Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeitsvoraussetzungen eines Gewinnabführungsvertrages

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Ein Ergebnisabführungsvertrag (EAV) stellt eine Änderung der im Gesellschaftsvertrag getroffenen Abreden über die Gewinnverteilung dar und wird erst mit der Eintragung in das HR wirksam.
  2. Ein „abgeschlossener” Vertrag i. S. des § 34 Abs. 9 Nr. 3 KStG setzt über die bloße Einigung der Vertragsparteien hinaus die Einhaltung der bestehenden Formvorschriften und damit analog § 293 Abs. 3 AG die Schriftform voraus.
 

Normenkette

KStG § 14 Abs. 1 S. 2, § 17 S. 1, § 34 Abs. 9 Nr. 3; AG § 293 Abs. 3

 

Streitjahr(e)

2002

 

Tatbestand

Streitig sind der Zeitpunkt des Abschlusses eines Ergebnisabführungsvertrags (EAV) und dessen Wirksamkeitsvoraussetzungen.

Die Klägerin betreibt ein Unternehmen für die Be- und Verarbeitung von Daten, deren typographische Umsetzung sowie die technischen Herstellung von Druckerzeugnissen aller Art einschließlich der damit zusammenhängenden Serviceleistungen. Ihr Wirtschaftsjahr ist das Kalenderjahr.

Die Anteile der Klägerin wurden im Streitjahr ausschließlich von der E GmbH (im Folgenden: Organträgerin) gehalten. Alleinige Gesellschafterin der Organträgerin war die E S.A. mit Sitz in Frankreich. Herr E war einzelvertretungsberechtigter und von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreiter Geschäftsführer aller drei Gesellschaften. Weitere Geschäftsführer der Organträgerin waren R und S.

Am 19. November 2002 beschloss die Gesellschafterversammlung der Organträgerin, mit der Klägerin einen EAV abzuschließen. Unter dem 23. Dezember 2002 wurde der EAV zwischen Klägerin und Organträgerin schriftlich niedergelegt. Vor § 1 des Vertrages heißt es: „[Die Vertragsparteien] legen im folgenden schriftlich nieder, was sie am 19. November 2002 vereinbart haben.” Nach § 1 (1) des Vertrags sollte die Klägerin ihren Gewinn erstmals für das am 1. Januar 2002 beginnende Geschäftsjahr an die Organträgerin abführen. Die Gesellschafterversammlung der Klägerin genehmigte den EAV am 27. Dezember 2002. In dem Protokoll über die Gesellschafterversammlung wird insoweit auf den am 19. November 2002 „in privatschriftlicher Form” geschlossenen EAV abgestellt. Auf die unter dem 10. Dezember 2003 datierende Anmeldung zum Handelsregister wurde der Abschluss des Vertrags am 23. Dezember 2003 im Handelsregister eingetragen. Der EAV wurde von den Vertragsparteien bereits für das Jahr 2002 tatsächlich durchgeführt.

Der Beklagte (das Finanzamt – FA –) setzte gegenüber der Klägerin die Körperschaftsteuer und den Gewerbesteuermessbetrag für 2002 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung zunächst jeweils auf 0 EUR fest, wobei es vom Bestehen einer körperschaftsteuerlichen Organschaft ausging. Nach einer Außenprüfung, die auch das Streitjahr umfasste, vertrat das FA die Auffassung, der EAV werde nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Körperschaftsteuergesetz (KStG) in der Fassung des Steuervergünstigungsabbaugesetzes (StVergAbG) vom 16. Mai 2003 erst mit seinem schriftlichen Abschluss in 2003 wirksam. Dementsprechend setze es – insbesondere unter Anhebung des Gewinns bzw. Gewerbeertrags um ca. 2.825.000,– EUR – die Körperschaftsteuer für 2002 mit Änderungsbescheid vom 17. Mai 2004 auf 421.921,- EUR und den Gewerbesteuermessbetrag für 2002 mit Änderungsbescheid vom 4. Juni 2004 auf 86.160,- EUR fest.

Die dagegen gerichteten Einsprüche der Klägerin blieben im Hinblick auf die Anerkennung der Organschaft erfolglos. Im Übrigen wurden die Körperschaftsteuer in der Einspruchsentscheidung vom 11. Dezember 2008 auf 420.602,- EUR und der Gewerbesteuermessbetrag auf 85.895,- EUR herabgesetzt. Mit ihrer Klage vom begehrt die Klägerin weiterhin, die steuerlichen Folgen des EAV bereits im Jahr 2002 zu ziehen.

Sie ist der Ansicht, am 19. November 2002 sei zwischen ihr und der Organträgerin ein EAV geschlossen worden. Dazu behauptet sie, an diesem Tag sei im Rahmen einer Telefonkonferenz zwischen zwei weiteren Geschäftsführern der Organträgerin (R und S), dem damaligen Steuerberater der Klägerin und der Organträgerin (B) sowie Herrn E entschieden worden, einen EAV abzuschließen. In einem weiteren Telefonat zwischen den Herren B, S und R sei die Notwendigkeit des Vertragabschlusses noch am 19. November 2002 besprochen und festgelegt worden. Dabei seien der Inhalt und die Funktionsweise eines EAV erläutert worden, wobei Steuerberater B darauf hingewiesen habe, dass ein mündlicher Vertragsabschluss für die erwünschte steuerliche Wirkung ausreichend sei. Danach sei der EAV zwischen R und Herrn E erörtert und mündlich vereinbart worden. Zum Nachweis hierfür legte die Klägerin ein Gedächtnisprotokoll des Herrn S vom 7. April 2006 vor, auf dessen Inhalt verwiesen wird.

Die Schriftform sei für den wirksamen Abschluss eines EAV nicht erforderlich, da das Gesetz über die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbHG) keine Vorschrift wie § 293 Abs. 3 Aktiengesetz (AktG) aufweise. Überdies sei der mit der Formvorschrift verfolgte Minderheitenschutz bei...

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