vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuerrechtliche Konsequenzen aus unentgeltlichen Wärmelieferungen an Dritte durch den Betreiber einer Biogasanlage - Keine nachträgliche Korrektur eines zu Unrecht gewährten Vorsteuerabzugs mit Wirkung im Moment der Entdeckung des Rechtsirrtums

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Beabsichtigt der Betreiber einer Biogasanlage bei deren Errichtung, die anfallende Wärme unentgeltlich an Dritte abzugeben, führen die Wärmelieferungen nicht zu unentgeltlichen Wertabgaben, weil der Betreiber insoweit nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
  2. Vereinbart der Betreiber mit den Abnehmern der Wärme lediglich einen symbolischen Preis, so wird durch eine nachträglich vereinbarte Preiserhöhung die Unentgeltlichkeit nicht tangiert.
  3. Die Kürzung der abzugsfähigen Vorsteuer nach § 15 Abs. 4 UStG kann nach der Marktwertmethode unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Preise für Strom und Wärme vorgenommen werden.
  4. Eine Berichtigung der Vorsteuer nach § 15 a UStG hinsichtlich der ursprünglich zu Unrecht für die Errichtungsaufwendungen in Anspruch genommenen Vorsteuerbeträge scheidet aus.
 

Normenkette

UStG 2005 § 15a Abs. 1, § 15 Abs. 4, § 3 Abs. 1b S. 1 Nr. 3, S. 2, § 17 Abs. 1 S. 1; AO § 162 Abs. 1; EGRL 112/2006 Art. 16, 184

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 25.11.2021; Aktenzeichen V R 45/20)

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten, welche umsatzsteuerrechtlichen Folgen aus der Abgabe von Wärme an die D Nahwärmenetz GbR, S (GbR I) in den Streitjahren 2007 bis 2009 und in der Zeit von Oktober 2008 bis 2009 an die D Nahwärmenetz II GbR, S (GbR II) zu ziehen sind.

Die Klägerin ist eine KG, die mit Gesellschaftsvertrag vom xx. November 2005 errichtet worden ist. Komplementärin ist die D-VerwaltungsGmbH ohne Kapitaleinlage. Kommanditisten sind P, G und H. Gegenstand des Unternehmens ist die Herstellung und der Vertrieb von Strom aus eigener Erzeugung. In den Jahren 2005 und 2006 errichtete die Klägerin in D, einem Stadtteil von S, eine Biogasanlage zur Stromerzeugung, die im Jahr 2006 in Betrieb genommen wurde. Die der Klägerin in den Eingangsrechnungen für den Bau der Anlage in Rechnung gestellte Umsatzsteuer machte diese in ihren Umsatzsteuervoranmeldungen ab September 2005 und später auch in ihren Umsatzsteuererklärungen als abzugsfähige Vorsteuer geltend. Der Beklagte legte die Erklärungen den Umsatzsteuerfestsetzungen zugrunde.

Die GbR I wurde mit Vertrag vom xx. März 2006 von 16. Gesellschaftern, alle Grundstückseigentümer aus der Umgebung, errichtet. Mit Wirkung vom xx. Oktober 2010 wurden weitere vier und mit Wirkung vom xx. März 2012 ein weiterer Gesellschafter aufgenommen. Zweck der Gesellschaft ist die Durchleitung von Wärmeenergie über ein aus eigenen Mitteln der Gesellschaft zu errichtendes und durch die Gesellschaft zu erhaltendes Leitungsnetz für den Bezug von Wärmeenergie auf den Grundstücken der Gesellschafter und die Abrechnung der jährlichen anzupassenden Arbeitspreise je Hausanschluss mit den Gesellschaftern. Zu diesem Zweck werde die Gesellschaft einen Vertrag über den Anschluss an das Nahwärmenetz und die Lieferung von Nachwärme mit der Klägerin schließen. Auf Grund dieses Vertrages werde die Wärmeenergie ausschließlich an die angeschlossenen Gesellschafter geleitet. Grundlage des Lieferanspruchs gegenüber der GbR sei der jetzige Wärmebedarf der Gesellschafter. Der genannte Arbeitspreis je Hausanschluss entspreche den für die Wärmeenergie an die Klägerin gezahlten Arbeitspreisen zuzüglich einer von der Gesellschafterversammlung festzulegenden Pauschale. Zur Geschäftsführung und Vertretung waren nach § 7 Nr. 1 des Vertrages vier namentlich benannte Gesellschafter gemeinschaftlich mit einem weiteren der übrigen Gesellschafter berechtigt.

Am xx. März 2006 schloss die Klägerin mit der GbR I einen Wärmelieferungsvertrag. Die GbR übernahm darin die Durchführung von Wärmeenergie über ein aus eigenen Mitteln des Abnehmers zu errichtendes und zu erhaltendes Leitungsnetz für den Bezug von Wärmeenergie auf den Grundstücken ihrer Gesellschafter. Die GbR verpflichtete sich, den Wärmebedarf der Grundstücke ihrer Gesellschafter durch den Bezug bei der Klägerin zu decken. Die Klägerin verpflichtete sich zur unentgeltlichen Lieferung der Wärme an die GbR. Nach § 2 des Vertrages hatte sie die vereinbarte Heizleistung von etwa 500 kW vorzuhalten; eine Änderung der Leistungsanforderung bedurfte einer besonderen Vereinbarung. Diese Verpflichtung entfiel nur bei höherer Gewalt oder wenn die Beseitigung der hindernden Umstände der Klägerin wirtschaftlich nicht zumutbar war. Der Vertrag trat mit Unterzeichnung in Kraft. Er hat eine Laufzeit bis zum xx. August 2026 mit einer Verlängerung bei nicht fristgerechter Kündigung. Der Vertrag wurde von den vier namentlich bezeichneten Gesellschaftern ohne einen weiteren Gesellschafter für die GbR I unterschrieben.

Mit Gesellschaftsvertrag vom xx. Mai 2008 errichteten dreizehn Grundstückseigentümer aus der...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge