Entscheidungsstichwort (Thema)

Bargelddiebstahl in der Privatwohnung als Betriebsausgabe. Einkommensteuer 1989

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Geldverluste können zu Betriebsausgaben führen, wenn das schadenstiftende Ereignis dem betrieblichen Bereich entstammt.

2. Wird betriebliches Barvermögen aus einer Privatwohnung entwendet, so ist für den entwendeten Betrag der Betriebsausgabenabzug zulässig, sofern zuvor keine Entnahmehandlung gegeben ist.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 1, 4

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 12.12.2001; Aktenzeichen X R 65/98)

 

Tenor

Der Einkommensteuerbescheid 1989 in der Fassung des Einspruchsbescheides wird dahingehend geändert, daß bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb weitere Betriebsausgaben in Höhe von 3.950 DM zum Abzug zugelassen werden. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Ausrechnung der Steuer wird dem Finanzamt übertragen. Die Revision wird zugelassen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 10 v.H. und der Beklagte zu 90 v.H. zu tragen.Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird Vollstreckungsnachlaß gegen Sicher heitsleistung gewährt.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob ein Bargelddiebstahl aus der Wohnung des Klägers (Kl.) als Betriebsausgabe (außerordentlicher Aufwand) bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb zu berücksichtigen ist.

Der Kl. betrieb im Streitjahr 1989 in C die Gast- und Speisewirtschaft „…” und erzielte hieraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Den Gewinn ermittelte er durch Betriebsvermögensvergleich gem. § 4 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG).

Am Abend des 4. September 1989 gegen 21.30 Uhr brachen Unbekannte in die vom Kl. und seiner Lebensgefährtin genutzte Wohnungein. Eine verschlossene Stahlblechkassette mit Einnahmen des Kl. der vorangegangenen Tage in Höhe von etwa 4.000 DM wurde in der Wohnung aufgebrochen, das Geld entnommen und die leere Kassette zurückgelassen. Eine weitere – aber unverschlossene -Stahlblechkassette mit Schmuck der Lebensgefährtin wurde ebenfalls leergeräumt und blieb am Tatort zurück. Der Kl. und seine Lebensgefährtin meldeten Bargeld, Münzen und Sparbücher als gestohlen. Der oder die Täter konnten nicht ermittelt werden.

Der Kl. bewahrte regelmäßig einen Teil seines betrieblichen Bargeldbestandes in seiner Wohnung – getrennt vom privaten Geld -in einer Stahlblechkassette auf. Er zählte täglich nach Geschäftsschluß die Kasse, errechnete daraus die Tageseinnahme, notierte die Einnahme und nahm den größten Teil mit in seine Wohnung. Als Wechselgeld beließ er jeweils Beträge zwischen 530 DM und 550 DM in der Gaststätte. Bis Ende 1987 brachte er die Wocheneinnahme und die eingenommenen Schecks am Ruhetag zur Bank, seit Februar 1988 am Tag nach dem wöchentlichen Ruhetag (Mittwoch). Am Morgen des Einbruchs betrug der Kassenbestand nach dem Kassenbuch 4.496 DM. Der Einbruchdiebstahl ereignete sich während des laufenden Betriebs der Gaststätte. Der Kl. bezifferte bei der Polizei den Bargeldverlust aus Geschäftsgeldern mit etwa 4.000 DM. Im Kassenbuch erfaßte er diesen Betragnicht sofort unter dem 4. September als Ausgabe. Zum Wochenabschluß vor dem Ruhetag, also am Mittwoch, den 6. September 1989, wies das Kassenbuch daher einen rechnerischen Bestand von 6.862,54 DM aus, in dem der bereits durch den Diebstahl verlorengegangene Betrag noch enthalten war. In die nächste Zeile trug der Kl. dann den Verlust von 4.500 DM durch Diebstahl ein.

Der Kassenbuchführung des Kl. lagen täglich zu Geschäftsschluß gefertigte Notizen über die Tageseinnahmen zugrunde. Daneben waren regelmäßig Barentnahmen im Kassenbuch mit Beträgen von meistens 100 DM eingetragen.

Die Original-Kassenbuchblätter übergab der Kl. auch nach dem Einbruchdiebstahl wie gewohnt seinem Steuerberater zur Kontierung und Erfassung in der Buchführung. Unter dem 6. September 1989 war auf diesen Blättern mit Bleistift in der Rubrik „Ausgaben” der Betrag 4.500 DM und in der „Text”-Spalte „Diebstahl” vermerkt. Außerdem war den Kassenbuchblättern bei Absendung an den Steuerberater mit einer Büroklammer folgende handschriftliche Notiz beigeheftet: „Am 04. September abends, Diebstahl Einbruch, wurden etwa 4.500 DM gestohlen”. Wegen der Einzelheiten wird auf das Kassenbuch und die Kopie der entsprechenden Kassenbuchseite (Bl. 104 der Einkommensteuerakte) Bezug genommen.

Der Steuerberater des Kl. erfaßte den gestohlenen Betrag als außerordentlichen Aufwand. Das Finanzamt (FA) veranlagte den Kl. insoweit antragsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Im Jahre 1993 führte das FA beim Kl. eine Außenprüfung durch. Der Betriebsprüfer gelangte zu der Überzeugung, der Bargelddiebstahlkönne nicht als außerordentlicher Aufwand berücksichtigt werden. Es handele sich vielmehr um eine Entnahme, der Verlust nicht am Tag des Diebstahls, sondern erst zwei Tage später im Kassenbuch eingetragen worden sei. Darin läge ein Mangel der Kassenführung. Gegen die entsprechende Änderung des Einkommensteuerbescheides 1989 richtet sich nach erfolglosem Einspruch die Klage.

Der Kl. ist der Ansicht, das in d...

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