Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuer auf künftige (umsatzsteuerbelastete) Bauerrichtungskosten
Leitsatz (redaktionell)
- Ein Bauerrichtungsvertrag (Werkvertrag), der im Zusammenhang mit dem Erwerb eines unbebauten Grundstücks (Kaufvertrag) abgeschlossen wird und der für den Bauherrn eine USt-Belastung auslöst, unterliegt regelmäßig nicht der GrESt (gegen ständige Rechtsprechung des II. BFH-Senats – vgl. BFH-Urt. v. 27.10.2004 II R 12/03, BStBl II 2005, 220; v. 21.9.2005 II R 49/04, BStBl II 2006, 269; Beschl. v. 17.1.2005 II B 15/04, BFH/NV 2005, 723 u. v. 3.8.2006 II B 153/05, BFH/NV 2006, 2129).
- Der Bauerrichtungsvertrag ist kein Grundstückskaufvertrag, sondern ein selbstständiger Werkvertrag über einen erst noch herzustellenden Gegenstand, der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht existent ist.
- Da die Verpflichtung zur Ausführung der Bauerrichtungsleistungen in § 1 GrEStG nicht als steuerbarer Vorgang bezeichnet ist, fällt hierfür keine GrESt an, sondern allein USt.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die nach dem Erwerb des Grund und Bodens angefallenen Bauerrichtungskosten für ein Wohngebäude, die bereits der Umsatzsteuer unterliegen, zusätzlich noch der Grunderwerbsteuer zu unterwerfen sind.
Die Kläger erwarben gemeinsam durch notariellen Kaufvertrag vom 16.11.2005 von der Familie R. ein unbebautes Grundstück für einen Gesamtkaufpreis einschließlich Vermessungskosten in Höhe von 46.314 Euro. Das beklagte Finanzamt setzte die Grunderwerbsteuer zunächst mit Bescheiden vom 18.1.2006 in Höhe von zusammen 1.620 Euro (810 Euro x 2) fest.
Aufgrund weiterer Ermittlungen des beklagten Finanzamts stellte sich heraus, dass die Kläger im zeitlichen Zusammenhang mit dem Grundstückskaufvertrag einen Bauerrichtungsvertrag mit dem Bauunternehmen T&M GmbH (nachfolgend: T&M) über die Errichtung einer Doppelhaushälfte auf dem erworbenen Grund und Boden abgeschlossen hatten. Der Bauerrichtungsvertrag vom 30.11.2005 weist einen Gesamtpreis für ein künftiges „schlüsselfertiges Haus” in Höhe von 120.013 Euro (einschließlich 16 % Umsatzsteuer 2005) aus. Weiter stellte das beklagte Finanzamt fest, dass das Unternehmen E&E Baubetreuung GmbH (nachfolgend: E&E) bei der Bauplanung bezogen auf den konkret zu erwerbenden Grund und Boden beteiligt war. In einem E&E-Werbeblatt stellte sich die E&E als Baubetreuungsunternehmen vor, das Baukonzepte und Projektentwicklung anbot. Zudem wurde auf die Internetseite des Bauunternehmens T&M hingewiesen. Beide GmbHs stellten sich mit dem Logo „ein starkes Team E&E und T&M” als zusammenwirkende Unternehmen dar. Bezüglich des Baukonzepts enthielt das E&E-Werbeblatt folgenden Text:
„Wir sind keine Bauträger! Das heißt, wir planen für die uns angebotenen Grundstücke schöne Einfamilienhäuser/Doppelhäuser, ohne dass wir die Grundstücke ankaufen. Bei einem Doppelhaus bringen wir 2 Baupartner zusammen, die sich sonst nicht finden. Sie kaufen das Grundstück direkt von dem Eigentümer und das Haus direkt von dem von uns empfohlenen Bauunternehmen, T&M Baugesellschaft.…Ihr Vorteil: Sie haben es nur mit einem Ansprechpartner zu tun”.
Daneben wertete das beklagte Finanzamt einen Schriftwechsel zwischen E&E und T&M vom 18.10.2005 aus, nach dem die Kläger am 20.10.2005 einen Termin bei T&M wahrnehmen sollten. Hieraus habe sich auch der durch das Unternehmen T&M zu errichtende Haustyp, das zu bebauende Grundstück und der Kaufpreis für die Bauherren ergeben. Zwar wurde weiter festgestellt, dass personelle, wirtschaftliche oder gesellschaftsrechtliche Verbindungen zwischen den Grundstücksverkäufern (Familie R.) und den Unternehmen E&E bzw. T&M nicht bestanden hatten, dass aber E&E von den Grundstücksverkäufern die Erlaubnis erhalten hatte, die Grundstücke anbieten zu dürfen.
Das beklagte Finanzamt sah anhand der gesamten Umstände und auf der Grundlage der Rechtsprechung des II. Senats des Bundesfinanzhofs zum sogenannten einheitlichen Leistungsgegenstand einen objektiv engen sachlichen Zusammenhang zwischen dem Grundstückskaufvertrag und dem im zeitlichen Zusammenhang abgeschlossenen Bauerrichtungsvertrag als gegeben an und ging von einem „einheitlichen Vertragswerk” aus. Die Personenmehrheit auf der „Veräußererseite” habe aufgrund zielgerichteter Absprachen und aufgrund des abgestimmten Verhaltens auf die Vertragsabschlüsse hingewirkt. Die Kläger hätten den von der „Veräußererseite” vorbereiteten Geschehensablauf akzeptiert und durch den Abschluss der jeweiligen Verträge hingenommen. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses über den Grund und Boden hätten sich die Kläger bereits für die von E&E entwickelte Bauplanung entschieden gehabt. Unschädlich sei, dass der Bauerrichtungsvertrag zeitlich erst nach dem Grundstückskaufvertrag abgeschlossen worden sei, weil die Kläger aufgrund von Absprachen über die Vergabe des Bauauftrags „im Wort” gewesen und deshalb in ihrer Entscheidung über das „Ob” und „Wie” der Bebau...