rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung eines faktischen Geschäftsführers nach §§ 35, 69 AO

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Verfügungsberechtigter i. S. des § 35 AO ist jeder, der wirtschaftlich über Mittel, die einem Angehörigen gehören, verfügen kann und als Verfügungsberechtigter auftritt.
  2. Das Verhalten als faktischer Geschäftsführer hat zur Folge, dass dieser die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters der GmbH hat.
 

Normenkette

AO §§ 34-35, 69, 191

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 24.03.2009; Aktenzeichen VII B 178/08)

 

Tatbestand

Streitig ist die Haftung des Klägers nach §§ 34, 35 i.V.m. 69 Abgabenordnung (AO).

Der Kläger war Mitgesellschafter der X-GmbH (GmbH). Die GmbH wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 3. April 1996 gegründet. Gesellschafter waren zunächst der Kläger, Y und T. Geschäftsgegenstand der GmbH war die Betonstahlverlegung. Als Geschäftsführer wurden zunächst die drei Gesellschafter bestellt.

Am 10. Dezember 1999 wurde die Auflösung der GmbH durch die Gesellschafter beschlossen. Als Liquidator wurde der Kläger bestellt. Die Auflösung der GmbH wurde trotz gerichtlicher Aufforderung zur Auflösung, Eintragung des Liquidators im Handelsregister und Verhängung eines Zwangsgeldes nicht durchgeführt.

Am 14. März 2002 übertrugen die Gesellschafter die Anteile an der GmbH auf B. Sie wurde gleichzeitig anstelle der bisherigen drei Geschäftsführer zur neuen Geschäftsführerin bestellt. Am 10. März 2004 erfolgte die Eintragung von B als Geschäftsführerin der GmbH in das Handelsregister. Dagegen erhob B Widerspruch beim zuständigen Registergericht.

Am 21. Januar 2003 beschlossen die bisherigen drei Gesellschafter, obwohl im März 2002 die Anteile an der GmbH auf B übertragen worden waren, den Auflösungsbeschluss der Gesellschaft aufzuheben. Zu Geschäftsführern beriefen die bisherigen drei Gesellschafter sich selbst. Die entsprechenden Eintragungsanträge beim Registergericht zogen die Gesellschafter später zurück.

Im Jahr 2004 wurde die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH beantragt. Am 8. Juni 2004 wurde ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt und angeordnet, dass Verfügungen nur mit dessen Zustimmung wirksam sind. Mit Beschluss des Amtsgerichts C vom 2. August 2004 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet. Am 13. März 2007 stellte das Amtsgericht C das Insolvenzverfahren mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse ein.

Die GmbH hinterließ u.a. folgende Abgabenrückstände: Umsatzsteuer 2002 in Höhe von 37.377,92 EUR, Umsatzsteuer 2003 in Höhe von 43.847,04 EUR, Körperschaftsteuer 2002 in Höhe von 8.579,00 EUR, Solidaritätszuschlag 2002 in Höhe von 471,84 EUR und Zinsen zur Umsatzsteuer 2002 in Höhe von 560,00 EUR. Insgesamt betrug die Summe 90.835,80 EUR. Diese Abgabeforderungen wurden durch Schätzungsbescheide vom 28. Juni 2004 festgesetzt.

Der Kläger wurde für diese Forderungen durch Haftungsbescheid vom 7. Juli 2005 in Anspruch genommen. Als Pflichtverletzung wurde dem Kläger vorgeworfen, er habe als faktischer Geschäftsführer für die Monate März 2002 bis Dezember 2003 keine Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben und habe auch keine Jahreserklärungen für die Umsatzsteuer 2002  und 2003 sowie für die Körperschaftsteuer 2002 abgegeben. Der dagegen eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsbescheid vom 15. November 2006 teilweise als unbegründet zurückgewiesen. Die Haftungssumme wurde unter Berücksichtigung einer Haftungsquote von 90 v.H. auf 74.031,12 EUR reduziert. Gegen den Einspruchsbescheid erhob der Antragsteller am 19. November 2006 Klage.

Der Kläger trägt vor, nach der Übertragung der Anteile auf B sei diese Geschäftsführerin der GmbH gewesen. Dies habe sie gegenüber Dritten auch kund getan. Sie habe Personal eingestellt und entlassen. Sie habe auch das Büro geführt und die Löhne ausgezahlt. Der Kläger sei lediglich als Bauleiter bei der GmbH beschäftigt gewesen. Er habe nur die Auftragsabwicklung vor Ort getätigt. Er nahm aber auch Aufträge in Absprache mit B an. Der Kläger habe neben seiner Tätigkeit auf der Baustelle mit dem Geschäftsablauf nichts zu tun gehabt. In der Zeit, in der B in Kur war (Sommer 2003) habe er Löhne in Bar vom Geschäftskonto abgeholt und an die Arbeitnehmer gezahlt. Hierzu sei er durch die B mit einer Bankvollmacht ausgestattet worden. Der Kläger habe den Strafbefehl akzeptiert, weil es ansonsten wegen der Vernehmung von Zeugen zu erheblichen weiteren Kosten gekommen wäre.

Der Kläger beantragt,

den Haftungsbescheid vom 7. Juli 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. November 2006 und des berichtigten Haftungsbescheides vom 12. März 2007 ersatzlos aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, dass der Kläger auch nach der Bestellung der B als Geschäftsführerin im März 2002 als faktischer Geschäftsführer für die GmbH tätig war.

Im Klageverfahren berichtigte der Beklagte den Haftungsbescheid mit Bescheid vom 12. März 2007 nach § 129 AO. Die Haftungssumme wurde wegen eines ...

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