vorläufig nicht rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Terminsgebühr bei telefonischer Besprechung ohne Beteiligung des Gerichts

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Zu den Voraussetzungen für die Auslösung einer Terminsgebühr nach Nr. 3202 VV-RVG i.V.m. Vorb. 3 Abs. 3 VV.
  2. Voraussetzung für die Auslösung einer Terminsgebühr ist eine auf die Erledigung des Verfahrens gerichtete Besprechung, an der beide Seiten mitgewirkt haben.
  3. Auch ein auf Erledigung des Verfahrens gerichtetes Telefonat mit der zuständigen und gesprächsbereiten Sachbearbeiterin der Rechtsbehelfsstelle rechtfertigt die Entstehung einer Terminsgebühr.
 

Normenkette

FGO § 139 Abs. 3 S. 1; RVG § 2 Abs. 2; VV-RVG Nr. 34202

 

Streitjahr(e)

2009

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Erinnerungsgegner seinen Prozessbevollmächtigten, den Erinnerungsführern, eine Terminsgebühr zu erstatten hat.

Die Erinnerungsführer vertraten den Erinnerungsgegner im Rahmen des Klageverfahrens 11 K 401/07 wegen eines Lohnsteuerhaftungsbescheides.

Auf Betreiben der Erinnerungsführer war das beklagte Finanzamt __ bereit, die Haftungssumme auf 2.000 € zu ermäßigen. Hierzu führte der Sachbearbeiter der Erinnerungsführer, Rechtsanwalt G, neben einem Schriftwechsel u.a. verschiedene Telefonate mit der zuständigen Sachbearbeiterin der Rechtsbehelfsstelle. Eine unmittelbare Besprechung des Prozessbevollmächtigten mit dem Vorsteher des beklagten Finanzamtes bzw. dem Sachgebietsleiter der Rechtsbehelfsstelle fand dagegen nicht statt. Nachdem sich auch der Erinnerungsgegner hiermit einverstanden erklärt hatte, wurde der Rechtsstreit auf dieser Grundlage außergerichtlich erledigt und die Klage sodann zurückgenommen.

Die Erinnerungsführer beantragten ihre Vergütung gegen den Erinnerungsgegner nach § 11 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) festzusetzen und machten im Rahmen des Vergütungsfestsetzungsverfahrens neben einer 1,3-fachen Verfahrens – und einer 1,0-fachen Einigungsgebühr auch eine 1,2-fache Terminsgebühr geltend.

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle setzte die den Erinnerungsführern zu erstattenden Aufwendungen auf Basis eines Streitwerts in Höhe von 7.728,12 € gemäß Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 2. April 2009 wie folgt fest:

Verfahrensgebühr (1,6-fach)

659,20 €

Erledigungsgebühr (1,5-fach)

618,00 €

Pauschale f. Entgelte f. Post/Telekommunikationsdienstl.

20,00 €

Zwischensumme

1.297,20 €

Umsatzsteuer 19 %

246,47 €

Gesamtbetrag gerichtliches Verfahren

1.543,67 €

Auslagen

4,50 €

Summe

1.548,17 €

Die Terminsgebühr sei nicht verdient, weil eine mündliche Verhandlung vor dem Senat nicht stattgefunden habe. Auch habe der Senat weder durch Urteil ohne mündliche Verhandlung noch durch als Urteil wirkenden Gerichtsbescheid entschieden.

Hiergegen wenden sich die Erinnerungsführer mit ihrer Erinnerung. Sie sind der Ansicht, die Terminsgebühr sei entstanden, da mit dem beklagten Finanzamt außergerichtlich ein Vergleich geschlossen worden sei. Die Terminsgebühr entstehe, wenn ein Rechtsanwalt mit dem Finanzamt über eine Erledigung der Angelegenheit verhandele, auch ohne Beteiligung des Gerichts. Hierbei könne es keinen Unterschied machen, dass die Besprechungen unmittelbar nur mit der Sachbearbeiterin erfolgt seien. Da diese Rücksprache mit dem Rechtsbehelfsstellensachgebietsleiter habe halten müssen, sei zumindest bei mittelbarer Betrachtung auch eine, den Ansatz einer Terminsgebühr rechtfertigende Besprechung mit dem entscheidungsbefugten Beklagtenvertreter erfolgt.

Die Urkundsbeamtin half der Erinnerung nicht ab.

 

Entscheidungsgründe

Die Erinnerung ist begründet.

Die Urkundsbeamtin hat im Beschluss vom 2. April 2009 die Terminsgebühr zu Unrecht nicht angesetzt.

Nach § 139 Abs. 3 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) sind die gesetzlich vorgesehenen Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfe in Steuersachen befugt ist, stets erstattungsfähig. Die Gebühren und Auslagen von Rechtsanwälten (Vergütung) bemessen sich dabei nach Maßgabe des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes. Die Höhe der Vergütung bestimmt sich gemäß § 2 Abs. 2 RVG nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 (VV-RVG).

Gemäß Nr. 3202 VV-RVG iVm Vorb. 3 Abs. 3 VV entsteht in Verfahren vor dem Finanzgericht eine Terminsgebühr in Höhe von 1,2 unter anderem für die Mitwirkung an, auf die Erledigung des Verfahrens gerichtete, Besprechungen ohne Beteiligungen des Gerichts.

Voraussetzung für die Auslösung einer Terminsgebühr ist nach der Zivilrechtsprechung eine auf die Erledigung des Verfahrens gerichtete Besprechung, an der beide Seiten mitgewirkt haben (zB Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 15. Oktober 2008 6 W 73/08, juris). Eine solche Besprechung setzt als mündlicher Austausch von Erklärungen die Bereitschaft der Gegenseite voraus, überhaupt in Überlegungen mit dem Ziel einer einvernehmlichen Beendigung des Verfahrens einzutreten. Ausreichend hierfür kann auch ein Telefongespräch sein (BGH-Beschluss vom 11. Juni 2008 XII ZB 11/06, NJW 2008, 2993...

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