Leitsatz

1. Leistet der Steuerpflichtige Erziehungshilfe, indem er die betreuten Kinder zeitweise in seinen Haushalt aufnimmt, und erhält er dafür von einem privaten Träger der Kinder- und Jugendhilfe neben einem Gehalt eine pauschale Kostenerstattung, ist diese nur dann als nach § 3 Nr. 50 EStG steuerfreier Auslagenersatz anzusehen, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass die Pauschale den tatsächlichen Aufwendungen im Großen und Ganzen entspricht.

Kann der Nachweis nicht erbracht werden, ist die Pauschale als Bestandteil des Arbeitslohns steuerpflichtig. Die tatsächlichen Aufwendungen des Steuerpflichtigen, die notfalls im Weg der Schätzung zu ermitteln sind, stellen Werbungskosten dar.

2. Wird der Erziehungshelfer nicht als Arbeitnehmer, sondern selbstständig tätig, erzielt er mit der Vergütung Einkünfte aus einer freiberuflichen Tätigkeit, wenn die Erziehung der Gesamtheit der Betreuungsleistung das Gepräge gibt. Die tatsächlichen Aufwendungen stellen Betriebsausgaben dar.

 

Normenkette

§ 3 Nr. 50 Alternative 2 EStG , § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG , § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG

 

Sachverhalt

Eine Erzieherin war für einen Verein der Kinder- und Jugendhilfe tätig und erhielt dafür ein Gehalt. Sie betreute im Rahmen einer beziehungsorientierten Wohngruppe zwei verhaltensauffällige Kinder, die sie in ihren Haushalt aufgenommen hatte. Ein Pflegekindschaftsverhältnis bestand dabei nicht. Pro Kind und Monat erhielt die Klägerin von dem Verein einen pauschalen Betrag von 1.110 DM zum Ausgleich der Sachkosten gezahlt.

Das FA behandelte diese Zahlungen als Einnahmen aus sonstiger selbstständiger Arbeit und zog davon pauschal Betriebsausgaben von 750 DM monatlich ab. Die Klage hatte zunächst Erfolg, denn das FG beurteilte die Zahlungen als steuerfreien Auslagenersatz i.S.d. § 3 Nr. 50 EStG.

 

Entscheidung

Auf die Revision des FA hob der BFH das Urteil auf und verwies das Verfahren an das FG zurück. Es müsse noch festgestellt werden, ob die Klägerin die Wohngruppenbetreuung als Arbeitnehmerin oder selbstständig übernommen habe. Als Arbeitnehmerin könne sie § 3 Nr. 50 EStG allenfalls dann in Anspruch nehmen, wenn sie nachweise, dass die Erstattung im Großen und Ganzen den tatsächlichen Sachkosten entspreche.

 

Hinweis

1. Modelle zur Betreuung verhaltensauffälliger Kinder in Wohngruppen haben mittlerweile weite Verbreitung gefunden. Die Finanzverwaltung ist auf diese Form der Betreuung aufmerksam geworden, weil die Träger der betreffenden Erziehungseinrichtungen vermehrt dazu übergegangen sind, den Betreuern in großem Umfang Sachkosten-Pauschalen als steuerfreien Auslagenersatz i.S.d. § 3 Nr. 50 EStG zu zahlen. Angesichts der Höhe der Pauschalen vermutet die Verwaltung nicht selten, dass sich hinter der Pauschale auch ein Gehaltsbestandteil verbirgt, weil die tatsächlichen Kosten unter der Pauschale liegen.

Die Steuerbefreiung für pauschalen Auslagenersatz ist im Grund keine echte Steuerfreistellung, sondern eher eine Vereinfachungsregel, die dem Umstand Rechung tragen soll, dass der Arbeitnehmer Zahlungen im Interesse des Arbeitgebers geleistet hat, deren Erstattung er verlangen kann. Im Fall der Nichterstattung handelte es sich jedenfalls um Werbungskosten des Arbeitnehmers.

Die Steuerbefreiung hilft nun, detaillierte Kostenabrechnungen zu vermeiden und Verzerrungen durch das Zu/Abflussprinzip auszuschließen. Dies ist aber nur gerechtfertigt, wenn die Kostenerstattung im Großen und Ganzen den tatsächlichen Kosten entspricht (BFH, Urteil vom 21.8.1995, VI R 30/95, BStBl II 1995, 906). Außerdem war man bisher davon ausgegangen, dass die Kostenerstattung auch in ihrer absoluten Höhe nur gering sein darf. Denn je höher der absolute Betrag umso größer die Gefahr, dass die Zahlungen den tatsächlichen Aufwand nennenswert übersteigen. In dem genannten Urteil hatte der BFH monatliche Beträge zwischen 34 DM und 106 DM noch als Auslagenersatz beurteilt.

Das Besprechungsurteil lässt die Frage offen, ob Kostenerstattungen in der hier streitigen Höhe von 1.110 DM überhaupt noch von § 3 Nr. 50 EStG erfasst werden können. Mindestens müsse der Empfänger der Kostenerstattung nachweisen, dass die Pauschale im Großen und Ganzen den tatsächlichen Aufwendungen entspricht.

2. Sollte der Nachweis nicht gelingen, droht dem Arbeitnehmer deshalb keine übermäßige Besteuerung. Vielmehr ist der Kostenersatz dann als Einnahme zu behandeln, während die tatsächlichen Aufwendungen Werbungskosten sind. Die Höhe der tatsächlichen Aufwendungen muss notfalls geschätzt werden. Dabei braucht sich niemand mit den von der Finanzverwaltung in einem BMF-Schreiben vom 1.8. 1988 (BStBl I 1988, 329) genannten Beträgen abzufinden. Die Schätzung soll den tatsächlichen Gegebenheiten möglichst nahe kommen.

3. Im Besprechungsfall war unklar, ob die Betreuerin als Arbeitnehmerin oder selbstständig tätig war. Wer eine solche Tätigkeit selbstständig ausübt, kann Freiberufler sein, wenn die Erziehung und nicht etwa Beherbergung und Verköstigung der Betreuungsleistung insgesamt das Gepräge geben...

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