vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuordnungsentscheidung für Gegenstand, der unternehmerischen wie nichtunternehmerischen Zwecken dienen soll

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Der Unternehmer hat hinsichtlich eines Gegenstandes, der sowohl für unternehmerische als auch für nichtunternehmerische Zwecke vorgesehen ist (sog. gemischte Nutzung) ein Zuordnungswahlrecht. Das gilt auch für gemischt genutzte Gebäude.
  2. Der Unternehmer kann den Gegenstand entweder insgesamt seinem Unternehmen zuordnen, oder ihn in vollem Umfang in seinem PV belassen, wodurch er dem MwSt-System vollständig entzogen wird oder ihn entspr. dem – geschätzten – unternehmerischen Nutzungsanteil seinem Unternehmen und im Übrigen dem nicht unternehmerischen Bereich zuordnen.
  3. Soll der Gegenstand insgesamt dem Unternehmen zugeordnet werden, ist im Zeitpunkt des Leistungsbezugs eine sofortige Zuordnungsentscheidung zum Unternehmen erforderlich.
  4. Die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs ist i.d.R. ein gewichtiges Indiz für die Zuordnung zum Unternehmen, die Unterlassung des Vorsteuerabzugs ein gewichtiges Indiz dagegen.
 

Normenkette

UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 9, 9a, § 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 S. 2

 

Streitjahr(e)

2004

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 07.07.2011; Aktenzeichen V R 42/09)

 

Tatbestand

Der Kläger war als Bezirkschornsteinfegermeister unternehmerisch tätig. In 2003 errichtete er zusammen mit seiner Ehefrau ein Gebäude auf dem Grundstück in S. Das Grundstück gehörte den Eheleuten je zur Hälfte. Die gesamte Wohn- und Nutzfläche des Gebäudes betrug 298,02 qm. Davon entfielen 123,75 qm (41,50 %) auf ein Büro, das vom Kläger für sein Unternehmen genutzt wurde. Im Übrigen nutzten der Kläger und seine Ehefrau das Gebäude zu eigenen Wohnzwecken. Der Kläger ordnete die Herstellungskosten und Vorsteuern den Nutzflächen im Einzelnen zu. In der Zeit vom 01.01. bis 31.12. 2004 entstanden Herstellungskosten in Höhe von brutto insgesamt 39.070,07 € (netto 33.762,72 €). Davon entfielen auf die Herstellung des Büros netto 6.019,49 € zuzüglich 923,82 € Umsatzsteuer und auf die Wohnung netto 27.743,23 € zuzüglich 4.383,53 € Umsatzsteuer. Die gesamten in den Jahren 2003 und 2004 entstandenen Herstellungskosten betrugen brutto 235.285,12 € (netto 202.915,98 €). Davon entfielen netto 70.084,30 € auf die Herstellung des Büros und 132.831,68 € netto auf die übrigen Herstellungskosten. In seiner Bilanz 2003 aktivierte der Kläger den betrieblich genutzten Gebäudeteil mit Nettowerten.

Mit Vertrag vom 31. Dezember 2003 vermietete die Ehefrau des Klägers ihren hälftigen Miteigentumsanteil an dem Büro sowie einen Anteil Nutz- und Betriebsfläche im Hausanbau (inklusive zwei Garagenstellplatzanteilen) mit Wirkung vom 1. Januar 2004 an den Kläger und optierte zur Umsatzsteuer.

Der Kläger war gemäß § 18 Abs. 2 Satz 2 UStG zur Abgabe monatlicher Umsatzsteuervoranmeldungen verpflichtet. Die Vorsteuern aus der Erstellung des Gebäudes in 2003 erklärte er unter Hinweis auf das Urteil des EuGH in der Rechtssache Seeling (Rs. C 269/00) erstmals und vollständig in seiner Umsatzsteuerjahreserklärung 2003, die am 20. Dezember 2004 beim Beklagten einging. Die in 2004 entstandenen Vorsteuern aus der Erstellung des Gebäudes erklärte er ebenfalls nicht in seinen Umsatzsteuervoranmeldungen, sondern erstmals in seiner Umsatzsteuererklärung 2004, die am 04. Oktober 2005 beim Beklagten einging. Die unentgeltliche Wertabgabe für das Jahr 2004 berechnete er in der Jahreserklärung auf eine Bemessungsgrundlage der Abschreibungen auf die Herstellungskosten des Wohnteils in Höhe von 132.831,68 € abzüglich Herstellungskosten ohne Vorsteuern in Höhe von 557,67 € mit 2 % von 66.137 € (132.274,01 € x 50 %) = 1.322,74 €. Nach einer Außenprüfung berücksichtigte der Beklagte die unentgeltliche Wertabgabe, indem er die Abschreibungen für die Berechnung der Bemessungsgrundlage auf einen Zeitraum von 10 Jahren verteilte in Höhe von 6.613 € (66.167 € x 10 %) und setzte die Umsatzsteuer entsprechend höher fest. Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein.

Im Rahmen des Einspruchsverfahrens berücksichtigte der Beklagte die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 19. April 2007 (Az. V R 56/04, BStBl II 2007, 676) zu § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG in der Fassung des EURLUmsG vom 9. Dezember 2004 (Bundesgesetzblatt I Seite 3310) sowie das BMF-Schreiben vom 13. April 2004, IV B 7-S 7206-3/04) und berechnete die unentgeltliche Wertabgabe für die Zeit vom 01. Januar bis 30. Juni 2004 auf der Grundlage einer Abschreibung von 2 % und für die Zeit ab 01. Juli 2004 auf der Grundlage einer Abschreibung von 10 %.

Danach ergab sich für das Jahr 2004 eine steuerpflichtige unentgeltliche Wertabgabe in Höhe von insgesamt 3.968,22 € (2 % von 66.137 € = 1.322,74 € x 50 % = 661,37 € und 10 % von 66.137 € = 6.613,70 € x 50 % = 3.306,85 €). Im Übrigen wies er den Einspruch als unbegründet zurück. Hiergegen richtet sich die Klage.

Der Kläger ist der Auffassung, er könne die Umsatzsteuer aus der Herste...

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