Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld für den Zeitraum bis zur Wiedererteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Ausländer, dessen Aufenthaltsgenehmigung (als Aufenthaltserlaubnis) abgelaufen ist, kann auch für die Zeit nach Ablauf der bisher gültigen Erlaubnis bis zur Wiedererteilung der Erlaubnis Kindergeld beanspruchen, denn die ursprüngliche Aufenthaltsgenehmigung gilt für die Zeit nach Ablauf der bisher gültigen Erlaubnis bis zu deren Wiedererlaubnis auf Verlängerung fort.

 

Normenkette

EStG § 62 Abs. 1-2, § 63; AuslG §§ 15, 62, 69 Abs. 3

 

Streitjahr(e)

2002

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Beklagte für die Zeit vom August 2002 bis zum Januar 2003 die Kindergeldfestsetzung aufheben durfte, weil in dieser Zeit die Aufenthaltserlaubnis der Klägerin abgelaufen und die Verlängerung beantragt aber noch nicht erteilt war.

Die Klägerin ist Sozialhilfeempfängerin und jugoslawische Staatsangehörige (Kosovo-Albanerin). Sie hält sich seit dem Jahre 1999 in Deutschland auf. Sie ist die Mutter zweier, bei ihr lebender minderjähriger Kinder. Die Klägerin ist seit 2001 mit dem Vater der Kinder verheiratet. Der Kindesvater hat seit dem Mai 1999 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Die Klägerin erhielt im Juli 2001 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis nach § 15 Ausländergesetz (AuslG). Diese Erlaubnis war bis zum 16. Juli 2002 gültig.

Nach Ablauf der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis beantragte die Klägerin deren Verlängerung. Die Ausländerbehörde bescheinigte ihr am 22. Juli 2002 diese Antragstellung und gab ihr eine sog. Fiktionsbescheinigung, nach der ihr Aufenthalt nach § 69 Abs. 3 AuslG als erlaubt galt. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 18 der Kindergeldakte verwiesen.

Die Klägerin beantragte Kindergeld. Der Beklagte setzte mit Bescheid vom 17. April 2002 ab März 2002 Kindergeld fest.

Am 13. September 2002 machte die Gemeinde X gegenüber dem Beklagten einen Erstattungsanspruch wegen der von ihr geleisteten Sozialleistungen geltend.

Der Beklagte forderte darauf hin die Klägerin auf, die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nachzuweisen. Nachdem die Klägerin dieser Aufforderung nicht nachgekommen war, hob der Beklagte die Kindergeldfestsetzung mit Bescheid vom 26. November 2002 rückwirkend ab August 2002 auf und gab den Bescheid der Klägerin bekannt.

Hiergegen erhob die Gemeinde X in Vertretung der Klägerin Einspruch. Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsbescheid vom 7. Januar 2003 als unbegründet zurück.

Hiergegen richtet sich die Klage. Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stehe Kindergeld auch für den Zeitraum August 2002 bis Januar 2003 zu. In dieser Zeit sei sie zwar nicht im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis gewesen. Sie habe aber eine solche bereits im Juli 2002 beantragt gehabt und sich seitdem nach § 69 Abs. 3 AuslG berechtigt im Inland aufgehalten.

Die Klägerin erhielt im Februar 2003 die Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis. Der Beklagte setzte darauf hin während des Klageverfahrens Kindergeld wieder ab Februar 2003 fest. Die Beteiligten erklärten insoweit wegen Kindergeld ab Februar 2003 den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt.

Die Klägerin beantragt,

wie erkannt zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält an seiner Auffassung fest, Kindergeld stehe der Klägerin für den Zeitraum August 2002 bis Januar 2003 nicht zu. Die Klägerin sei in diesem Zeitraum nicht im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis gewesen. Aus welchen Gründen dies der Fall gewesen sei, sei unerheblich. Ein als erlaubt geltender Aufenthalt im Inland nach § 69 Abs. 3 AuslG erfülle nicht die Voraussetzungen für eine Kindergeldgewährung. Die nachträgliche Erteilung der Aufenthaltsgenehmigung entfalte keine Wirkung auf das Kindergeldrecht, auch wenn ausländerrechtlich eine Rückwirkung eintrete.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet. Der Beklagte hat zu Unrecht die Kindergeldfestsetzung ab August 2002 aufgehoben.

Der Klägerin steht auch für den Zeitraum August 2002 bis Januar 2003 Kindergeld zu. Die Klägerin ist als Mutter zweier zu berücksichtigender Kinder grundsätzlich nach § 62 Abs. 1 EStG i.V.m. § 63 EStG kindergeldanspruchsberechtigt. Dieser Anspruchsberechtigung steht nicht entgegen, dass die Klägerin Ausländerin ist.

Nach § 62 Abs. 2 Satz 1 EStG hat ein Ausländer zwar nur Anspruch auf Kindergeld, wenn er im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis ist. Diese Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt, weil die Klägerin schon in der Zeit vor August 2002 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis hatte, sich im Zeitraum August 2002 bis Januar 2003 nach § 69 Abs. 3 AuslG erlaubt im Inland aufhielt und ab Februar 2003 wieder über eine Aufenthaltserlaubnis verfügte.

Die erteilte Aufenthaltsgenehmigung als Aufenthaltserlaubnis eines Ausländers gilt auch für die Zeit nach Ablauf der bisher gültigen Erlaubnis bis zur Wiedererteilun...

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