Leitsatz

1. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG setzt für den Leistungsaustausch einen unmittelbaren, nicht aber einen inneren (synallagmatischen) Zusammenhang zwischen Leistung und Entgelt voraus. Dies gilt auch für Tausch und tauschähnliche Umsätze (§ 3 Abs. 12 UStG).

2. Ein tauschähnlicher Umsatz mit Baraufgabe liegt auch dann vor, wenn

  • eine Gesellschaft auf schuldrechtlicher Grundlage an ihre beiden Gesellschafter Leistungen gegen Entgelt erbringt und
  • ihr die beiden Gesellschafter in unmittelbarem Zusammenhang hiermit auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage Personal zur Verfügung stellen.

3. Um eine Beistellung anstelle eines tauschähnlichen Umsatzes handelt es sich nur, wenn das vom jeweiligen Gesellschafter überlassene Personal ausschließlich für Zwecke der Leistungserbringung an den jeweiligen Gesellschafter verwendet wird.

 

Normenkette

§ 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 12 UStG 2005, Art. 2 und 11 der 6. EG-RL

 

Sachverhalt

Eine von Kreditinstituten zur Erbringung von Dienstleistungen im Bereich der Kreditanalyse und der Kreditsachbearbeitung für Kreditinstitute gegründete Gesellschaft erbrachte entsprechende – auf "Kostendeckungsbasis (genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten)" – vereinbarte Leistungen an ihre Gesellschafter. Die Klägerin sollte "für die anfallenden Tätigkeiten ausreichend geschultes und qualifiziertes Personal" einsetzen. Nach dem Gesellschaftsvertrag hatten die Gesellschafter der Klägerin für die an sie erbrachten Leistungen "ohne gesondertes Entgelt (unentgeltlich) Personal" zu überlassen. Streit bestand darüber, ob der Wert der Personalgestellung durch die Kommanditisten an die Klägerin zum Entgelt gehöre.

 

Entscheidung

Die Grundsätze ergeben sich im Wesentlichen aus den Praxis-Hinweisen. Der BFH bestätigte das FG (FG Köln, Urteil vom 30.01.2008, 7 K 3412/06, Haufe-Index 1959698, EFG 2008, 732) und hat einen entgeltlichen Umsatz, bei dem auch die Personalgestellung einzubeziehen war (Entgelt in Form einer Kombination von Geldzahlung und Personalgestellung oder sog. "tauschähnlicher Umsatz mit Baraufgabe") bejaht; der unmittelbare Zusammenhang ergebe sich daraus, dass die Klägerin ihre Leistungen an die Gesellschafter auf schuldrechtlicher Grundlage erbracht habe, die Gesellschafter das für diese – entsprechend dem Unternehmensgegenstand an sie, die Gesellschafter, erbrachten – Leistungen benötigte Personal auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage zur Verfügung gestellt haben und weiter nach den Dienstleistungsverträgen die Klägerin vereinbarungsgemäß auf Kostendeckungsbasis abgerechnet habe.

Ohne Erfolg berief sich die Klägerin auf das EuGH-Urteil vom 27.04.1999, C-48/97, Kuwait Petroleum (Slg. 1999, I-2323); denn dort fehlte der unmittelbare Zusammenhang zwischen Kraftstofflieferung und Bonusgeschenk deshalb, weil die Abnehmer für den Kraftstoff einen feststehenden Preis zu entrichten hatten, der unabhängig von der Inanspruchnahme des Geschenks aufgrund der erreichten Bonuspunkte war.

 

Hinweis

1. Die Regelung in § 3 Abs. 12 UStG findet sich zwar nicht im Gemeinschaftsrecht; sie ist – weil nicht zwischen Gegenleistungen in Form von Geldzahlungen und in Form von Sachleistungen unterschieden werden kann (EuGH, Urteil vom 03.07.1997, C-330/95, Goldsmiths, Slg. 1997, I-3801 RdNr. 23) – eigentlich überflüssig; sie verstößt – entgegen einer von Stadie vertretenen Meinung – nicht gegen gemeinschaftsrechtliche Grundsätze. Entscheidend ist (nur), ob eine Zahlung oder eine Leistung i.S.d. UStG (Lieferung oder Dienstleistung) in einem sich aus einem Rechtsverhältnis ergebenden unmittelbarem Zusammenhang mit einer Leistung (Lieferung oder Dienstleistung) steht. Der Zusammenhang muss kein "synallagmatischer Zusammenhang" oder "finaler Zusammenhang" i.S.d. eines "do ut des" sein. Die Entscheidung des BFH im Urteil vom 18.12.1996, XI R 12/96 (Haufe-Index 66018, BStBl II 1997, 374), wonach die Leistung eines Gesellschafters nur dann als Entgelt für eine Leistung der Gesellschaft anzusehen ist, wenn zwischen den Leistungen ein "innerer (synallagmatischer) Zusammenhang" besteht, ist durch die spätere Rechtsprechung – inzwischen auch des seit 2008 wieder für USt zuständigen XI. Senats – überholt. Das hat der V. Senat des BFH jetzt ausdrücklich klargestellt. Der unmittelbare Zusammenhang zwischen Leistung und Entgelt kann sich auch aus verschiedenen Rechtsverhältnissen ergeben, wenn diese im unmittelbaren Zusammenhang miteinander stehen.

2. Personalgestellung (Entgelt) und Personalbeistellung (kein Entgelt) sind zu unterscheiden. Eine Beistellung liegt nur vor, wenn der Empfänger der Leistung dem Leistenden Sachmittel nur für die Leistungserbringung an ihn zur Verfügung stellt und eine anderweitige Verwendung ausgeschlossen ist (ständige BFH-Rechtsprechung). Nur dann liegt keine eigenständige Leistung vor.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 15.04.2010 – V R 10/08

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