Entscheidungsstichwort (Thema)

Überschusserzielungsabsicht bei teilweise mit Fremdmitteln erworbenen niedrig verzinslichen Bundesanleihen

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen ist immer dann zu bejahen, wenn die Fremdfinanzierung der Anschaffung oder dem Halten einer Kapitalanlage dient, bei der nicht die Absicht der Erzielung steuerfreier Vermögensvorteile im Vordergrund steht, sondern auf Dauer gesehen die Absicht der Erzielung eines Überschusses der Einnahmen über die Werbungskosten vorhanden ist. Die Erwartung, mit der Kapitalanlage auch steuerfreie Vermögensvorteile zu realisieren, steht dem Schuldzinsenabzug auch dann nicht entgegen, wenn diese Absicht nur mitursächlich für die Anschaffung der ertragsbringenden Kapitalanlage ist.
  2. Für die Prüfung der Überschusserzielungsabsicht ist grds. auf jedes einzelne Wertpapier abzustellen. Wertpapiere, die wirtschaftlich die gleiche Funktion erfüllen, können zu Gruppen zusammengefasst werden.
  3. Werden Bundesanleihen in einem einheitlichen Vorgang und zu einem einheitlichen Zweck erworben und der Erwerb teilweise mit Fremd- und teilweise mit Eigenmitteln finanziert, kommt für die Prüfung der Überschusserzielungsabsicht eine Aufteilung in einen eigenfinanzierten und fremdfinanzierten Anteil nicht in Betracht.
  4. Die Überschusserzielungsabsicht ist auch dann zu bejahen, wenn beim Erwerb einer ertragbringenden Kapitalanlage der Gedanke einer – wenn auch bescheidenden – Rendite eine Rolle spielt. Insofern reicht eine bescheidene Rendite – im Extremfall i.H.v. 1 DM – aus, um die Überschusserzielungsabsicht zu belegen. Denn es ist nicht ersichtlich, nach welchen Kriterien ein wirtschaftlich ins Gewicht fallender Ertrag von einem unbeachtlichen Kleinertrag abgegrenzt werden sollte.
 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 Sätze 1-2, § 20

 

Streitjahr(e)

1992

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 08.07.2003; Aktenzeichen VIII R 43/01)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Abzugsfähigkeit von Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen im Veranlagungszeitraum 1992.

Die Klägerin kaufte am . . 1991 Bundesanleihen mit einem Nominalwert von DM 180.000,- zu einem Kurswert von rund DM 158.000,- (ca. 87 %). Verzinst wurden die Anleihen mit 5,5 %. Die Laufzeit endete am . . 1996. Finanziert wurde dieser Kauf mit Eigenmitteln und einem Darlehen einer Bank über DM 100.000,-, das mit 9,75 % zu verzinsen war. Das Darlehen war in einer Summe am . . 1996 zu tilgen. Eine vorzeitige Tilgung war vertraglich ausgeschlossen. Zur Sicherheit für das Darlehen dienten sämtliche gekauften Wertpapiere.

In ihrer Einkommensteuererklärung 1992 setzte die Klägerin die Zinseinnahmen aus den Bundesanleihen in Höhe von DM 9.900,- und die Werbungskosten aus der Fremdfinanzierung in Höhe von DM 9.750,- an. Der Beklagte erkannte mit Einkommensteuerbescheid 1992 vom . . 1994 die Werbungskosten nicht an. Hiergegen legte die Klägerin mit am . . 1994 eingegangenem Schreiben Einspruch ein. Der Einkommensteuerbescheid wurde wegen eines anderen Sachverhalts am . . 1995 geändert. Auch gegen diesen Bescheid wurde mit Schreiben vom . . 1995 Einspruch eingelegt.

Mit Einspruchsbescheid vom . . 1996 wurde die Einkommensteuer auf DM xxxx,- festgesetzt und der Einspruch im Übrigen als unbegründet zurückgewiesen. Der Beklagte teilte die Bundesanleihen in einen fremdfinanzierten Teil und einen eigenfinanzierten Teil auf. Die fremdfinanzierten Bundesanleihen dienten nach Ansicht des Beklagten nur der Vermögensmehrung, da die Werbungskosten die Einnahmen aus diesem Teil der Anlage übersteigen würden. Eine Einkünfteerzielungsabsicht sei insoweit nicht gegeben. Hinsichtlich des eigenfinanzierten Anteils seien keine Werbungskosten entstanden. Dementsprechend setzte der Beklagte die anteiligen Einnahmen aus den fremdfinanzierten Bundesanleihen in Höhe von DM 5.500,- nicht an und versagte den Werbungskostenabzug.

Mit Schreiben vom . . 1996 erhob die Klägerin Klage. Nach Auffassung der Klägerin darf der Kauf der Bundesanleihen nicht in einen eigenfinanzierten und einen fremdfinanzierten Teil aufgespalten werden. Der Bundesfinanzhof lasse lediglich eine Zusammenfassung aller Papiere in einem Depot nicht zu, eine Gruppenbildung gleichartiger Papiere werde aber gebilligt. Die in einer Summe erworbenen und gleichartigen Bundesanleihen stellten eine solche Gruppe dar.

Der Vergleich mit dem Grundbesitz im Privatvermögen zeige, dass keine Aufteilung erfolgen dürfe. Wenn auf einem Grundstück Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt werden würden, würde auch keine Aufteilung der Werbungskosten in dem Verhältnis des Eigenkapitals zum Fremdkapital vorgenommen werden.

Die Einheitlichkeit des Vorgangs ergebe sich auch aus § 9 VerbrKrG, wonach der gesamte Kaufvertrag über die Bundesanleihen unwirksam geworden wäre, wenn der Darlehensvertrag widerrufen worden wäre. Zusätzlich sei zu berücksichtigen, dass sämtliche Wertpapiere zur Sicherung des Darlehensvertrages sicherungsübereignet worden seien.

Be...

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