Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Auswirkung von Ausbildungs- und Kinderfreibeträgen auf die Höhe des nicht ausgeglichenen Verlusts und des Verlustabzugs

 

Leitsatz (redaktionell)

Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass sich Grund- und Kinderfreibetrag nicht mehr auswirken, wenn sich bereits aufgrund des Verlustabzugs ein zu versteuerndes Einkommen von 0 DM ergibt.

 

Normenkette

EStG § 10d Abs. 2 S. 1

 

Streitjahr(e)

1990

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 17.02.2005; Aktenzeichen XI B 138/03)

 

Tatbestand

Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer auf den 31.12.1990. Die Beteiligten streiten um die Vereinbarkeit von § 10 d Abs. 2 Satz 1 Einkommensteuergesetz i.d.F. des Streitjahres (EStG) mit dem Grundgesetz (GG).

Die Klägerin wird mit ihrem Ehemann zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie erzielte in den Veranlagungszeiträumen 1985 und 1986 erhebliche Verluste aus einem Gewerbebetrieb. Der damaligen Rechtslage entsprechend wurden die Verluste noch nicht gesondert festgestellt. Ausweislich der der Klägerin erteilten Einkommensteuerbescheide für die Veranlagungszeiträume 1985 bis 1990 ging der Beklagte von folgenden Besteuerungsgrundlagen aus:

Jahr

Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Gesamtbetrag der Einkünfte

Sonderausgaben

Ausbildungsfreibetrag

Kinderfreibetrag

1985

-224.398 DM

-198.566 DM

11.719 DM

432 DM

1986

-192.609 DM

-165.698 DM

10.680 DM

1.800 DM

2.484 DM

1987

34.199 DM

9.182 DM

1.355 DM

2.484 DM

1988

-6.778 DM

33.979 DM

9.087 DM

180 DM

2.484 DM

1989

-5.815 DM

45.844 DM

8.308 DM

495 DM

2.484 DM

1990

-7.265 DM

45.231 DM

8.189 DM

718 DM

3.024 DM

Der Beklagte nahm für die Veranlagungszeiträume ab 1987 unter nachrichtlicher Mitteilung der verbleibenden Verlustabzüge folgende Verlustabzüge von dem durch Sonderausgaben und Ausbildungsfreibeträge bereits geminderten Gesamtbetrag der Einkünfte der Klägerin und ihres Ehemannes vor:

Jahr

Verlustabzug

Verbleibender Verlustabzug 1984

verbleibender Verlustabzug 1985

verbleibender Verlustabzug 1986

1987

23.662 DM

26.796 DM

198.566 DM

165.698 DM

1988

24.712 DM

2.084 DM

198.566 DM

165.698 DM

1989

37.041 DM

163.609 DM

165.698 DM

Entsprechend der geänderten Rechtslage stellte der Beklagte den der Klägerin verbleibenden Verlustabzug auf den 31.12.1990 erstmals gesondert fest. Nachdem in dem Einkommensteuerbescheid für 1990 ein Verlustvortrag von 36.324 DM vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen worden war, wurde mit dem im Streit stehenden Bescheid der verbleibende Verlustabzug auf den 31.12.1990 mit 330.024 DM festgestellt. Dabei hatte der Beklagte als Ausgangsgröße der Berechnung den verbleibenden Verlustabzug auf den 31.12.1988 statt auf den 31.12.1989 eingestellt, so dass der verbleibende Verlustabzug auf den 31.12.1990 um den im Veranlagungszeitraum 1989 verbrauchten Verlustvortrag von 37.041 DM zu hoch festgestellt wurde.

Gegen die Feststellung richtet sich nach erfolglosem Einspruch die Klage. Die Klägerin vertritt die Auffassung, die gesetzliche Regelung des Verlustabzugs durch den Gesetzgeber für die Jahre 1985 bis 1990 verletze die Rechte der Klägerin aus Art. 3 Abs. 1 GG. Der aus dieser Vorschrift abzuleitende Grundsatz einer Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit gebiete eine Regelung des Verlustabzugs vom Gesamtbetrag der Einkünfte nur soweit, bis die Summe von nach der Gesetzessystematik erst im Anschluss an den Verlustabzug abziehbaren existenzsichernden Aufwendungen, Grundfreibetrag und ggf. zu gewährenden Kinderfreibeträgen erreicht sei. Nur eine Verschonung dieser Beträge verwirkliche über die Gesamtdauer der einkommensteuerlich relevanten Betätigung eine Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit.

In Jahren, in die wegen aktueller Verluste kein Verlustrücktrag oder Verlustvortrag erfolge, seien zudem einkommensteuerlich abziehbare existenzsichernde Aufwendungen sowie Grund- und Kinderfreibetrag dem verbleibenden Verlustvortrag hinzuzurechnen, um auch dadurch dem existenzsichernden Charakter dieser tatsächlichen oder typisierten Aufwendungen über die Gesamtdauer der Steuerpflicht Rechnung zu tragen. Ansonsten verstoße der Gesetzgeber gegen die ihm durch Art. 3 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG auferlegte Pflicht, die einmal getroffenen Sachentscheidungen (Freistellung des Existenzminimums und Verlustausgleich über den Veranlagungszeitraum hinaus) folgerichtig umzusetzen.

Nach dem im Streitjahr und in den Vorjahren seit der Entstehung der Verluste der Klägerin geltenden Recht des Verlustabzugs sei die Klägerin nämlich gegenüber einem Steuerpflichtigen, der im Abzugsjahr Einkünfte i.H. des Grund- und ggf. Kinderfreibetrages erziele, schlechter gestellt, weil diesem im Abzugsjahr mehr Mittel zur Deckung des Lebensbedarfs zur Verfügung stünden und er trotzdem der gleichen einkommensteuerlichen Belastung unterliege.

Die Freibeträge seien zudem nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in folgender Höhe vom Verlustabzug auszune...

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