vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerbesteuerliche Dauerschuldzinsen bei Factoring

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Zum Begriff der Dauerschulden nach § 8 Nr. 1 GewStG.
  2. Dient ein Kredit der Beschaffung des eigentlichen Dauerbetriebskapitals, das dem Betrieb nach seiner Eigenart, seiner besonderen Anlage und seiner Gestaltung ständig zur Verfügung stehen muss, handelt es sich im Zweifel um eine Dauerschuld. Dies sind vor allem Kredite mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr.
  3. Zwar sind Kontokorrentschulden regelmäßig Verbindlichkeiten des laufenden Geschäftsverkehrs, indes können Verbindlichkeiten auch dann Dauerschulden sein, wenn sie in ein Kontokorrentverhältnis i. S. des § 355 HGB eingestellt werden.
  4. Das ist der Fall, wenn aus den Gesamtumständen der Kreditgewährung und der Kreditabwicklung gefolgert werden muss, dass trotz der gewählten äußeren Form des Kontokorrentverhältnisses dem Unternehmen ein bestimmter Mindestkredit dauerhaft gewidmet werden soll.
  5. Ob im Einzelfall die Finanzierung laufender Geschäftsvorfälle oder eine Dauerschuld vorliegt, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung der tatsächlichen Verhältnisse festzustellen.
  6. Ein Factoring-Vertrag, der sich nicht ausschließlich als Forderungsverkauf darstellt, sondern eine am Bedarf der Stpfl. ausgerichtete entgeltliche Vorfinanzierung beinhaltet, kann zu einer Dauerschuld führen.
 

Normenkette

GewStG § 8 Nr. 1

 

Streitjahr(e)

1998

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 06.06.2013; Aktenzeichen IV R 28/10)

BFH (Urteil vom 06.06.2013; Aktenzeichen IV R 28/10)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Zinsaufwendungen in Zusammenhang mit einem Factoring-Vertrag Entgelte für Dauerschulden im Sinne von § 8 Nr. 1 des Gewerbesteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (GewStG) darstellen.

Die Klägerin stellt Konfitüren, Fruchtsirupe sowie Fruchtfüllungen her und vertreibt ihre Produkte an den Einzelhandel, Großverbraucher und die Backindustrie.

Am 5. Dezember 1997 schloss sie mit der D GmbH (mittlerweile umfirmiert in F GmbH – F) – einer auf Factoring spezialisierten Finanzdienstleisterin – einen Factoring-Vertrag (FV).

Danach verpflichtete sich die Klägerin, F alle nach Vertragsabschluss entstehenden Forderungen aus Warenlieferungen mit einem vereinbarten Zahlungsziel von maximal 90 Tagen zum Kauf anzubieten und trat die Forderungen einschließlich aller Nebenrechte – wie insbesondere des Vorbehalts- und Sicherungseigentums – zugleich aufschiebend bedingt ab (Nr. 1.1, 5.1, 5.9 FV). Die Annahme des Kaufangebots durch F erfolgte durch Gutschrift des Kaufpreises für die Forderung auf einem Abrechnungskonto (Nr. 1.5 FV).

F verpflichtete sich im Gegenzug, die angebotenen Forderungen unter Berücksichtigung vereinbarter Kauflimite anzunehmen (Nr. 2.1 und 3 FV). Als Limite waren sowohl eine Gesamtsumme von anfänglich xx Mio. DM festgelegt als auch Höchstgrenzen für einzelne Debitoren vereinbart. Für alle angekauften limitgedeckten Forderungen trug F das Risiko der Zahlungsunfähigkeit der Schuldner (Delkredere) nach den in Nr. 4.2 ff. FV dargelegten Grundsätzen, Nr. 4.1 FV). Die Klägerin haftete dagegen weiter für den rechtlichen Bestand, d.h. für die Verität der Forderungen (Nr. 6.1 FV).

Als Kaufpreis vereinbart war der Rechnungsbetrag (Zahlungsanspruch) abzüglich einer Factoring-Gebühr (laut Anlage zum FV grundsätzlich 0,40 % vom fakturierten Umsatz, mindestens xxx DM pro Monat) und eines gesondert vereinbarten und ggf. anzupassenden Zinses (3-Monats-FIBOR + 3,00 % laut Anlage zum FV) für die tatsächliche Laufzeit der Forderung (Zahlungseingang bei F bzw. Delkredere-Fall) (Nr. 7.1 FV). Fällig war die Kaufpreisforderung bei Zahlungseingang bei F, spätestens bei Eintritt des Delkredere-Falls (Nr. 7.2. FV). Zur Finanzierung sah Nr. 7 FV weiter vor:

3. F gewährt Vorauszahlungen auf den Kaufpreis der gekauften Forderungen bis zur Höhe von 90 % des Gegenwertes der Brutto-Rechnungsbeträge. Die Gutschrift erfolgt unter Abzug der Factoring-Gebühr nach Einreichung und Überprüfung der Rechnungen. …

4. Die Vorauszahlungen werden einem bei F geführten Kontokorrentkonto belastet. Die in Anspruch genommenen Beträge auf dem Kontokorrentkonto sind einem nach besonderer Vereinbarung festgelegten Satz kontokorrentmäßig zu verzinsen, und zwar für die Zeit von der Inanspruchnahme bis zum Zahlungseingang bei F. Erstmals 100 Tage nach Fälligkeit der Forderung, spätestens aber 280 Tage nach Fälligkeit, kann der Kunde Leistungen aus der Delkredereübernahme beantragen.

5. F ist befugt, den Prozentsatz der Vorauszahlung jederzeit den veränderten wirtschaftlichen Verhältnissen des Kunden anzupassen.

6. Factoring-Vorauszahlungen dienen zur Finanzierung des Umlaufvermögens des Kunden, insbesondere zur Bezahlung der Lieferanten-Verbindlichkeiten und der Skontoausnutzung. Der Kunde wird F auf Anforderung Aufstellungen seiner Lieferanten- und Wechselverbindlichkeiten sowie jede andere gewünschte Unterlage zur Verfügung stellen.

7. Im Falle der Kündigung oder sonstigen B...

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