vorläufig nicht rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuerbefreiung für Privatlehrer

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Ein privater Lehrer (hier: selbstständige Dozentin für Englisch und Französisch) ist mit seinen Leistungen zwar nach nationalem Recht (§ 4 Nr. 21 UStG) nicht von der USt befreit. Der private Lehrer kann sich hinsichtlich der USt-Befreiung aber unmittelbar auf das Unionsrecht berufen – Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL.
  2. Der Begriff des „Privatlehrers” in Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL setzt nicht voraus, dass nach nationalem Recht eine Befähigung zum Lehramt durch Hochschulabschluss besteht.
 

Normenkette

UStG § 4 Nr. 21

 

Streitjahr(e)

2004, 2005, 2006

 

Tatbestand

Die Klägerin ist selbständige Dozentin für Englisch und Französisch. Sie ist u. a. bei der Volkshochschule im Landkreis X als Dozentin tätig. Außerdem betreibt sie seit dem Jahr 2004 das Lernstudio ABC, in dem sie selbst sowie ihre Mitarbeiterinnen Unterricht für Kinder und Erwachsene erteilen. Ferner ist die Klägerin für den M-Club tätig. Ihre Umsätze aus der Erteilung des Sprachunterrichts ließ die Klägerin im Wesentlichen für die Streitjahre steuerfrei. Sie berief sich in diesem Zusammenhang auf § 4 Nr. 21 Umsatzsteuergesetz (UStG). Bescheinigungen der zuständigen Landesbehörde gemäß § 4 Nr. 21 Buchstabe b bb) UStG für ihr Institut legte die Klägerin nicht vor. Aus einem Schreiben der Volkshochschule geht hervor, dass die Volkshochschule bzw. die von der Klägerin bei ihr gegebenen Kurse nicht die Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 Buchstabe a bb) UStG erfüllen.

Die Umsätze der Klägerin in den Streitjahren gliedern sich wie folgt:

2004 €

2005 €

2006 €

Gesamtumsätze lt. berichtigter Umsatzsteuerbescheide auf Grund der Außenprüfung (Bescheide vom 11.08.2008)

49.888,00

53.729,00

28.331,00

Davon entfallen auf Honorarkräfte (andere Sprachlehrer) lt. Aufstellung der Klägerin

13.881,71

15.515,82

5.506,20

Davon Umsätze aus Unterrichtsleistungen gegenüber der VHS des Landreises X

2.216,80

2.461,16

2.464,48

Umsätze als Lernstudio ABC und M-Club zusammen

33.789,49

35.752,02

20.360,32

Davon Umsätze für den M-Club lt. Feststellungen der Außenprüfung

23.434,25

23.061,60

0,00

Im Rahmen einer Außenprüfung wurden die von der Klägerin bisher steuerfrei belassenen Umsätze vom Beklagten (Finanzamt – FA –) der Umsatzsteuer unterworfen. Unter dem 11.08.2008 ergingen entsprechend geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre 2004 bis 2006. Die Umsatzsteuer wurde für das Jahr 2004 auf 6.294,06 €, für das Jahr 2005 auf 6.414,26 € und für das Jahr 2006 auf 3.240,07 € festgesetzt.

Das FA vertrat die Auffassung, dass die Umsatzsteuerbefreiung nicht gewährt werden könne, weil Klägerin die nach § 4 Nr. 21 Buchstabe a) Doppelbuchstabe bb) UStG erforderliche Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde nicht vorgelegt habe.

Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin Einspruch eingelegt, den das FA mit Einspruchsbescheid vom 24.10.2008 als unbegründet zurückgewiesen hat.

Hiergegen richtet sich die Klage, mit der die Klägerin weiterhin die Befreiung ihrer Umsätze von der Umsatzsteuer begehrt. Sie könne eine Bescheinigung i.S.d. § 4 Nr. 21 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa) UStG für das Lernstudio ABC nicht vorlegen. Für ihr Begehren auf Umsatzsteuerfreiheit berufe sie sich aber unmittelbar auf das Gemeinschaftsrecht. § 4 Nr. 21 UStG diene der Umsetzung des Artikel 132 Abs. 1 Buchstabe i und Buchstabe j der Mehrwertsteuersystemrichtlinie – MwStSystRl –. Möglich sei im Streitfall eine Umsatzsteuerbefreiung unter Berufung auf Artikel 132 Abs. 1 Buchstabe j der MwStSystRl. Diese Bestimmung verlange im Gegensatz zu § 4 Nr. 21 Buchstabe b bb) UStG nicht das Vorliegen einer Anerkennungsbescheinigung einer zuständigen nationalen Stelle. Es komme nach dieser Regelung lediglich darauf an, dass der Unterricht in eigener Verantwortung von dem Lehrer direkt erteilt werde. Entscheidend sei also lediglich die Art des Unterrichts. Dies habe der EuGH in seiner Entscheidung vom 28.01.2010 (Az. C-437/08 – Rechtssache Eulitz –) entschieden.

Daraus folge, dass die Umsätze, die die Klägerin durch eigene Unterrichtsleistungen in den Jahren 2004–2006 getätigt habe, unter Berufung auf Artikel 132 Abs. 1 Buchstabe j der MwStSystRl von der Umsatzsteuer freizustellen seien. Die Tatsache, dass das Lernstudio ABC nicht über eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde verfüge, habe lediglich zur Folge, dass der von den Honorarkräften durchgeführte Unterricht sowohl nach nationalem Recht als auch nach Unionsrecht der Umsatzsteuer zu unterwerfen sei. Hinsichtlich der Steuerbefreiung der Umsätze für den Unterricht, den die Klägerin selbst getätigt habe, könne sie sich aber auf Artikel 132 Abs. 1 Buchstabe j der MwStSystRl unmittelbar berufen. Mit diesem eigenen Unterricht sei die Klägerin als „Privatlehrerin” im Sinne des Unionsrechts tätig geworden. Der Nachweis einer besonderen Qualifikation werde vom Unionsrecht nicht gefordert. Soweit die Klägerin für den Mortimer-Englisch-Club tätig gewo...

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