rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Drittwirkung der Steuerfestsetzung in Haftungsfällen; Grundsatz der anteiligen Tilgung bei Säumniszuschlägen zur Lohnsteuer und Lohnsteuernachforderungen

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Sind Lohnsteueranmeldungen abgeben worden, trägt der GmbH-Geschäftsführer die Feststellungslast für die Behauptung, die Löhne seien nicht ausgezahlt worden.
  2. § 166 AO gilt nicht für Haftungsbescheide.
  3. Sind Steuern nicht durch Haftungsbescheide, sondern durch Steuerbescheide gegen eine GmbH festgesetzt worden, ist § 166 AO anwendbar.
  4. Zur Frage der Haftung des GmbH-Geschäftsführers gem. §§ 69, 34 AO ist nach dem Grundsatz der anteiligen Tilgung im Wesentlichen auf den Schadensersatzcharakter der Haftungsnormen des § 69 AO abzustellen. Der Grundsatz der anteiligen Tilgung kommt auch bei Haftung des Geschäftsführers einer GmbH für pauschalierte Lohnsteuer zur Anwendung. Gleiches gilt für den hierauf entfallenden Solidaritätszuschlag.
 

Normenkette

AO § 34 Abs. 1, §§ 69, 162, 166, 191 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

1998

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 23.03.2006; Aktenzeichen VI R 13/03)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Kläger für rückständige Lohnsteuern, Verspätungs- und Säumniszuschläge der GmbH 1 sowie der GmbH 2 haften.

Der Kläger ist seit 1991 Geschäftsführer der GmbH 1 und seit 1993 Geschäftsführer der GmbH 2. Die Klägerin war von 1993 bis März 1999 Geschäftsführerin beider GmbHs.

Für beide GmbHs wurden 1996 keine Lohnsteuern angemeldet oder abgeführt. Ab Januar 1997 setzte der Beklagte Lohnsteuern im Schätzwege fest. Nachdem im Rahmen von Lohnsteuer-Außenprüfungen bei den GmbHs - Prüfungszeitraum 01.01.1996 bis 31.12.1997 - dem Prüfer keinerlei Unterlagen vorgelegt wurden, schätzte der Beklagte dem Prüfer folgend abzuführende Lohnsteuer 1996 und 1997 nach den vertraglich den Geschäftsführern zugesagten Gehältern, erließ gegenüber den GmbHs dementsprechende Lohnsteuerhaftungs- und -nachforderungsbescheide vom 24.11.1998 und hob den Vorbehalt der Nachprüfung in den Steuerfestsetzungen des Prüfungszeitraums auf. Diese Bescheide wurden bestandskräftig. Auch im Anschluss an den Prüfungszeitraum ergingen Steuerfestsetzungen für Lohnsteuer und Anhangsteuern, die auf geschätzten Besteuerungsgrundlagen beruhen.

Nach vergeblichen Vollstreckungsversuchen bei den GmbHs nahm der Beklagte die Kläger als deren gesetzliche Vertreter gemäß §§ 191 Abs. 1, 69, 34 Abgabenordnung (AO) für die Abgabenrückstände mit Bescheiden vom 16.09.1999 in Haftung. Dabei sind die auf den an die GmbHs gerichteten Lohnsteuerhaftungs– und -nachforderungsbescheiden beruhenden Beträge in den Positionen „Lohnsteuer 1997” der Anlagen zu den Haftungsbescheiden enthalten. Zusätzlich umfassen diese Positionen auch Beträge von 4.000 DM (GmbH 1) bzw. 1.000 DM (GmbH 2), die für 1997 mit Steuerbescheiden, die auf geschätzten Besteuerungsgrundlagen beruhen, zum 20.03.1998 fällig gestellt wurden. Die Einspruchsverfahren blieben erfolglos.

Die Kläger tragen vor, Geschäftsführergehälter seien nur 1994, aber nicht mehr in dem hier interessierenden Zeitraum 1996 bis 1999 gezahlt worden. Die GmbHs hätten keine lohnsteuerpflichtigen Beschäftigten gehabt. Dementsprechende Lohnsteueranmeldungen seien 1995 dreimal und 1997 einmal eingereicht worden. Die Geschäftstätigkeit ruhe seit dem Verkauf der von den GmbHs errichteten Immobilien. Auch dem Prüfer sei dies mitgeteilt worden. Unterlagen hätten demzufolge nicht vorgelegt werden können. Die GmbH 1 verfüge bereits seit 1996 über kein Geschäftskonto mehr. Es fehle an einer groben Pflichtverletzung der Kläger, da keine Pflicht zur Einbehaltung von Lohnsteuer bestanden habe. Die Geschäftsführerverträge seien formlos aufgelöst worden. Die an die GmbHs gerichteten bestandskräftigen Bescheide seien nicht nach § 166 Abgabenordnung (AO) bindend.

Die Kläger beantragen,

die Haftungsbescheide vom 16.09.1999 wegen Abgabenrückständen der GmbH 1 sowie der GmbH 2 und die hierzu ergangenen Einspruchsbescheide vom 18.04.2000 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er meint, die behauptete Nichtzahlung der Gehälter sei nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Da für die GmbHs keine Steuererklärungen oder Gewinnermittlungen eingereicht worden seien, lasse sich die finanzielle Situation der Gesellschaften nicht beurteilen. Die Feststellungslast für die Behauptung, es seien keine Löhne gezahlt worden, hätten die Kläger zu tragen.

Die Beteiligten haben sich mit Schriftsätzen vom 27.11.2000 und 31.01.2002 mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter einverstanden erklärt.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage hat nur teilweise Erfolg.

Die Haftungsbescheide sind nicht bereits mangels inhaltlicher Bestimmtheit rechtswidrig oder gar nichtig. Die Zusammensetzung der Position Lohnsteuer 1997 in den Anlagen der Haftungsbescheide konnte im Verlauf des Klageverfahrens geklärt werden und ist im Tatbestand erläutert.

Der Senat legt die Klageschrift dahin aus, dass die Haftung für Kirchensteuer nicht Gegenstand des Verfahrens ist. In Kirch...

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