vorläufig nicht rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Familienleistungsausgleich: Berücksichtigung eines noch nicht 25jährigen Reserveoffizier-Anwärters (Soldat auf Zeit)

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Zum Begriff der Berufsausbildung i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG.
  2. Ein Kind, das im Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit (SaZ) als Offizieranwärter zum Offizier des Truppendienstes ausgebildet wird, erfüllt die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG.
  3. Der dienstrechtliche Status des Anwärters als eines SaZ steht dem nicht entgegen.
  4. Auch der Beruf eines Reserveoffiziers ist ein Beruf i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG.
  5. In Berufsausbildung i. S. der vorgenannten Vorschrift befindet sich auch ein volljähriges Kind, dass das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und als SaZ zum Reserveoffizier ausgebildet wird.
 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4, § 70 Abs. 2, 4

 

Streitjahr(e)

2011

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 08.05.2014; Aktenzeichen III R 41/13)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte (Familienkasse) die Festsetzung des Kindergeldes für den volljährigen Sohn des Klägers (S), der sich seit Juli 2011 im Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit (SaZ) als Reserveoffizier-Anwärter in der Offizierausbildung befindet, für die Monate August 2011 bis Februar 2012 aufheben durfte.

Der Kläger ist der Vater zweier Kinder, hierunter der im Jahre 1991 geborene Sohn S. S erlangte im Juni 2011 die allgemeine Hochschulreife. (…)

Zum 1. Juli 2011 begann S seinen Dienst in der Bundeswehr, und zum 7. Juli 2011 wurde ihm unter Berufung in das Dienstverhältnis eines SaZ bei einer Offizieranwärter-Einheit der unterste Mannschaftsdienstgrad verliehen. S wird seit Dienstantritt zum Reserveoffizier ausgebildet, und zwar zunächst als sog. ROA-Bewerber und seit 1. Januar 2012 als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere der Reserve des Truppendienstes. Dementsprechend ordnete die zuständige Bundeswehr-Dienststelle an, dass S ab 1. Januar 2012 „im Schriftverkehr den Dienstgrad Obergefreiter (ROA) zu führen” habe. Die Ausbildung begann im Juli 2011 mit dem sechsmonatigen Offizieranwärterlehrgang.

S erzielte im Jahre 2011 Einkünfte i. S. des § 2 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von mehr als 10.000,00 €.

Die Familienkasse hob die Festsetzung des Kindergeldes für S ab August 2011 unter Hinweis auf § 70 Abs. 2 EStG auf. Die Voraussetzungen für die Berücksichtigung eines volljährigen Kindes beim Kindergeld lägen nicht vor. Insbesondere befinde sich S seit Beendigung der Schulausbildung nicht mehr in Ausbildung. Zugleich forderte die Familienkasse das für die Monate August bis November 2011 gezahlte Kindergeld in Höhe von 736,00 € zurück.

Den hiergegen eingelegte Einspruch wies die Familienkasse als unbegründet zurück. Die Ausbildung als Reserveoffizier-Anwärter könne nicht als Berufsausbildung i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG anerkannt werden, weil das Dienstverhältnis eines SaZ bei zweijähriger Dienstzeit (SaZ 2) weder unmittelbar auf die Ausbildung eines SaZ zum Offizier des Truppendienstes ausgerichtet sei noch mit der Ernennung zum Unteroffizieranwärter ende.

Zur Begründung seiner hiergegen erhobenen Klage verweist der Kläger auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 16. April 2002 VIII R 58/01 (BFHE 199, 111, BStBl II 2002, 523). Hiernach befinde sich ein Kind, das in der Dienststellung eines SaZ als Offizieranwärter zum Offizier ausgebildet werde, i. S. von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG in Berufsausbildung. Nichts anderes könne für seinen Sohn - dessen Dienstzeit im Jahre 2012 auf drei Jahre verlängert wurde - als Reserveoffizier-Anwärter gelten. Die Ausbildung und die abzulegenden Prüfungen seien für Offizieranwärter und Reserveoffizier-Anwärter identisch. Dadurch werde sein Sohn für die Ausübung des Offizierberufs befähigt. S könne sich bei der Bundeswehr über die zwei- bzw. dreijährige Dienstzeit hinaus weiterverpflichten und dann den Beruf des Offiziers ausüben.

Die Familienkasse ist der Klage entgegen getreten und nimmt zur Begründung im Wesentlichen auf die Einspruchsentscheidung Bezug. Ergänzend macht die Familienkasse geltend, die Tätigkeit als Reserveoffizier könne nicht als Erwerbsgrundlage gegen Entgelt ausgeübt werden. Anders als der Offizier des Truppendienstes scheide der Reserveoffizier regelmäßig kurz nach Abschluss seiner Ausbildung aus dem aktiven Dienst aus und werde Reservist. Daher diene die Ausbildung nicht der Vorbereitung auf ein Berufsziel, sondern der Gewinnung von geeigneten Reserveoffizieren für die Beorderungsreserve. Die erworbenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen seien keine Grundlage für die Ausübung eines zivilen Berufes. (…)

Der Berichterstatter hat gemäß § 79 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) von der für Ausbildungsfragen zuständigen Bundeswehr-Dienststelle (im Folgenden: die B) eine Auskunft zu Dauer, Ablauf und Inhalten der Ausbildung der Reserveoffizier-Anwärter beim...

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