Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuer 1995

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Gutachtertätigkeit eines Krankenpflegers für den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit ist keine „ähnliche heilberufliche Tätigkeit” i.S.d. § 4 Nr. 14 UStG.

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.06.2000; Aktenzeichen V R 72/99)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger ist gelernter Krankenpfleger und längere Zeit als Krankenpfleger in der Sozialstation tätig gewesen. Da er diese Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben konnte, bewarb er sich als selbständiger Pflegegutachter bei dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung. Für diesen führte er im Streitjahr Begutachtungen zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit aus.

Der Ablauf der Begutachtung war dabei folgender: Zunächst bekam der Kläger vom Medizinischen Dienst eine Akte ausgehändigt. In dieser Akte befand sich der Antrag desjenigen, der Leistungen aus der Pflegeversicherung begehrte. Gelegentlich befanden sich auch ärztliche Gutachten und Krankenhausberichte in der Akte, die der Kläger im Hinblick auf pflegerische Leistungen auszuwerten hatte. Der Kläger hatte keine eigene Diagnose zu stellen, sondern anhand der Diagnosen, die andere gestellt hatten, zu beurteilen, welche pflegerischen Maßnahmen notwendig sind. Dabei hatte er einen vom Medizinischen Dienst entwickelten Fragebogenauszufüllen, in welchem insbesondere abgefragt wurde, welche pflegerischen Leistungen erforderlich sind und wie lange diese dauern.

Als Entgelt erhielt der Kläger 65 DM pro Gutachten. Umsatzsteuer ist nicht ausgewiesen und auch nicht bezahlt worden.

Der Kläger hat die Umsätze in der Steuererklärung zunächst dem Regelsteuersatz unterworfen und ist vom Beklagten entsprechend unter Vorbehalt veranlagt worden. Später beantragte er im Wege der Änderung nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO), die Umsätze nach § 4 Nr. 14 Umsatzsteuergesetz (UStG) als umsatzsteuerbefreit anzuerkennen. Dem widersprach der Beklagte. Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Einspruch die Klage.

Der Kläger trägt vor, die Tätigkeit des Krankenpflegers sei eine „ähnliche heilberufliche Tätigkeit” i.S.d. § 4 Nr. 14 UStG. Der Beruf des Pflegegutachters sei durch die Einführung der Pflegeversicherung und die damit in Zusammenhang stehenden Pflegekassen neu entstanden. Voraussetzung für den Beruf des Pflegegutachters sei die berufliche Qualifikation des Krankenpflegers. Weil der Kläger diese besitze, seien die Umsätze aus der Gutachtertätigkeit schon aus diesem Grunde steuerfrei.

Sofern sich der Beklagte auf das entgegenstehende Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 11. November 1971 (V R 99/68, BStBl II 1971, 301) berufe, wonach die Gutachtenerstellung eines Arztes für Versicherungsträger nicht steuerfrei sei, sei anzumerken,dass dieses Urteil sich auf das alte Umsatzsteuerrecht bezogen habe. Zudem stehe dieses Urteil im Widerspruch zur herrschenden Lehre. Selbst die Verwaltung behandele die Gutachtertätigkeit des Arztes als umsatzsteuerbefreit, Abschn. 88 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 Umsatzsteuerrecht (UStR).

Der Kläger beantragt,

die Umsatzsteuer auf 0 DM festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, dass dem Krankenpfleger nach dem Gesetz über die Berufe in der Krankenpflege (KrankenpflegegesetzKrPflG –, vom 5. Juni 1985, BGBl I 1985, 893) vor allem die Planung, Organisation und Ausführung der Krankenpflege der Patienten übertragen sei. Ein Krankenpfleger, der ausschließlich gutachterlich tätig sei, übe keine Umsätze aus dieser Tätigkeit aus. Denn seine Tätigkeit komme nicht den Patienten, sondern dem medizinischen Dienst der Krankenversicherung zugute.

Ein Vergleich mit der gutachterlichen Tätigkeit des Arztes komme nicht in Betracht, da die diesem obliegende Ausübung der Heilkunde – anders als die Tätigkeit des Krankenpflegers – weiter gefasst sei und nur deshalb die Erstellung von Gutachten umfasse.

Die Befreiung nach § 4 Nr. 16 UStG sei nicht einschlägig, da ein allein gutachterlich tätiger Alten- bzw. Krankenpfleger nicht als Einrichtung i.S.d. § 4 Nr. 16 UStG anzusehen sei. Auch sei die Tätigkeit eines Alten- und Krankenpflegers, wenn er im übrigen Umsätze i.S.d. § 4 Nr. 16 e UStG erziele, nicht steuerfrei, da insoweit kein mit dem Betrieb dieser Einrichtungeng verbundener Umsatz vorliege.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Finanzgerichtsakte Bezug genommen. Dem Gericht haben die Steuerakten des Klägers zu Steuernummer … vorgelegen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Die Umsätze des Klägers aus seiner Gutachtertätigkeit sind nicht nach § 4 Nr. 14 UStG umsatzsteuerfrei. Eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 e UStG scheidet ebenfalls aus. 1. Nach § 4 Nr. 14 UStG sind die Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Krankengymnast, Hebamme oder aus einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (...

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