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4, Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG

 

Sachverhalt

Arbeitnehmer K war 2011 am Betriebssitz seines Arbeitgebers tätig, das Arbeitsverhältnis war auf ein Jahr befristet, die Probezeit betrug sechs Monate. K machte als Werbungskosten für die Probezeit Verpflegungsmehraufwand und Fahrtkosten nach Dienstreisegrundsätzen mit der Begründung geltend, dass er angesichts des Probearbeitsverhältnisses über keine regelmäßige Arbeitsstätte verfüge. Denn in einem solchen Fall sei der Arbeitnehmer der betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers nicht dauerhaft zugeordnet. Das FA folgte dem nicht. Auch die Klage dagegen blieb erfolglos (FG Köln, Urteil vom 19.2.2014, 9 K 2957/12, Haufe-Index 6758256, EFG 2014, 902).

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte das FG mit den in den Praxis-Hinweisen erläuterten Gründen.

 

Hinweis

Der Besprechungsfall betrifft die Unterscheidung zwischen regelmäßiger Arbeitsstätte und Auswärtstätigkeit nach dem vor 2014 geltenden "Reisekostenrecht".

1. Eine regelmäßige Arbeitsstätte ist die ortsfeste, dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, d.h. fortdauernd und immer wieder (dauerhaft) aufsucht. Prototypisch dafür steht die Arbeitsstätte im Betrieb des Arbeitgebers im Kontrast zum Tätigkeitsort etwa bei dem Kunden des Arbeitgebers. Verfügt der Arbeitnehmer über keinen dauerhaft angelegten ortsgebundenen Bezugspunkt für seine berufliche Tätigkeit, ist das Auswärtstätigkeit. Der Leitgedanke ist, dass in solchen Fällen der Arbeitnehmer typischerweise nicht die Möglichkeit hat, seine Wegekosten gering zu halten (BFH, Urteil vom 10.4.2014, VI R 11/13, BFH/NV 2014, 1433, BFH/PR 2014, 342).

2. Auf Grundlage dieser Rechtsprechungsgrundsätze war zwar verständlich, dass K das Probearbeitsverhältnis als eine Auswärtstätigkeit beurteilte; allerdings ist auch in diesen Fällen der Arbeitnehmer, wenngleich nur für die Dauer der Befristung, dort dauerhaft tätig. Dieses Arbeitsverhältnis war nach seinem Typus eine "Innendiensttätigkeit"; der Arbeitnehmer ist im Betrieb des Arbeitgebers tätig. Der immer wieder gehörte Einwand, dass eine regelmäßige Arbeitsstätte nur vorliege, wenn die Arbeitnehmer die Möglichkeit hätten, ihre Wegekosten gering zu halten, umschreibt nur generalisierend und typisierend den Regelfall, mit dem die sachgerechte und folgerichtige Ausnahme vom objektiven Nettoprinzip (nur eingeschränkter Werbungskostenabzug) gerechtfertigt wird. Diese typisierende Betrachtung und deren ambivalente Wirkung zeigte sich insbesondere in der Entscheidung zum Leiharbeitnehmer (BFH, Urteil vom 17.6.2010, VI R 35/08, BFH/NV 2010, 1912, BFH/PR 2010, 420). Im Ergebnis führt damit weder eine Probezeit, noch eine unbedingte Versetzungsbereitschaft oder eine Befristung des Arbeitsverhältnisses allein schon zu einer Auswärtstätigkeit. Abzugrenzen sind die Fälle, in denen einem Arbeitnehmer beim nämlichen Arbeitgeber vorübergehend eine andere Tätigkeitsstätte zugewiesen wird. Denn da stellt sich die Frage, ob noch die bisherige oder schon die neue Tätigkeitsstätte die regelmäßige Arbeitsstätte ist. Dies entscheidet sich grundsätzlich nach den vertraglichen Vereinbarungen (z.B. BFH, Urteil vom 8.8.2013, VI R 72/12, BFH/NV 2014, 87, BFH/PR 2014, 42 und BFH, Urteil vom 24.9.2013, VI R 51/12, BFH/NV 2014, 220, BFH/PR 2014, 75). Denn dort stand in Streit, ob der Arbeitnehmer nur unter Beibehaltung seiner bisherigen regelmäßigen Arbeitsstätte "vorübergehend" in einer anderen betrieblichen Einrichtung seines Arbeitgebers tätig wurde oder ob er von Anbeginn dauerhaft an den neuen Beschäftigungsort entsandt worden ist und dort eine (neue) regelmäßige Arbeitsstätte begründet hat.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 6.11.2014 – VI R 21/14

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