Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenpflegerische Tätigkeit als Ausübung einer den Heilhilfsberufen ähnlichen freiberuflichen Tätigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Ein staatlich anerkannter Altenpfleger, der in der ambulanten Krankenpflege tätig wird und dafür pflegerische Hilfskräfte beschäftigt, unterliegt nicht der Gewerbesteuer, weil er eine einem Krankengymnasten oder Heilpraktiker ähnliche berufliche Tätigkeit ausübt.
  2. Nach dem Beschluss des BVerfG vom 29.10.1999 2 BvR 1264/90 (BStBl II 2000, 155) kann eine berufsrechtliche Regelung für die Umsatzsteuer keinen eigenständigen Differenzierungsgrund abgeben, von dem die Ähnlichkeit mit einer heilberuflichen Tätigkeit abhängig zu machen ist. Diese Rechtsgrundsätze gelten auch für die Ertragsteuer.
  3. Auch für die ertragsteuerliche Beurteilung kommt es entscheidend auf die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit an.
  4. Überwiegt die hauswirtschaftliche Versorgung als Teil der häuslichen Krankenpflege vom zeitlichen Umfang oder von der Bezahlung her nicht die tatsächliche Grund- und Behandlungspflege, dann gibt die hauswirtschaftliche Versorgung der Gesamtleistung nicht das Gepräge.
 

Normenkette

EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1; GewStG § 2 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.01.2004; Aktenzeichen IV R 51/01)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit als gewerbliche Tätigkeit zu beurteilen ist und damit der Gewerbesteuer unterliegt.

Der Kläger ist seit 1982 staatlich anerkannter Altenpfleger. Zum 1. Dezember 1983 meldete er ein Gewerbe an. Er bezeichnete die angemeldete Tätigkeit als “Ambulante Altenpflegestation”. Tatsächlich wurde er fortan in der ambulanten Krankenpflege tätig. Grundlage hierfür war die Vereinbarung des Klägers mit der AOK vom November 1984. Im Jahre 1984 erhielt der Kläger die amtsärztliche Erlaubnis subcutane Injektionen selbst durchzuführen.

In den Streitjahren beschäftigte der Kläger zwischen 3 und maximal 8 pflegerische Hilfskräfte. Diese wurden überwiegend auf der Basis geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse beschäftigt und entlohnt. Bis zum Jahre 1992 betrugen die Gehalts-/Lohnaufwendungen des Klägers jährlich weniger als 30.000 DM. Erst mit Beginn der Pflegeversicherung stiegen im Jahre 1993 sowohl die Erlöse als auch die Löhne und Gehälter stark an. Wegen Einzelheiten wird Bezug genommen auf die in der Bilanzakte enthaltenen Gewinnermittlungen für die Streitjahre.

Der Kläger schloss mit dem Verband der Angestellten-Krankenkassen sowie dem Arbeiter-Ersatzkassen-Verband in 1992 einen Vertrag nach § 132 Abs. 1 SGB V über die Durchführung der häuslichen Pflegehilfe gemäß § 55 SGB V. Dieser Vertrag trat zum 1. April 1992 in Kraft. Der Kläger verpflichtete sich hiernach die Versorgung der Versicherten mit häuslicher Pflegehilfe gemäß § 55 SGB V zu übernehmen. Mit Wirkung vom 1. März 1994 vereinbarte der Kläger mit dem Verband der Angestellten-Krankenkassen, dem Arbeiter-Ersatzkassen-Verband, der Innungskrankenkasse, der Arbeitsgemeinschaft der Betriebskrankenkassen sowie der Hannoverschen Landwirtschaftlichen Krankenkasse eine Regelung über häusliche Krankenpflege nach § 37 SGB V. Auch hiernach verpflichtete sich der Kläger zur häuslichen Krankenpflege, bestehend aus Grund- und Behandlungspflege sowie hauswirtschaftlicher Versorgung. Wegen der Einzelheiten des Vertrags wird Bezug genommen auf die zur Gerichtsakte genommene Vertragskopie .

Der Kläger betreut nach eigenen Angaben in den Streitjahren monatlich maximal bis zu 20 Patienten.

Der Beklagte nahm an, dass der Kläger eine gewerbliche Tätigkeit ausübe. Er setzte die Gewerbesteuermessbeträge für die Streitjahre 1989 bis 1993 dementsprechend fest. Der Kläger legte hiergegen Einspruch ein. Der Beklagte erließ am 23. Juli 1998 einen Einspruchsbescheid, durch den er die Einsprüche als unbegründet zurückwies. Der Einspruchsbescheid wurde mit einfachem Brief zur Post gegeben. Zustellungsadressat war der Prozessbevollmächtigte. Nachdem gegenüber dem Kläger durch die Gemeinde die Ankündigung der Vollstreckung erfolgt war, fragte der Prozessbevollmächtigte am 8. Februar 1999 nach dem Stand des Einspruchsverfahrens nach. Der Beklagte übersandte daraufhin dem Prozessbevollmächtigten Kopie der Einspruchsentscheidung mit Schriftsatz vom 12. Februar 1999.

Hiergegen richtet sich die bei Gericht am 15. März 1999 eingegangene Klage. Der Kläger trägt vor, er übe keine gewerbliche Tätigkeit aus. Zwar sei er von seiner ursprünglichen Ausbildung her Altenpfleger. Tatsächlich habe er in den Streitjahren eine vom Gesundheitsamt überwachte häusliche Krankenpflege erbracht. Hierzu habe er beim Gesundheitsamt erscheinen müssen und dort die Unterlagen über seine Tätigkeit vorlegen müssen. Die Überprüfung durch das Gesundheitsamt sei dann Voraussetzung für den Abschluss der Verträge über häusliche Krankenpflege mit den Krankenkassen gewesen. Diese Sachverhalte seien bereits Gegenstand einer finanzamtlichen Überprüfung in den Jahren 1986 und 1987 gewesen. Seither habe sich im Kern nichts verändert. Zur Überprüfung seien ...

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