rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewilligung des Versorgungs-Freibetrags für vom Dienst freigestellten Beamten

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Einem vom Dienst freigestellten Beamten, der sich nach Vollendung des 58. Lebensjahres unter teilweiser Weitergewährung der Bezüge bis zum Eintritt in den Ruhestand vom Dienst freistellen lässt, ist der Versorgungs-Freibetrag zu bewilligen.
  2. Für die Frage, ob Versorgungsbezüge in Form gleichartiger Ruhegehälter vorliegen, kommt es auf den Gehalt, nicht auf das Etikett der vereinbarten Regelung an. Ist ein Beamter „unwiderruflich” nicht mehr im aktiven Dienst tätig und bezieht er gekürzte Bezüge nach Ruhegehaltssätzen, ist er nicht mehr als aktiver Beamter (im Sonderurlaub) anzusehen.
  3. Auch bei Grundsatzentscheidungen kann der konsentierte Einzelrichter als gesetzlicher Richter entscheiden.
 

Normenkette

EStG § 19 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 2; FGO § 79a

 

Streitjahr(e)

1998

 

Tatbestand

Streitig ist die Berücksichtigung des Versorgungs-Freibetrages bei den Einkünften eines 58jährigen Beamten.

Die Kläger sind miteinander verheiratet und wurden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der am 12. Oktober 1939 geborene Kläger erzielte als (vom Dienst freigestellter) Stadtamtsrat und die Klägerin als Lotsenbetriebsassistentin Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Nach dem Schreiben der Stadt W. (Arbeitgeber) vom 11. Dezember 1997 wurde der damals 58jährige Kläger aufgrund seines Antrages „unwiderruflich” mit Ablauf des 30. Dezember 1997 bis zum Eintritt bzw. bis zur Versetzung in den Ruhestand vom Dienst freigestellt. Tatsächlich hat der Kläger den Dienst auch nicht erneut angetreten. Laut einer Bescheinigung der Stadt W. vom 28. April 1999 erhielt der Kläger im Streitjahr 1998 Bruttobezüge in Höhe des zum Zeitpunkt der Freistellung nach dem Beamten-versorgungsrecht erreichten Ruhegehaltssatzes (75 vom Hundert; 62.779 DM) in Anwendung eines Ministererlasses vom 14. Mai 1996 (Niedersächsisches Ministerialblatt Nr. 21/1996 S. 827) in Verbindung mit der Niedersächsischen Sonderurlaubsverordnung. Nach dem zitierten Erlaß ist das Ziel der Landesregierung, „den Personalbestand schnell und dauerhaft erheblich zu verringern. Beamtinnen und Beamten, die das 58. Lebensjahr vollendet haben, wird zur Erreichung dieses Zwecks angeboten, sich im dienstlichen Interesse unter teilweiser Weitergewährung der Bezüge vom Dienst freistellen zu lassen. Der einbehaltene Bezügeanteil soll zu einer spürbaren Personalkostenentlastung führen”.

Mit der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr beantragten die Kläger, die Beamtenbezüge des Klägers, die als „Sonderurlaubsvergütungen” bezeichnet wurden, als Versorgungsbezüge anzusehen und den Versorgungs-Freibetrag zu gewähren. Die sogenannten Sonderurlaubsvergütungen wurden als laufende Bezüge – ohne Berücksichtigung des Versorgungs-Freibetrags – der Lohnsteuer unterworfen. Das beklagte Finanzamt lehnte ab die Anerkennung der „Sonderurlaubsvergütung” als Versorgungsbezüge, folglich auch die Berücksichtigung eines Versorgungs-Freibetrags.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erheben die Kläger Klage und tragen im wesentlichen Folgendes vor: Der Kläger sei im Streitjahr nicht mehr aktiv im öffentlichen Dienst beschäftigt gewesen. Stattdessen befinde er sich in einer besonderen Form des Ruhestandes. Dabei spiele es keine Rolle, dass als Rechtsgrundlage hierfür nicht das Versorgungsrecht gelte. Nach dem Einkommensteuergesetz genüge es vielmehr, wenn die Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen „gleichartig” wie das Ruhegehalt nach dem Versorgungsrecht seien. Er erhalte gekürzte Bezüge und zwar nach Ruhegehaltsgrundsätzen. Für die Beurteilung der Gleichartigkeit seiner Bezüge mit herkömmlichen Versorgungsbezügen sei die vom beklagten Finanzamt herangezogene Beihilferegelung und die Gewährung von Leistungen nach dem Vermögensbildungsgesetz nebensächlich, da dies nur die Konsequenz aus der Nichtanwendbarkeit des „formalen” Versorgungsrechts darstelle. Das beklagte Finanzamt verkenne zudem den Umstand, daß die vom Land Niedersachsen erlassenen Vorschriften zur dienstlichen Freistellung von lebensälteren Beamten bei Personalüberhang auf Landesebene eine vorzeitige Pensionierung ermöglichen sollten.

Die Kläger beantragen,

unter Änderung des Bescheids vom 1. März 1999 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 23. August 1999 die Einkommensteuer insoweit herabzusetzen, als sie sich ergibt, wenn bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit der Versorgungs-Freibetrag berücksichtigt wird.

Das beklagte Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es bleibt dabei, dass der Versorgungs-Freibetrag nicht zu gewähren ist. Denn der Kläger sei im Streitjahr ausdrücklich nicht in den vorzeitigen Ruhestand versetzt worden, sondern lediglich nach der Sonderurlaubsverordnung vom aktiven Dienst freigestellt gewesen. Entsprechend habe er seine Bezüge nicht aufgrund früherer Dienstleistungen, wie es bei Pensionären der Fall sei, bekommen, sondern er erhalte sie, wei...

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