vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Bestimmung der regelmäßigen Arbeitsstätte bei outgesourceten Arbeitnehmern

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Unterhält ein Stpfl. eigene betrieblich genutzte Räumlichkeiten oder eine Betriebsstätte in unmittelbarer räumlicher Nähe zu seiner Wohnung, sind die Fahrten von dort zu anderen Betriebsstätten zwecks Gleichbehandlung der Fahrtkosten von selbstständig und nicht selbstständig Tätigen von den Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte abzugrenzen.
  2. Erforderlich ist eine deutliche Grenzziehung zwischen dem privaten Bereich des Wohnens und der betrieblichen Betätigung.
  3. Das Eingebundensein von Räumlichkeiten in die Privatsphäre wird durch die betriebliche Nutzung des Raumes, einen separaten Eingang und die Lage in einem anderen Stockwerk i.d.R. nicht gelöst.
  4. Mietverhältnisse mit dem ArbG schließen grds. zwar die Anwendung des § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG aus, verhindern aber nicht, dass Betriebsstätten als Ausgangspunkt der täglichen Fahrten anzusehen sind, wenn die Räumlichkeiten so in die Privatsphäre eingebunden sind, dass die Wohnung als Ausgangs- und Endpunkt der täglichen Fahrten erscheint.
  5. Zum Mittelpunkt der Tätigkeit bei „outgesourceten ArbN”.
  6. Auch wenn eine ortsfeste Einrichtung dem ArbG nicht zuzurechnen ist, kann sie doch den Mittelpunkt der Tätigkeit des „outgesourceten ArbN” darstellen, wenn dieser die auswärtige Tätigkeitsstätte über Jahre hinweg anfährt.
 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 2, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4

 

Streitjahr(e)

1998

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 09.07.2009; Aktenzeichen VI R 21/08)

 

Tatbestand

Streitig ist die steuerliche Beurteilung von Fahrten zur Tätigkeitsstätte eines Arbeitnehmers als Dienstreisen oder als Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.

Die Kläger sind Ehegatten und werden im Streitjahr 1998 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Der Kläger war im Streitjahr als Gesellschafter-Geschäftsführer der X-Unternehmens-beratungs GmbH tätig. Seine GmbH-Beteiligung betrug 60 v.H. Die GmbH war unter der privaten Adresse der Kläger in G. gemeldet. Die GmbH hatte einen Raum (14 qm) im Erdgeschoss des im Eigentum der Kläger stehenden Zweifamilienhauses für 2.040 DM jährlich (einschließlich Umlagen) angemietet. Hier befand sich der Sitz der GmbH. Weitere Räumlichkeiten, die der GmbH zuzurechnen waren, waren nicht vorhanden. Im Rahmen seiner Arbeitnehmertätigkeit für diese GmbH war der Kläger ausschließlich für einen Kunden tätig, der Y-AG in W. Das Mandat zur Unternehmensberatung erhielt die X-Unternehmensberatungs-GmbH von der Z-Unternehmensberatungs-GmbH. Die Vertragsbeziehungen bestanden dabei allein zwischen der Z-Unternehmensberatungs-GmbH und der Y-AG. Im Rahmen dieser Unterbeauftragung war der Kläger ständig über Jahre in den Räumlichkeiten der Y-AG im Bereich EDV-Beratung tätig. Die von der Y-AG zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten wurden auch von weiteren Mitarbeitern der X- Unternehmensberatungs-GmbH und Z-Unternehmensberatungs-GmbH genutzt. In den angemieteten Räumlichkeiten in G. nahm der Kläger in erster Linie Aufgaben der Geschäftsführung war. Der gesamte Schriftverkehr und die Fachliteratur wurden hier aufbewahrt. Das Büro diente zudem der Vor- und Nachbereitung der Beratungstätigkeit für die Y-AG. In diesem Büroraum war auch die Klägerin, ebenfalls Angestellte der X- Unternehmensberatungs-GmbH, tätig.

Im Rahmen der Einkommensteuererklärung 1998 machte der Kläger Reisekosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit geltend. Hierzu reichte er eine Bescheinigung seines Arbeitgebers vom 1. April 1999 ein, in der bestätigt wurde, dass der Kläger in der Zeit vom 1. Januar 1998 bis zum 31. Dezember 1998 im Rahmen seiner Beratertätigkeit Dienstreisen durchgeführt habe und diese mit insgesamt 50.640 km x 0,42 DM = 21.268 DM erstattet worden seien. Des Weiteren wurde in einer beigefügten „Aufstellung der Reisekosten” erläutert, dass für den Kläger im Rahmen seiner Tätigkeiten als Unternehmensberater umfangreiche Reisetätigkeiten anfallen würden. Die abzugsfähigen Reisekosten betrugen nach der Berechnung des Klägers 5.065 DM (50.640 km x 0,52 DM = 26.332,80 DM, abzüglich steuerfreier Erstattungen i.H.v. 21.268 DM). Die Steuererklärung wurde unter Berücksichtigung der geltend gemachten Reisekosten mit dem Einkommensteuerbescheid vom 20. März 2000 bestandskräftig veranlagt.

Am 17. Juni 2003 ging beim Beklagten eine Kontrollmitteilung des Finanzamts Hannover-Land II aufgrund einer bei der X-Unternehmensberatungs-GmbH durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung ein. Die Lohnsteuer-Außenprüfung hatte festgestellt, dass der Kläger von seinem Arbeitgeber dauerhaft an derselben Arbeitsstätte eingesetzt und arbeitstäglich im Streitjahr vom Wohnort in G. nach W. zum Y-Werk gefahren war. Weiterhin wurde festgestellt, dass der Kläger im Streitjahr 1998 als Gesellschafter an der X- Unternehmensberatungs GmbH beteiligt und für die GmbH als Geschäftsführer tätig war. Die GmbH wa...

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