Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Umsatzsteuerbefreiung für sozialpädagogische Betreuungsleistungen, die im Rahmen von Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen geleistet werden

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG setzt voraus, dass die danach steuerbefreiten Leistungen ihrer Art nach den Zielen in der Berufsaus- und Fortbildung dienen.
  2. Sozialpädagogische Betreuungsleistungen im Rahmen von Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen sind nicht gemäß § 4 Nr. 21 b UStG 1991 steuerbefreit.
  3. § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG und Art. 13 der 6. EG-Richtlinie sind als Steuerbefreiungsvorschriften und Ausnahmeregelungen nach allgemeinen Grundsätzen eng auszulegen.
  4. Wer sich auf eine Steuerbegünstigung beruft, ist für deren Voraussetzungen darlegungs- und beweispflichtig.
 

Normenkette

UStG § 4 Nr. 21 Buchst. b

 

Streitjahr(e)

1990, 1991, 1992, 1993, 1994

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 21.03.2007; Aktenzeichen V R 28/04)

 

Tatbestand

Die Klägerin führt Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen im Auftrag der Bundesanstalt für Arbeit– BAfA – und für den Arbeitsförderungsdienst der Bundeswehr durch. Sie veranstaltete in den Streitjahren – i.d.R. einjährige – Kurse in den Fachbereichen Gastronomie, Floristik, Textil und EDV / Schreibtechnik. Teilnehmer waren überwiegend Langzeitarbeitslose, Spätaussiedler und Asylanten. Für Aussiedler und Asylanten veranstaltete sie außerdem Deutschkurse. Die Entgelte für die Durchführung der Bildungsmaßnahmen gewährte die BAfA nach dem ArbeitsförderungsG – AFG – in Form von Lehrgangsgebühren, deren Höhe sich nach der Teilnehmerzahl richtete sowie Kosten für Lehr- und Lernmittel bis zu einem Pauschbetrag i.H.v. X DM mtl. Prüfungsgebühren und Kosten für Arbeitskleidung je Teilnehmer „auf Nachweis und Empfangsbestätigung”. Außerdem gewährte die BAfA auf besonderen Antrag für die sozialpädagogische Betreuung der Teilnehmer eines Lehrgangs mtl. Y DM.

Die Klägerin besitzt gem. Erlass des Nds MF v. 19.5.1994, Nds MinBl S 941, in Verbindung mit einer Bestätigung der BAfA eine Bescheinigung, dass sie eine Einrichtung i.S.v. § 4 Nr. 21 Buchst b UStG ist, die auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet. Aufgrund dieser Bescheinigung betrachtete sie sämtliche Zahlungen der BAfA als Entgelte für steuerbefreite Umsätze.

Im Anschluss an eine Betriebsprüfung beließ der Beklagte die Lehrgangsgebühren und einen Teil der Kostenerstattungen für Lehr- und Lernmaterial und Arbeitskleidung steuerfrei. Die Kosten für die sozialpädagogische Betreuung und für Lehr- und Lernmaterial und Arbeitskleidung, soweit es sich dabei nicht um selbsterstellte Gegenstände handelte, unterwarf er der Regelbesteuerung.

Gegen die entsprechend geänderten Bescheide für die Streitjahre wendet sich die Klägerin nach erfolglosem Einspruchsverfahren mit der Klage. Zur Begründung trägt sie vor: Die sozialpädagogische Betreuung gehöre unmittelbar zu den dem Schul– und Bildungszweck dienenden Leistungen gem. § 4 Nr. 21 UStG. Sie sei integraler Teil der Bildungsmaßnahme. Das ergebe sich aus den Ausschreibungen des Arbeitsamtes Nordhorn der BAFA, ihren, der Klägerin, Angeboten und aus der daraufhin erfolgten Auftragsvergabe. Durch die sozialpädagogische Betreuung würden den Teilnehmern an den Fortbildungsmaßnahmen Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt, die für die Berufstätigkeit, auf die die Schule vorbereite, förderlich seien. Entsprechend erkenne die Verwaltung die soziale Betreuung durch Berufsförderungswerke für Behinderte als steuerfreie Umsätze gem. § 4 Nr. 21 UStG an. Sie, die Klägerin, erbringe eine einheitliche Leistung. Der angestrebte Schul– und Bildungszweck könne nur unter Einbeziehung der sozialpädagogischen Betreuung erreicht werden. Die getrennte Abrechnung der Lehrgangsgebühren und der Kosten für die sozialpädagogische Betreuung stehe nicht entgegen. Letztere sei eine Nebenleistung zur Hauptleistung Aus– und Fortbildung. Außerdem besitze sie, die Klägerin, eine Bescheinigung gem. § 4 Nr. 21 UStG, die die durchgeführten Maßnahmen in ihrer Gesamtheit umfassten. Insoweit sei ein Vertrauenstatbestand entstanden.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Die Leistungen, für die die Klägerin die Steuerbefreiung begehrt, sind ...nicht begünstigt..

Gem. § 4 Nr. 21 Buchst b UStG 91/93 sind die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Umsätze privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen steuerfrei, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten.

Die Klägerin ist eine solche Einrichtung. Laut Erlass des Niedersächsischen Finanzministeriums v. 19.5.1994, Nds MinBl 1994,941 genügt die Bescheinigung der BAfA gem. § 34 AFG, die die Klägerin besitzt, den Anforderungen des § 4 Nr. 21 Buchst b UStG. Gegen diese Zuständigkeitsregelung bestehen von Gerichts wegen kein...

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