vorläufig nicht rechtskräftig

Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Abzweigung von Differenzkindergeld

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Für Freiberufler aus den Niederlanden in Deutschland gelten neben den Vorschriften über das Kindergeld in §§ 62 ff. EStG die europarechtlichen Regelungen über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer und die soziale Sicherheit für Wanderarbeiternehmer.
  2. Die Abzweigungsregelung in Art. 75 Abs. 2 EWGV 1408/71 setzt voraus, dass der „Selbstständige” in einer Versicherung der selbstständig Erwerbstätigen für den Fall des Alters versicherungs- oder beitragspflichtig tätig oder in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig ist. Steuerpflichtige, die in Deutschland eine Praxis für Krankengymnastik betreiben, zählen ebenso wie Ärzte, Architekten und Rechtsanwälte nicht dazu.
  3. § 74 EStG setzt eine Verletzung der gesetzlichen Unterhaltspflicht voraus. Ob eine vertragliche Unterhaltspflicht verletzt wird, insbesondere gegen eine zivilrechtliche Scheidungsfolgenvereinbarung verstoßen wird, ist nicht relevant.
 

Normenkette

EStG §§ 62, 63 Abs. 1, § 74; EWGV 1408/71 Art. 75 Abs. 2

 

Streitjahr(e)

1997

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 06.06.2006; Aktenzeichen III B 202/05)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin ab Juli 1997 Anspruch auf Abzweigung von Differenzkindergeld an sich hat.

Die Klägerin war mit dem Beigeladenen verheiratet und hat mit ihm zwei gemeinsame Kinder. Sie lebten mit ihren Kindern in den Niederlanden. Die Ehe wurde im Jahre 1997 geschieden, im Februar 1997 schlossen die Eheleute eine Scheidungsfolgenvereinbarung. Der Kläger zog nach Abschluss der Vereinbarung nach Deutschland. Die Klägerin ging im Streitzeitraum in den Niederlanden einer Angestelltentätigkeit nach. Der Beigeladene unterhielt in Deutschland eine Praxis für Krankengymnastik und erzielte hieraus im Jahr 1996 Einkünfte i.H.v. ca. ...DM. Laut der Vereinbarung steht ein Kindergeldanspruch der Klägerin zu. Der Beigeladene soll der Klägerin laut der Vereinbarung monatlich 625 DM je Kind zahlen, und zwar zeitlich begrenzt bis zu dem Zeitpunkt, wie die Kinder kein eigenes Einkommen haben. Außerdem sollte der Beigeladene für vier Jahre die (sog.) „oppaskosten” („Aufpasskosten”) für die Kinder übernehmen, die 600 DM betragen sollten, so dass sich insgesamt ein monatlicher Zahlbetrag von 1.850 DM (650 + 650 + 600).

Der Beigeladene zahlte an die Klägerin im Jahr 1999 insgesamt 19.750 DM, nämlich 10 x 1850 DM plus einmalig 1.250 DM Unterhalt.

Mit Datum vom 21.12.1999 stellte das niederländische Bureau V unter Berufung auf Artikel 75 Abs. 2 der VO (EWG) Nr. 1408/71 für die Klägerin einen Antrag auf Abzweigung des Unterschiedsbetrages zwischen den niederländischen und deutschen Kindergeldleistungen. Kurze Zeit später, am 29.12.1999, stellte der Beigeladene ebenfalls einen Antrag auf Zahlung des oben genannten Unterschiedsbetrages an sich und erklärte gleichzeitig, mit einer Abzweigung an die Klägerin nicht einverstanden zu sein, da er regelmäßig Unterhalt i.H.v. 1.850 DM monatlich überweise. Der Beklagte bewilligte und zahlte daraufhin dem Beigeladenen im Februar 2000 die beantragten Kindergeldleistungen und lehnte gleichzeitig den Antrag auf Abzweigung des Kindergeldes an die Klägerin mit der Begründung ab, der Beigeladene sei seiner Unterhaltspflicht in ausreichendem Umfang nachgekommen. Die von den Eheleuten geschlossene privatrechtliche Vereinbarung sei unbeachtlich. Der gegen den Ablehnungsbescheid von der Klägerin erhobene Einspruch wurde mit Entscheidung vom August 2000 als unzulässig verworfen, da die Klägerin durch den nicht an sie, sondern an das Bureau V gerichteten Bescheid vom Februar 2000 nicht beschwert gewesen sei.

Hiergegen richtet sich nunmehr die Klage. Die Klägerin ist der Auffassung, sie sei klage- und einspruchsbefugt. Auch in materieller Hinsicht habe sie Anspruch auf Abzweigung des Kindergeldbetrages an sich, da eine eindeutige vertragliche Vereinbarung mit dem Beigeladenen vorliege. Wenn sich der Beigeladene nicht daran halte, dass das gesamte Kindergeld – entsprechend dieser Vereinbarung – der Klägerin zufließt, verletze er seine gesetzliche Unterhaltspflicht, so dass eine Abzweigung des Kindergelddifferenzbetrages vorzunehmen sei.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 17.08.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ab dem Monat Juli 1997 das Kindergeld i.H. des Unterschiedsbetrages zwischen dem deutschen und niederländischen Kindergeld an die Klägerin nachzuzahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen

und ist nunmehr der Auffassung, die Klage sei unbegründet. Der Klägerin stehe kein Anspruch auf Abzweigung des Kindergeldes zu, denn der Beigeladene sei seinen gesetzlichen Verpflichtungen nachgekommen. Nicht entscheidend sei, ob er auch der vertraglichen Vereinbarung zwischen ihm und der Klägerin nachgekommen sei. Denn eine Verletzung der gesetzlichen Unterhaltsve...

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