vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Zu den Gründen der sachlichen Unbilligkeit der Festsetzung einer Steuer.
  2. Die Billigkeitsmaßnahme im Sinne des § 163 AO ist eine Ermessensentscheidung, die nur in den durch § 102 FGO gezogenen Grenzen überprüft werden kann.
  3. Zum Normzweck des § 6b EStG als wirtschaftslenkende Vorschrift.
  4. Scheidet die Übertragung einer Rücklage nach § 6b EStG aus, weil infolge des Rechtsinstituts der mittelbaren Grundstücksschenkung die Herstellung des Reinvestitionsobjekts (noch) dem Schenker zuzurechnen ist, besteht keine Ermessensreduzierung des FA auf Null eine abweichende Steuerfestsetzung aus sachlichen Billigkeitsgründen nach § 163 AO vorzunehmen.
 

Normenkette

AO § 163; EStG § 6b

 

Streitjahr(e)

1996, 1997

 

Tatbestand

Der Kläger ist Landwirt und wurde in den Streitjahren einzeln zur Steuer veranlagt. Mit notariellem Hofübergabevertrag vom 18. August 1995 (Urkundenrollen-Nr. …) übernahm der Kläger mit Wirkung vom 1. Januar 1995 den landwirtschaftlichen Betrieb unentgeltlich im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unter Buchwertfortführung gemäß § 7 Abs. 1 Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV; § 6 Abs. 3 EStG) von seiner Mutter. Der Buchwertübergang umfasste dabei eine von der Mutter gebildete Rücklage gemäß § 6b EStG für Bodenveräußerungsgewinne der Wirtschaftsjahre 1992/93 in Höhe von 789.405,61 DM.

Mit Schenkungsvertrag vom gleichen Tag (Urkundenrollen-Nr. …) erhielt der Kläger von seiner Mutter einen Geldbetrag in Höhe von 600.000 DM unter der Auflage, diesen Betrag innerhalb einer Frist von 2 Jahren für die Herstellung eines Wohnhauses zu verwenden. Das Geld wurde entsprechend der Auflage verwendet und ein Mietwohnhaus mit Herstellungskosten in Höhe von 792.015,57 DM bis Ende 1996 errichtet. Schenkungsteuerrechtlich wurde die Übertragung des Geldes, entsprechend der ausdrücklichen Bezeichnung im Schenkungsvertrag, als mittelbare Grundstücksschenkung behandelt, d.h., mit dem Grundbesitzwert des Wohnhauses berücksichtigt. Ertragsteuerlich übertrug der Kläger die Rücklage nach § 6b EStG in Höhe von 781.405,71 DM auf die Herstellungskosten des Wohnhauses. Infolge der Reinvestition und einer weiteren Auflösung in Höhe von 8.000 DM war die Rücklage nach § 6b EStG zum 30. Juni 1997 nicht mehr vorhanden.

Im Rahmen einer beim Kläger durchgeführten Außenprüfung vertrat der Betriebsprüfer des Beklagten die Auffassung, dass der Vorgang auch ertragsteuerlich als (mittelbare) Grundstücksschenkung zu behandeln sei. Die Herstellung des Hauses sei der Mutter des Klägers zuzurechnen, soweit diese die Herstellungskosten getragen habe. Soweit der Kläger infolge der mittelbaren Grundstücksschenkung keine eigenen Herstellungskosten getragen habe komme eine Übertragung der Rücklage nach § 6b EStG nicht in Betracht und das Grundstück sei als Einlage gemäß § 4 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG mit den Herstellungskosten zu bewerten.

Der Betriebsprüfer ließ lediglich in Höhe der unmittelbar vom Kläger getragenen Herstellungskosten von 189.405,71 DM eine Übertragung der Rücklage nach § 6b EStG zu und löste die Rücklage in Höhe von 592.000 DM nach Ablauf der Reinvestitionsfrist zum 30. Juni 1997 (zwangsweise) unter Berechnung von Zinsen in Höhe von 142.080 DM gewinnerhöhend auf.

Der Beklagte folgte den Feststellungen der Betriebsprüfung und erließ entsprechend geänderte Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1996 bis 1999.

Hiergegen erhob der Kläger Einspruch. In seiner Begründung führte er aus, das Mietwohngrundstück nicht eingelegt, sondern selbst hergestellt zu haben. Zivilrechtlich seien die Herstellungskosten bei ihm angefallen. Er habe das Baumaterial eingekauft, die Händler beauftragt und sei aus den Verträgen Verpflichteter gewesen. Dabei sei unerheblich, ob er die Herstellungskosten mit Eigenmitteln, durch einen Bankkredit oder mit geschenkten Geldbeträgen finanziert habe. Das Mietwohnhaus sei in seinem Betriebsvermögen hergestellt worden, die dafür angefallenen Herstellungskosten gemäß § 255 Abs. 2 Handelsgesetzbuch (HGB) habe er aufgewendet. Damit habe er das Gebäude auch nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG in seinen Betrieb eingelegt. Eingelegt habe er allenfalls die ihm von seiner Mutter geschenkten Geldbeträge. Aufgrund unterschiedlicher Ansätze im Rahmen der Schenkung- bzw. Ertragsteuer komme es auch zu einer unterschiedlichen Beurteilung des gleichen Sachverhalts für die Schenkung- und Einkommensteuer. Es gebe keine sachliche Begründung dem von ihm errichteten Gebäude die Eignung als Reinvestitionsobjekt im Sinne des § 6b Abs. 1 Satz 2 EStG zu versagen, da der Zweck der Vorschrift auch bei einer mittelbaren Grundstücksschenkung erfüllt sei und die Mittel für begünstigte Wirtschaftsgüter im Sinne der Vorschrift verwendet würden.

Das Einspruchsverfahren ruhte zunächst bis zum Abschluss der beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängigen Verfahren IV R 9/06 und I...

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