Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer

 

Leitsatz (redaktionell)

Grunderwerbsteuer auf durchschnittliche Eigenheime verfassungswidrig?

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 08.01.1999; Aktenzeichen 1 BvL 14/98)

 

Tenor

Das Verfahren wird gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 des Grund gesetzes (GG) ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung darüber vorgelegt, ob § 3 des Grunderwerbsteuergesetzes vom 17. Dezember 1982 (BGBl I 1777) in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Februar 1997 (BGBl I 418; berichtigt S. 1804) – GrEStG –, nämlich die Vorschrift über die allgemeinen Ausnahmen von der Besteuerung, insoweit gegen Art. 14 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, als die Norm nach Höhe und Ausgestaltung nicht hinreicht, das persönliche Gebrauchsvermögen (existenznotwendige Wohnvermögen) des Steuerbürgers in Form des selbstgenutzten durchschnittlichen Einfamilien-Hausgrundstücks grunderwerbsteuerfrei zu stellen.

 

Gründe

I. 1. Vorlagefragen

Die Vorlage betrifft die Fragen,

  • ob es mit der Gewährleistung des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG und dem hiernach vom Bundesverfassungsgericht abgeleiteten besonderen Schutz des persönlichen Gebrauchsvermögens vor direkten Steuern vereinbar ist, den Erwerb eines zur Selbstnutzung bestimmten durchschnittlichen Eigenheims (Wert bis etwa 600 Tausend DM) der Grund erwerbsteuer zu unterwerfen,
  • ob es mit der Gleichheit vor dem Gesetz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, den Erwerber des immobilen persönlichen Gebrauchsvermögens (etwa gebrauchtes Einfamilienhaus) mit einer Sondererwerbsteuer (Grunderwerbsteuer) zu belasten, hingegen den Erwerber des mobilen persönlichen Gebrauchsvermögens (etwa Erwerber von gebrauchten Personenkraftwagen, Mobilheimen, Hausbooten) sondererwerbsteuerlich nicht zu erfassen.

I. 2. Die zur verfassungsrechtlichen Überprüfung anstehende Rechtsnorm

Das vorlegende Gericht setzt das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG aus und legt die Sache dem Bundesverfassungsgericht zur verfassungsrechtlichen Entscheidung über § 3 GrEStG vor. Nachfolgend ist der Text der Vorschrift wiedergegeben:

§ 3 Allgemeine Ausnahmen von der Besteuerung

Von der Besteuerung sind ausgenommen:

  1. der Erwerb eines Grundstücks, wenn der für die Berechnung der Steuer maßgebende Wert (§ 8) 5000 Deutsche Mark nicht übersteigt;
  2. der Grundstückserwerb von Todes wegen und Grundstücks schenkungen unter Lebenden im Sinne des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes. Schenkungen unter einer Auflage unterliegen der Besteuerung jedoch hinsichtlich des Werts solcher Auflagen, die bei der Schenkungsteuer abzieh bar sind;
  3. der Erwerb eines zum Nachlaß gehörigen Grundstücks durch Miterben zur Teilung des Nachlasses. Den Miterben steht der überlebende Ehegatte gleich, wenn er mit den Erben des verstorbenen Ehegatten gütergemeinschaftliches Vermögen zu teilen hat oder wenn ihm in Anrechnung auf eine Ausgleichsforderung am Zugewinn des verstorbenen Ehegatten ein zum Nachlaß gehöriges Grundstück übertragen wird. Den Miterben stehen außerdem ihre Ehegatten gleich;
  4. der Grundstückserwerb durch den Ehegatten des Veräußerers;
  5. der Grundstückserwerb durch den früheren Ehegatten des Ver äußerers im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung;
  6. der Erwerb eines Grundstücks durch Personen, die mit dem Veräußerer in gerader Linie verwandt sind. Den Abkömmlingen stehen die Stiefkinder gleich. Den Verwandten in gerader Linie sowie den Stiefkindern stehen deren Ehegatten gleich;
  7. der Erwerb eines zum Gesamtgut gehörigen Grundstücks durch Teilnehmer an einer fortgesetzten Gütergemeinschaft zur Teilung des Gesamtguts. Den Teilnehmern an der fortgesetz ten Gütergemeinschaft stehen ihre Ehegatten gleich;
  8. der Rückerwerb eines Grundstücks durch den Treugeber bei Auflösung des Treuhandverhältnisses. Voraussetzung ist, daß für den Rechtsvorgang, durch den der Treuhänder den Anspruch auf Übereignung des Grundstücks oder das Eigentum an dem Grundstück erlangt hatte, die Steuer entrichtet worden ist. Die Anwendung der Vorschrift des § 16 Abs. 2 bleibt unberührt.

Bis Ende 1982 galt das Gesetz zur Grunderwerbsteuerbefreiung beim Erwerb von Einfamilienhäusern, Zweifamilienhäusern und Eigentumswohnungen (vom 11. Juli 1977, BGBl I 1218) – GrEStEigWoG – mit gestaffelten Freibeträgen bis zu 300.000 DM für das Wohnen im eigenen Heim.

Das vorlegende Gericht hält die zitierte Vorschrift über diederzeitigen „allgemeinen Ausnahmen von der Besteuerung” bezüglich des persönlichen Gebrauchsvermögens für verfassungswidrig, weil sie seiner Ansicht nach gegen das vom Bundesverfassungsgericht aus der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem allgemeinen Freiheitsgrundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG abgeleitete Prinzip der eigentumsschonenden und freiheitsschonenden Besteuerung und gegen das aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG entwickelte Gebot der Steuergerechtigkeit verstößt.

II. Sachverhalt und einfachgesetzliche Beurteil...

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