vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [X R 29/09)]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum sachlichen Anwendungsbereich der Öffnungsklausel in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a) bb) Satz 2 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Eine verfassungskonforme erweiternde Auslegung der Öffnungsklausel des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a bb Satz 2 EStG in dem Sinn, dass bei Prüfung der Überschreitung der Beitragshöchstgrenze die von einem Beamten erdienten Pensionsanwartschaften fiktiv in Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung umgerechnet und bei der Überprüfung der Höchstgrenze zu den von diesen ggf. gezahlten freiwilligen Beiträgen hinzu addiert werden, ist nicht zulässig. Eine solche Auslegung würde der Intention des Gesetzgebers zuwiderlaufen.
  2. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a aa EStG verstößt hinsichtlich der Erfassung von Leibrenten aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen nicht gegen das Verbot der doppelten Besteuerung, wenn eine solche beim konkreten Stpfl. nicht eingetreten ist.
  3. Die Vorschrift führt im Zusammenwirken mit der Anrechnung von Teilen einer Leibrente auf eine Beamtenpension nach § 55 BVG nicht zu einer verfassungswidrigen Benachteiligung des Stpfl.
 

Normenkette

EStG § 22 Nr. 1 S. 3

 

Streitjahr(e)

2005

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 30.09.2015; Aktenzeichen 2 BvR 1961/10)

BFH (Urteil vom 18.05.2010; Aktenzeichen X R 29/09)

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten der sachliche Anwendungsbereich der Öffnungsklausel in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a) bb) Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) i. d. Fassung des Gesetzes zur Neuordnung der einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen (Altererseinkünftegesetz – AltEinkG) vom vom 5. Juli 2004 (BGBl. I S. 1427) bei der Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr 2005.

Der am xxx 1938 geborene Kläger wurde mit seiner Ehefrau, der Klägerin, im Streitjahr zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Seit 1975 war er als verbeamteter Chefarzt tätig. Aufgrund seiner vorhergehenden rentenversicherungspflichtigen Tätigkeit bei seinem späteren Dienstherrn in den Jahren 1964 bis 1974 war er auch als Beamter zur Leistung freiwilliger Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung bei der N. Ä., Einrichtung der Ärztekammer N. – Körperschaft des öffentlichen Rechts – berechtigt. In der Zeit vom 1. Januar 1975 bis zum 31. Januar 2000 leistete er für einen Zeitraum von 301 Monaten freiwillige Beiträge in Höhe von insgesamt 104.433,50 DM. In der Zeit vom 1. Januar 1964 bis 31. Dezember 1974 wurden für den Kläger Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 32.506,64 DM entrichtet, wobei der Arbeitnehmeranteil 50 v. H. betrug.

Mit Rentenbescheid vom 15. Februar 2000 gewährte die N. Ä. dem Kläger eine Berufsunfähigkeitsrente. Die Rente wurde ab Februar 2000 gewährt und betrug anfangs monatlich 4.082,87 DM einschließlich eines Kinderzuschusses zunächst für seine drei, später zwei Kinder in Höhe von 942,21 DM. Ausweislich der Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2004 wurden die erhaltenen Zahlungen unter Berücksichtigung eines Ertragsanteils von 4 v. H. als steuerpflichtige Einnahmen bei den sonstigen Einkünften des Klägers berücksichtigt. Zum 8. November 2003 wurde die Berufsunfähigkeitsrente wegen des Erreichens des 65. Lebensjahres in eine Altersruherente umgewandelt mit der steuerrechtlichen Folge, dass bis einschließlich des Veranlagungszeitraums 2004 nunmehr ein Ertragsanteil von 27 v. H. berücksichtigt wurde. Insgesamt stellt sich die steuerrechtliche Behandlung der Rentenbezüge des Klägers in den Jahren 2000 bis 2004 wie folgt dar:

Veranlagungsjahr

Erhaltene Rentenzahlungen

Ertragsanteil

Nicht steuerbare Einnahmen

2000

44.911,57 DM

4 v. H.

43.115 DM

2001

49.288,44 DM

4 v. H.

47.317 DM

2002

23.262,34 €

4 v. H.

22.332 €

2003

18.254 €

4 v. H.

17.524 €

3.230 €

27 v. H.

2.358 €

2004

19.385 €

27 v. H.

14.151 €

Summe:

200.672 DM

Der Kläger wurde im Jahr 2003 als Beamter in den Ruhestand versetzt und erhielt seitdem ein Ruhegehalt. Bei der Bemessung des auszuzahlenden Ruhegehalts wurde der Teil der Rentenbezüge nach § 55 Abs. 1 Nr. 4 des Gesetzes über die Versorgung der Beamten und Richter des Bundes (BeamtenversorgungsgesetzBeamtVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. März 1999 (BGBl. I S. 322, ber. S. 847 und 2033) angerechnet, der auf die Beiträge entfiel, zu denen auch der Arbeitgeber die Hälfte geleistet hatte, also derjenigen für die Zeit vom 1. Januar 1964 bis zum 31. Dezember 1974. Die Rentenbezüge, die aus den freiwillig gezahlten Beiträgen des Klägers resultierten, wurden dagegen nach § 55 Abs. 4 Nr. 1 BeamtVG nicht berücksichtigt.

Im Streitjahr 2005 bezog der Kläger als pensionierter Beamter neben Versorgungsbezügen in Höhe von 28.433 € auch Renteneinnahmen aus seiner Leibrente bei der Nordrheinischen Ärzteversorgung in Höhe von 19.385 €. Bei der Veranlagung wurde die Altersrente gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a) aa) EStG bei seinen sonstigen Einkünften in H...

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