Leitsatz

Der sogenannte Einstiegstest kommt in den Fällen des § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG dann nicht zur Anwendung, wenn die betreffende Kapitalgesellschaft ihrem Hauptzweck nach einer Tätigkeit im Sinne des § 13 Abs. 1 EStG, des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG oder des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG und § 18 Abs. 1 Nr. 2 EStG dient.

 

Sachverhalt

Die Klägerin erwarb durch Schenkung ihres zwischenzeitlich verstorbenen Vaters alle Anteile an einer GmbH und reichte beim Beklagten (Finanzamt) die Schenkungsteuererklärung ein. Darin gab sie als alleinige Vorschenkung eine Geldschenkung von 200.000 EUR im Jahr 2014 an. In der "Anlage Steuerentlastung für Unternehmensvermögen zur Schenkungsteuererklärung" war unter dem Abschnitt "Sockelbetrag für Finanzmittel" in Zeile 19 angekreuzt, dass der Hauptzweck des Unternehmens eine Tätigkeit im Sinne des § 13 Abs. 1 EStG, des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG oder des § 18 Abs. 1 Nr. 1, 2 EStG sei.

Der Beklagte erließ unter dem Vorbehalt der Nachprüfung einen Schenkungsteuerbescheid. In den Erläuterungen zum Bescheid führte der Beklagte aus, dass nach § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG (90 %-Prüfung) eine Begünstigung nach § 13a ErbStG nicht gewährt werden könne.

Die Klägerin legte gegen den Bescheid Einspruch ein und beantragte die Gewährung der Regelverschonung. Sie gab an, dass die Wertfeststellung anhand des Substanzwerts erfolgt sei, weil der Ertragswert der Gesellschaft negativ sei. Die auf § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG gestützte Ablehnung jeglichen Verschonungsabschlags sei rechtswidrig, weil die Norm verfassungswidrig sei. Dies gelte jedenfalls insoweit, als dass dort die Schuldenverrechnung nach § 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG von der Berechnung der 90 %-Grenze ausgenommen werde. Nach § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG werde keine Begünstigung im Sinne der §§ 13a, 13c, 28 Abs. 1, 28a ErbStG gewährt, wenn die (modifizierte) Verwaltungsvermögensquote bei mindestens 90 % liege.

Im angefochtenen Bescheid führe die wortlautgetreue Anwendung des § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG, die einen Prozentsatz von 473 ergebe, zu dem absurden Resultat, dass trotz eines festgestellten Wertes des Verwaltungsvermögens von 0 EUR und einem Wert der geschenkten Anteile von mehr als 500.000 EUR die 90 %-Grenze des Verwaltungsvermögens überschritten werde. Damit sei nach dem Gesetzeswortlaut jegliche Vergünstigung abzulehnen, obwohl in dem übertragenen Betriebsvermögen nach Schuldenverrechnung gar kein Verwaltungsvermögen enthalten sei.

Mit Einspruchsentscheidung wies der Beklagte den Einspruch zurück. Die Klägerin hat gegen die Einspruchsentscheidung Klage erhoben. Sie beantragte, den Bescheid über Schenkungsteuer dahingehend zu ändern, dass die Schenkungsteuer unter Anwendung der Regelverschonung gem. § 13a Abs. 1 ErbStG und des Abzugsbetrags gem. § 13a Abs. 2 ErbStG auf 0 EUR festgesetzt wird. Der Beklagte beantragt die Klage abzuweisen, hilfsweise für den Fall des Unterliegens die Revision zuzulassen.

 

Entscheidung

Die Klage ist begründet. Der Bescheid über Schenkungsteuer ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin dadurch in ihren Rechten, dass der Verschonungsabschlag und der Abzugsbetrag im Sinne von § 13a Abs. 1, 2 ErbStG nicht gewährt worden ist. Das begünstigte Vermögen ist nach Maßgabe des § 13a Abs. 1 ErbStG zu 85 % steuerfrei und bleibt im Übrigen, weil der nach Anwendung des § 13a Abs. 1 ErbStG verbleibende Teil des begünstigten Vermögens 150.000 EUR nicht übersteigt, nach § 13a Abs. 2 ErbStG außer Ansatz.

Nach § 13a Abs. 1 Satz 1 ErbStG bleibt begünstigtes Vermögen im Sinne von § 13b Abs. 2 zu 85 % steuerfrei (Verschonungsabschlag), wenn der Erwerb begünstigten Vermögens im Sinne des § 13b Abs. 2 ErbStG zuzüglich der Erwerbe im Sinne von § 13a Abs. 1 Satz 2 insgesamt 26 Mio. Euro nicht übersteigt. Die Voraussetzungen für die Gewährung des Verschonungsabschlags sind im Streitfall erfüllt. Die übertragenen Gesellschaftsanteile von 100 % an der im Inland ansässigen B-GmbH sind begünstigungsfähiges Vermögen im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG. Da das Verwaltungsvermögen auf 0 EUR festgestellt wurde, sind diese Anteile mit dem festgestellten Wert von X EUR nach § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG begünstigtes Vermögen, welches die Wertgrenze des § 13a Abs. 1 Satz 1 ErbStG nicht überschreitet.

Der Begünstigung des übertragenen Vermögens steht im Streitfall der sogenannte Einstiegstest nach § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG nicht entgegen. § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG sieht vor, dass – abweichend von § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG, welcher das begünstigte Vermögen definiert – der Wert des begünstigungsfähigen Vermögens vollständig nicht begünstigt ist, wenn das Verwaltungsvermögen nach § 13b Abs. 4 ErbStG vor der Anwendung des § 13b Abs. 3 Satz 1 ErbStG, soweit das Verwaltungsvermögen nicht ausschließlich und dauerhaft der Erfüllung von Schulden aus durch Treuhandverhältnisse abgesicherten Altersversorgungsverpflichtungen dient und dem Zugriff aller übrigen nicht aus diesen Altersversorgungsverpflichtungen unmittelbar berechtigten Gläubiger entzogen ist so...

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