vorläufig nicht rechtskräftig

Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [III R 3/11)]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zahlung von Differenz-Kindergeld zum niederländischen „Kinderbijslag” für ein minderjähriges Kind

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Der Zahlung von Differenz-Kindergeld zum niederländischen „Kinderbijslag” für ein minderjähriges Kind steht § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht entgegen.
  2. Für Personen, die in einem Staat wohnen und in einem anderen ihre Berufstätigkeit ausüben, kommt durch den Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts gegenüber dem einfachen Recht der Mitgliedsstaaten die Ausschluss- und Teilkindergeldregelung nicht zur Anwendung.
 

Normenkette

EStG § 65 Abs. 1 S. 1 Nr. 2

 

Streitjahr(e)

2005

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 30.01.2014; Aktenzeichen V R 38/11)

BFH (Urteil vom 30.01.2014; Aktenzeichen V R 38/11)

 

Tatbestand

Streitig sind die Rechtmäßigkeit der Aufhebung einer Kindergeldfestsetzung ab April 2005 sowie die hierauf gestützte Rückforderung von Kindergeld für den Zeitraum April 2005 bis Juni 2007.

Die Klägerin, die die niederländische Staatsangehörigkeit besitzt und mit ihrer Familie in der Bundesrepublik Deutschland wohnhaft ist, meldete ab Oktober 2002 in der Bundesrepublik eine selbstständig ausgeübte Tätigkeit im Rahmen eines von ihr betriebenen … an und bezog hier in der Folgezeit zunächst fortlaufend Kindergeld – zum Teil als Unterschiedsbetrag zum Kindergeld nach niederländischem Recht – für ihre Kinder F. (geboren im November 1983), D. (geboren im Oktober 1986) sowie L. (geboren im Juni 1989). Der Kindesvater und Ehemann der Klägerin, der ebenfalls die niederländische Staatsangehörigkeit besitzt, geht in den Niederlanden einer nichtselbstständigen Tätigkeit nach.

Nachdem die Klägerin auf einem Fragebogen zur Prüfung des Anspruchs auf Kindergeld im November 2006 keine Angaben zu der dortigen Nachfrage zu einer unselbstständig ausgeübten Tätigkeit gemacht, sondern lediglich ihre selbstständige Tätigkeit als … unter der Anschrift in der Bundesrepublik angegeben hatte, erklärte sie sowohl im April als auch im Juni 2008 auf entsprechenden Fragebögen, in den Niederlanden einer unselbstständigen Tätigkeit mit einem wöchentlichen Umfang von drei Stunden von Januar – Dezember nachzugehen. Eine selbstständig ausgeübte Tätigkeit gab sie daneben nur in dem im April 2008 ausgefüllten Fragebogen an. In dem Fragebogen aus Juni 2008 blieben die entsprechenden Felder zur selbstständigen Tätigkeit unausgefüllt (Blatt 49, 56 und 58 der KindergeldA).

Im Zusammenhang mit ihrer in den Niederlanden ausgeübten unselbstständigen Tätigkeit legte die Klägerin einen in niederländischer Sprache abgefassten Arbeitsvertrag vom 31. März 2005 vor. Hiernach wurde die Klägerin zunächst auf ein Jahr befristet ab dem 31. März 2005 als Arbeitnehmerin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mindestens zwei und höchstens zehn Stunden in der Woche in einem niederländischen … angestellt. Ab dem 31. März 2006 wurde der zunächst befristet abgeschlossene Arbeitsvertrag auf unbestimmte Zeit zu ansonsten unveränderten Bedingungen verlängert (vgl. Bl. 48 ff. der Gerichtsakte).

Mit Bescheid vom 1. September 2008 hob die beklagte Agentur für Arbeit … – Familienkasse – u.a. die gegenüber der Klägerin ergangene Kindergeldfestsetzung für L. ab April 2005 auf und forderte zugleich das für den Zeitraum April 2005 bis Juni 2007 insoweit ausgezahlte (Differenz-)Kindergeld in einem Umfang von 1.593 € (27 Monate x 59 €) zurück.

Während des hiergegen von der Klägerin geführten Einspruchsverfahrens erließ die beklagte Familienkasse aus anderen Gründen unter dem 24. September 2008 einen Teilabhilfebescheid.

Mit Einspruchsbescheid vom 26. September 2008 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Ob ein Anspruch auf Kindergeld nach den für die Bundesrepublik Deutschland maßgebenden Vorschriften bestehe, bestimme sich im Verhältnis zu anderen Staaten der Europäischen Union (EU) bzw. des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) nach den Regelungen der Verordnung (EWG) 1408/71 [VO] bzw. der hierzu ergangenen Durchführungsverordnung (EWG) 574/72 [VO]. Diese Verordnungen gingen als überstaatliche Vorschriften der deutschen Rechtsordnung vor und seien in Deutschland unmittelbar geltendes Recht (vgl. Art. 249 Abs. 2 des Vertrages über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft). Der persönliche Geltungsbereich der VO umfasse insbesondere Arbeitnehmer und Selbstständige sowie deren Familienangehörige und Hinterbliebene, wenn sie etwa Staatsangehörige eines EU-Staates seien und wenn für sie die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedsstaaten gelten oder galten (Art. 2 VO). Zum sachlichen Geltungsbereich der VO gehörten auch Familienleistungen wie das deutsche Kindergeld (Art. 4 Abs. 1 Buchstabe h VO). Der Zweck der VO bestehe darin, Kumulierungen und Überschneidungen der nationalen Rechtsvorschriften zu verhindern. Weise ein Antragsteller, der dem Geltungsbereich der VO unterfalle, Anknüpfungspunkte und Beziehungen zu mehreren EU-Mitgliedsstaaten au...

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