[Ohne Titel]

Yvonne Gallus, RAin[*]

Der Beitrag schließt an die Übersicht zur Gemeinnützigkeit in Heft 3/2018 an (Gallus, ErbStB 2018, 120). Die aktuelle Regierungskoalition hatte sich 2018 u.a. eine Stärkung der Zivilgesellschaft und des Ehrenamts auf die Fahne geschrieben, dennoch verdichtete sich das Gesetzgebungsverfahren erst im Krisenjahr 2020. Das "Ehrenamtspaket" wurde erst im Oktober 2020 auf Druck der Landesfinanzminister durch den Finanzausschuss des Deutschen Bundestags Teil der Gesetzesänderungen (Hüttemann, DB 2021, 72; BT-Drucks. 19/25160, v. 10.12.2020, S. 118). Das JStG wurde am 21.12.2020 verabschiedet (BGBl. I 2020, 3096) und trat – überwiegend – am 29.12.2020 in Kraft.

Die Reform des Stiftungsrechts manifestierte sich erst anhand des RegE vom 3.2.2021. Der Bundestag hat der nachgebesserten Fassung des "Gesetz zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts" sodann am 24.6.2021 zugestimmt, der Bundesrat am Folgetag. Die Reform tritt ab dem 1.7.2023 in Kraft.

[*] Yvonne Gallus ist als Rechtsanwältin bei c k s s Carlé Korn Stahl Strahl Partnerschaft mbB Rechtsanwälte Steuerberater, Köln, tätig.

I. Neuerungen im Gemeinnützigkeitsrecht durch JStG 2020

1. Freibeträge für bei Gemeinnützigen Engagierte

In Deutschland engagieren sich aktuell rund 31 Mio. Menschen in ihrer Freizeit für das Gemeinwohl (BMI, www.ehrenamt.bund.de). Übungsleiter- und Ehrenamtsfreibeträge wurden als Anreiz für mehr nebenberufliches Engagement eingeführt. Nun werden die Freibeträge erstmals angehoben. Der Übungsleiterfreibetrag stieg von 2.400 EUR auf 3.000 EUR (§ 3 Nr. 26 EStG) und der Ehrenamtsfreibetrag (§ 3 Nr. 26a EStG) von 720 EUR auf 840 EUR pro Jahr, jeweils beginnend ab dem 1.1.2021. Die Steuerbefreiung von Sachleistungen, die aufgrund der Vergünstigungen einer Ehrenamtskarte gewährt werden, wie es § 3 Nr. 26c EStG-E des Bundesrats vorsah (BR-Drucks. 503/20 (Beschluss), S. 32), setzte sich hingegen nicht durch.

Beraterhinweis Die Anhebung des Freibetrags über 720 EUR hinaus erfolgte zunächst ohne eine Angleichung des Haftungsprivilegs gem. § 31a BGB. Danach gilt eine Begrenzung der Innenhaftung von Organmitgliedern, die im Wesentlichen unentgeltlich für den Verein tätig sind, auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Diese Lücke wurde durch das 7. Gesetz zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen (VStÄndG) vom 30.3.2021 (BGBl. I 2021, 607) durch Anpassung des Betrags in § 31a BGB auf 840 EUR mit Wirkung ab dem 7.4.2021 geschlossen.

2. Ausweitung gemeinnütziger Zwecke

Der Gesetzgeber hat neue Zwecke in den Gemeinnützigkeitskatalog des § 52 Abs. 2 Satz 1 AO aufgenommen. Teilweise dürfte die Erweiterung nur aus Gründen der Klarstellung erfolgt sein, so dass hierin keine bahnbrechende Neuerung vermutet werden darf, es fanden auch nicht alle Vorschläge Niederschlag im Gesetzeswortlaut. Namentlich betrifft dies insb. die Förderung des investigativen Journalismus, der Gegenstand eines Antrags des Landes NRW vom 29.5.2019 war (BR-Drucks. 266/19).

a) Klimaschutz

In § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 8 AO wurde der Umweltschutz ergänzt durch "einschließlich des Klimaschutzes". Eine hierauf zielende Definition hatte der BFH bereits mit Urteil vom 20.3.2017 formuliert: "Die Förderung des Umweltschutzes umfasst alle Maßnahmen, die darauf gerichtet sind, die natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen zu sichern, den Naturhaushalt (Boden, Wasser, Luft, Klima, Tiere, Pflanzen) zu schützen und eingetretene Schäden zu beheben (Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 3. Aufl. 2015, Rz 3.103; ähnlich Schauhoff, Handbuch der Gemeinnützigkeit, 3. Aufl. 2010, § 6 Rz 61; Buchna/Leichinger/Seeger/Brox, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, 11. Aufl. 2015, Tz. 2.2.6., S. 75). Insbesondere wird der Klimaschutz unter den Begriff des Umweltschutzes gefasst." (BFH v. 20.3.2017 – X R 13/15, BStBl. II 2017, 1110 = ErbStB 2017, 338 [Günther])

b) Hilfe für Verfolgte und Diskriminierte

In § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 10 AO wurde zum einen der Begriff "rassisch" durch "rassistisch" ersetzt, was auch sprachpolitisch der Nichtexistenz von biologischen Rassen Rechnung trägt. Zum anderen wurde die "Förderung der Menschen, die auf Grund ihrer geschlechtlichen Identität oder ihrer geschlechtlichen Orientierung diskriminiert werden" am Ende hinzugefügt.

c) Ortsverschönerung

In § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 22 AO wurde die "Ortsverschönerung" der Heimatpflege und Heimatkunde hinzugefügt. Mit dieser Klarstellung bezweckt der Gesetzgeber eine Bürokratieentlastung, da sie eine Bündelung der bereits anerkannten Zwecke Landschafts- und Heimatpflege sowie Natur- und Denkmalschutz darstelle und den Vereinen die Aufzählung einer Vielzahl von Zwecken in ihrer Satzung und die Dokumentation sowie den Nachweis gleichbleibender Verfolgung erspare (BT-Drucks. 19/25160, 201, v. 10.12.2020).

Beraterhinweis Ob die Ortsverschönerung auch die "Quartiersozialarbeit" umfasst oder ob diese unter die Verfolgung mildtätiger Zwecke nach § 53 AO zu fassen ist, wird unterschiedlich beantwortet (Strahl, kösdi 7/2021, 22316; a.A. Hüttemann, DB 2021, 73). Der Aspekt der Wirtschaftsförderung ist ausdrücklich nicht von der Regelung erfasst (Hörster, NWB 2021, 92).

d) Freifunk

In § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 23 AO wurde neben dem Amateurfunk der "Freifunk" aufgenommen. Darunte...

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