rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Karenzzeit zur Verzinsung von Steuererstattungsansprüchen grds. 15 Monate; bei überwiegend land- und forstwirtschaftlichen Einkünften 21 Monate

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Der Zinslauf für Steuererstattungsansprüche beginnt grundsätzlich 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, § 233 a Abs. 2 AO.
  2. Überwiegen die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft bei der erstmaligen Steuerfestsetzung die anderen Einkünfte, beträgt die Karenzzeit 21 Monate.
  3. Liegen insgesamt positive Einkünfte vor, überwiegen die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft die anderen Einkünfte, wenn sie mehr als 50 v. H. ausmachen.
  4. Sind die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft negativ, so überwiegen die anderen Einkünfte, sofern sie entweder positiv oder aber in einem geringeren Maße negativ sind.
  5. Das „wirtschaftliche Gewicht" einer Einkunftsart wird nicht durch absolute Zahlen geprägt, da hohe Gewinne oder Verluste häufig von Zufälligkeiten oder Gestaltungsüberlegungen bestimmt sind.
 

Normenkette

AO § 233a Abs. 2

 

Streitjahr(e)

1991

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den Beginn der Verzinsung eines Einkommensteuererstattungsbetrages für das Jahr 1991.

Der Kläger (Kl.) gab seine Einkommensteuererklärung 1991 am 27.01.1993 beim Beklagten (Finanzamt — FA -) ab.

Der Kl. erklärte hierin folgende Einkünfte:

Land- und Forstwirtschaft (LuF)

./. 150.728,00 DM

Gewerbebetrieb

./. 3.119.539,00 DM

nichtselbständige Arbeit

56.674,00 DM

Kapitalvermögen

1.814.713,00 DM

Vermietung und Verpachtung

./. 97.106,00 DM

Das FA erließ unter dem 08.06.1994 einen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1991. Aufgrund von Steueranrechnungs- und Steuerabzugsbeträgen ergab sich ein Guthaben in Höhe von 933.441 DM für den Kl. Daneben setzte das FA Erstattungszinsen gem. § 233 a Abgabenordnung (AO) in Höhe von 37.336 DM fest. Den Zinsbetrag errechnete es aus dem abgerundeten Guthaben von 933.400 DM für den Zeitraum vom 01.10.1993 bis zum 11.06.1994 (acht volle Monate zu 0,5 v.H. = 4,0 v.H.). Das FA hatte demnach bei der Zinsfestsetzung eine Karenzzeit (§ 233 a Abs. 2 AO) von 21 Monaten zugrunde gelegt, da es die Auffassung vertrat, dass im vorliegenden Fall die Einkünfte des Kl. aus Land- und Forstwirtschaft (LuF) die anderen Einkünfte überwiegen.

Gegen diese Entscheidung hat der Kl. nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage erhoben. Mit seiner Klage vertritt er die Auffassung, dass die Zinsberechnung fehlerhaft sei. Zu Unrecht habe das FA im vorliegenden Fall eine Karenzzeit gem. § 233 a Abs. 2 AO von 21 Monaten angenommen. Diese verlängerte Karenzzeit komme nur dann in Betracht, wenn die LuF-Einkünfte die anderen Einkünfte überwiegen. Sei dies nicht der Fall, komme eine Karenzzeit von lediglich 15 Monaten in Betracht. Im vorliegenden Fall sei nicht davon auszugehen, dass die LuF-Einkünfte die anderen Einkünfte des Kl. überstiegen hätten. Die Ansicht des FA, wonach bei negativen Einkünften die LuF-Einkünfte die anderen Einkünfte dann überwiegen, wenn die LuF-Einkünfte in geringerem Maße negativ seien, sei nicht zutreffend.

Bei den zu vergleichenden Beträgen sei vielmehr auf absolute Werte — d.h. Zahlen, die nicht von einem Vorzeichen abhängig seien — abzustellen. Sodann seien die reinen Werte, unabhängig davon, ob sie positiv oder negativ seien, zu vergleichen.

Unter Zugrundelegung dieser Vergleichsmethode ergäben sich folgende Zahlen:

LuF

übrige

150.728,00 DM

3.119.539,00 DM

56.674,00 DM

1.814.713,00 DM

97.106,00 DM

Summe:

5.088.032,00 DM

Diese Vergleichsmethode berücksichtige Sinn und Zweck der verlängerten Karenzfrist von 21 Monaten. Die Verlängerung der Karenzzeit sei nämlich aufgrund eines Gesetzentwurfes des Bundesrates zum „Abbau steuerlicher Härten für die Landwirtschaft" am 06.08.1987 dem Deutschen Bundestag zugeleitet worden und habe im Steuerreformgesetz 1990 seine Berücksichtigung gefunden (BT-Drucksache 11/676). Die Verlängerung der Karenzzeit auf 21 Monate solle den regelmäßig abweichenden Wirtschaftsjahren bei LuF-Betrieben gem. § 4 a Einkommensteuergesetz (EStG) Rechnung tragen.

Soweit das FA auch für den vorliegenden Fall die verlängerte Karenzzeit anwende, sei dies nicht zutreffend, weil die verlängerte Karenzfrist gerade der Förderung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe dienen solle. Das Bestreben des Gesetzgebers sei so zu verstehen, dass nicht jeder Steuerpflichtige, der in geringerem Umfang Einkünfte aus LuF erziele, die verlängerte Karenzzeit von 21 Monaten bei der Berechnung der Zinsen zur Einkommensteuer berücksichtigen könne.

Der Kl. beantragt,

1. unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 28.06.1995 und Änderung des Bescheides für 1991 über Zinsen zur Einkommensteuer vom 08.06.1994 den Zinsanspruch des Kl. für 1991 auf 65.338 DM festzusetzen;

2. hilfsweise für den Fall des Unterliegens: die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt,

1. die Klage abzuweisen;

2. hilfsweise für den Fall des Unterliegens: die Revision zuzulassen.

Das FA ist der Auffassung, dass im Streitfall von einer verlängerten Karenzzeit von ...

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