vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen von Sammelauskunftsersuchen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei der Überprüfung einer konkreten Tätigkeit des Finanzamts für Fahndung und Strafsachen (FA) auf Rechtmäßigkeit ist zu unterscheiden zwischen der Aufgabenzuweisung einerseits (§ 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 AO) und den zur Erfüllung dieser Aufgaben verliehenen Befugnissen andererseits (§ 208 Abs. 1 Satz 2 AO). Eine konkrete Maßnahme des FA ist rechtmäßig, wenn es sich im Rahmen des ihm zugewiesenen Aufgabenbereichs gehalten hat und ihm die in Anspruch genommene Befugnis nach dem Gesetz auch zusteht.

2. Will das FA im Besteuerungsverfahren zur Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle tätig werden, bedarf eines hinreichenden Anlasses für das Tätigwerden.

3. Ein hinreichender Anlass ist zu bejahen, wenn es bei einer Betriebsprüferin bei vier von vier überprüften Ärzten zu Differenzen zwischen Wareneinkauf und Erlösen hinsichtlich eines bestimmten Produktes mit der Folge nicht erklärter Betriebseinnahmen gekommen ist. Das legt den Schluss nahe, dass dieses Verhalten auch bei anderen Fachärzten feststellbar sein könnte.

4. Es reicht für ein Sammelauskunftsersuchen aus, wenn der/die in Anspruch Genommene im Stande ist, durch die geforderte Auskunft einen Beitrag zur Aufdeckung unentdeckter Steuerfälle zu leisten.

5. § 93 AO schreibt der Finanzbehörde eine Reihenfolge der als Auskunftspflichtige in Betracht kommenden Person nicht vor.

 

Normenkette

AO §§ 208, 93

 

Streitjahr(e)

2004

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 05.10.2006; Aktenzeichen VII R 63/05)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines gegenüber der Klägerin ergangenen Auskunftsersuchens.

Die Klägerin ist ein Pharmaunternehmen. Seit etwa 8 Jahren vertreibt sie das Produkt X. Im seinem Bereich ist das Produkt X praktisch das in Deutschland allein verwendete Präparat. Von den ca.…praktizierenden Fachärzten verwenden ca.…das Produkt X regelmäßig. In den Jahren 1999 bis 2003 verkaufte die Klägerin bei kontinuierlichem Anstieg des Absatzes ca.…Einheiten vom Produkt X pro Jahr zu einem Preis von jeweils ca. ... DM. Dementsprechend hat statistisch jeder Verwender pro Jahr zunächst rund…Einheiten des Produkt X verwandt, in den späteren Jahren ca.…Einheiten pro Jahr. Dabei ist es so, dass ca.…Fachärzte über 50 Einheiten pro Jahr verwenden.

Die Klägerin hat ihren Vertriebsweg in der Weise organisiert, dass sie „Produkt X” an Apotheken und Großhändler liefert. Im Einzelnen werden ca. 4-5 Großhändler mit einem Anteil von rund 10 % des Umsatzes und ca. 400 (von ca. 22.000 in Deutschland ansässigen) Apotheken beliefert. Bei den Apotheken entfallen über 2/3 des Umsatzes der Klägerin aus dem Vertrieb des „Produkt X” auf die 50 umsatzstärksten Apotheken.

Im Rahmen einer bei einem Facharzt von der Betriebsprüferin des örtlich zuständigen Finanzamtes (FA) durchgeführten Außenprüfung stelle die Prüferin fest, dass der Facharzt die Erlöse aus der Verwendung des Produkt X nicht vollständig der Besteuerung unterworfen hatte. Sie schaltete daraufhin den Beklagten (das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen – FAFuSt-) ein. Auch die folgenden drei bei Fachärzten durchgeführten Betriebsprüfungen ergaben Differenzen zwischen dem Einkauf des Produktes X und den daraus erzielten Erlösen.

Das FAFuSt stellte bei den daraufhin durchgeführten Ermittlungen fest, dass die betroffenen Fachärzte ihren Einkauf des Produkts X jeweils über mehrere verschiedene Apotheken abwickelten, während der Einkauf der sonstigen Medikamente regelmäßig über die (zumeist ortsansässige) Apotheke erfolgte. Die Honorare von rund…DM für die Anwendung des Produkt X, vereinnahmten die Ärzte zumeist in bar oder per Scheck von den Patienten. Diese Beträge wurden dann in der Buchführung nicht vollständig erfasst und damit auch nicht der Besteuerung unterworfen. Zu den vier Fällen der o. g. Betriebsprüferin erlangte das FAFuSt Kenntnis von zwei weiteren Betriebsprüfern, in denen Differenzen zwischen Wareneinsatz und Erlösen beim Produkt X festgestellt wurden. Von den sechs Fällen sind drei durch das FAFuSt abschließend bearbeitet. Die auf den Umsätzen bezüglich des Produktes Produkt X entfallenden Mehrsteuern betragen rund 4.000 DM, 12.400 DM und 44.300 DM. Die drei übrigen Verfahren befinden sich noch im Stadium der Betriebsprüfung. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des FAFuSt vom 16.09.2005 (Bl. 90 ff. Finanzgerichtsakte –FGA-) und die beigezogene Ermittlungsakte Bezug genommen.

Aufgrund dieser Feststellungen forderte das FAFuSt die Klägerin mit Bescheid vom 20. September 2004 auf, „zunächst die 50 Apotheken im Bundesgebiet, an die ihr Unternehmen in den Jahren 1999 bis 2003 die meisten Einheiten vom Typ „Produkt X” geliefert hat”, zu benennen. Weiterhin sollten Name und Anschrift der Apotheke und des Apothekers sowie die Anzahl der jeweils pro Jahr gelieferten Einheiten mitgeteilt werden.

Gegen dieses Auskunftsersuchen legte d...

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