rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Sargträger als Arbeitnehmer

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Zum Begriff des Arbeitslohns nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG.
  2. Die Frage, wer Arbeitnehmer ist, bestimmt sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse.
  3. Ein Arbeitsverhältnis einer Stadt mit Sargträgern liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn die Hinterbliebenen ein Vertragsverhältnis mit den Sargträgern eingehen.
 

Normenkette

EStG §§ 42d, 40a, 19; LStDV 1990 § 1 Abs. 2

 

Streitjahr(e)

2012, 2013, 2014

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob im Zeitraum von Januar 2012 bis Dezember 2014 (Streitjahre) tätige Sargträger unselbständig im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin tätig waren und der Erlass eines Lohnsteuernachforderungsbescheides rechtmäßig war.

Bei Bestattungen und Überführungen wurde im örtlichen Einzugsbereich der Klägerin eine Trägergruppe (sog. Sargträgercorps), bestehend aus insgesamt neun Personen (jeweils Rentner im Alter von über 65 Jahren), für die jeweiligen Auftraggeber tätig, sofern die Hinterbliebenen keine eigenen Sargträger aus der Nachbarschaft zur Verfügung stellten. Die Klägerin erhob nach der Friedhofsgebührensatzung für eine Bestattung im Einzelnen durch die Satzung festgelegte Gebühren. In den jeweiligen Gebührenbescheiden heißt es auf Seite 2: „Durch die bei einer Erdbestattung eingesetzten Träger entstehen Kosten i.H.v. … €. Dieser Betrag wird von dem Trägercorps in Rechnung gestellt und von der Stadt X. nur zur Weiterleitung an die bei der Bestattung eingesetzten Träger erhoben”. Die Friedhofsverwaltung der Klägerin teilte im Bestattungsfalle Angehörigen mit, dass diese die Sargträger „selber zu stellen haben”. Ein Tätigwerden erfolgte jeweils dergestalt, dass die Hinterbliebenen mit dem Bestattungsunternehmen bzw. der Friedhofsverwaltung zunächst einen Termin abstimmten. Im Anschluss daran wurde das Sargträgercorps (der Sprecher) durch die Friedhofsverwaltung über den Termin informiert.

Der Ablauf einer Bestattung bzw. Überführung stellte sich wie folgt dar:

Die dem Sargträgercorps angehörenden Personen waren bereit, nach Abkömmlichkeit und auf Abruf die entsprechenden Tätigkeiten auszuüben. Für diese Tätigkeiten erhielten die jeweiligen Sargträger in den Streitjahren eine pauschale Vergütung von jeweils 30 € je Beerdigung und je Überführung 16 €. Diese Pauschalen wurden von der Friedhofsverwaltung festgesetzt und wurden den Auftraggebern „zur Weiterleitung an die bei der Bestattung eingesetzten Träger” in Rechnung gestellt (s.o.). Der Friedhofswärter informierte jeweils den zuständigen Sprecher der Sargträgergruppe, Herrn X., über die Beauftragung und den zwischen den Beteiligten abgestimmten Bestattungstermin. Der Sprecher der Gruppe stimmte telefonisch ein „Team” von sieben Personen ab, welches für die Abwicklung des Beerdigungstermins zuständig war. Den einzelnen Mitgliedern der Gruppe stand es dabei frei, einen Auftrag z.B. wegen Krankheit oder anderer persönlicher Gründen, abzulehnen. Sofern ein Team von sieben Personen nicht komplett mit Mitgliedern der sogenannten Sargträgergruppe zustande kam, besorgten die Sargträger Ersatzpersonen im Bekannten- oder Verwandtenkreis, die die Tätigkeit für das betreffende Mitglied der Sargträgergruppe im Einzelfall vertretungsweise übernahmen. Die Sargträger wurden dann dem Friedhofswärter benannt. Dieser informierte die Sargträger über die Lage des Grabes und etwaige sonstige zu beachtende Gesichtspunkte, wie z.B. eine schwierige Zugänglichkeit des Grabes etc. Die Sargträger hatten sich zur Durchführung der Beisetzung zum festgelegten Termin rechtzeitig vor Ort einzufinden und ihre Tätigkeit aufzunehmen, wobei die Dauer der Tätigkeit vom Einzelfall abhängig war und in der Regel insgesamt zwei Stunden betrug. Zeitliche Vorgaben bestanden hierbei nicht. Die Sargträger wurden bei Durchführung ihrer Tätigkeit nicht kontrolliert.

Die Sargträger trugen bei Ausübung ihrer Tätigkeit in der Regel dunkle/schwarze Hosen und Schuhe, Sakkos, weiße Hemden und dunkle/schwarze Krawatten. Diese schafften sie sich jeweils selbst an und trugen sie gegebenenfalls auch privat. Für kältere Tage hatten die Sargträger auf Bitte des Friedhofsträgers im Jahre 2003 von der Klägerin schwarze und von der Qualität her einfach gehaltene Mützen und Mäntel gegen Nässe und Kälte erhalten. Für die Tätigkeit erhielten die Sargträger eine Pauschale von insgesamt 210 € (mittlerweile 280 €), die nach Köpfen „geteilt” wurde. Nach Eingang der Abrechnung der Sargträger - die nach Aktenlage jeweils vom Sprecher, Herrn X., bzw. dem Sargträgercorps, vorbereitet wurde - überwies die Stadt die jeweiligen Pro-Kopf-Beträge an die Sargträger für den zurückliegenden Monat. Die Abrechnungen erfolgten jeweils für alle Sargträger jeweils in einem einheitlichen Dokument. Ein Musterformular sah zudem vor, dass die Sargträger jeweils durch die Hinterbliebenen zur Durchführung ihrer Tätigkeit beauftragt werden

sollten.

Bei der Klägerin wurde im Mai 2015 eine Lohnsteuer Außenprüfung du...

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