Leitsatz

Der Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer für Gebäude kann anhand eines Gutachtens erbracht werden, das auf dem Modell zur Ableitung der wirtschaftlichen Restnutzungsdauer für Wohngebäude unter Berücksichtigung von Modernisierungen der Sachwertrichtlinie vom 5.9.2012 beruht.

Die Steuerpflichtige streitet mit dem Finanzamt über die Höhe der AfA für ein mit Kaufvertrag vom 21.11.2002 erworbenes Grundstück mit 3 Baukörpern. Das Gebäude C wurde 1905 in 2,5 geschossiger massiver Bauweise mit rückwärtigen Anbauten errichtet. 1989 wurde ein Anbau abgerissen und im Jahr 1992 ein 1-geschossiger Baukörper B in massiver Bauweise errichtet. Im Jahr 1963 wurde an der rechten Gebäudeseite des Baukörpers C ein 3,5-geschossiges, massives Gebäude A errichtet. Die Steuerpflichtige trägt vor, es sei durch ein vorliegendes Gutachten, das sich an dem Berechnungsmodell der Anlage 4 (Modell zur Ableitung der wirtschaftlichen Restnutzungsdauer für Wohngebäude unter Berücksichtigung von Modernisierungen) der Sachwertrichtlinie vom 5.9.2012 orientiert, umfassend dargelegt, dass die Gebäude A und C eine Restnutzungsdauer von unter 50 Jahren hätten und daher eine Abschreibung nach § 7 Abs. 4 S. 2 EStG in Betracht käme. Objektiv sei festzustellen, dass die Gebäude im Jahr 1963 bzw. im Jahr 1905 erbaut worden seien, eine übliche Gesamtnutzungsdauer von 70 Jahren besäßen und zum Zeitpunkt des Erwerbs bereits über 41 bzw. über 98 Jahre alt gewesen seien. Das Finanzamt lehnte dies ab mit der Begründung, dass dem Gutachten der Steuerpflichtigen, welches auf der Sachwertrichtlinie bzw. der ImmoWertV fuße, nicht gefolgt werden könne.

 

Entscheidung

Das FG entschied, dass das von der Steuerpflichtigen vorgelegte Gutachten, basierend auf dem Berechnungsmodell der Anlage 4 der Sachwertrichtlinie vom 5.9.2012, ein geeigneter Nachweis zur Ermittlung einer kürzeren Nutzungsdauer für Gebäude im Sinne von § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG darstellt.

 

Hinweis

Das EStG geht in § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG bei Gebäuden – abhängig vom Zeitpunkt der Fertigstellung – pauschalierend von einer Nutzungsdauer von 50 bzw. 40 Jahren aus. Dem Steuerpflichtigen obliegt es hierbei eine kürzere Nutzungsdauer nachzuweisen (§ 7 Abs. 1 Satz 2 EstG). Zu der Problematik des Nachweises einer kürzeren Nutzungsdauer eines Gebäudes gibt es – soweit bekannt – nur wenige und auch unterschiedliche finanzgerichtliche Entscheidungen (vgl. hierzu z.B. FG Köln, Urteil v. 30.6.2016, 11 K 3657/14). Das FG Düsseldorf hat demzufolge die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Der BFH muss nun die Frage des Nachweises einer kürzeren Nutzungsdauer eines Gebäudes entscheiden und insoweit für Rechtssicherheit sorgen, Rev. eingelegt, Az beim BFH IX R 25/19.

 

Link zur Entscheidung

FG Düsseldorf, Urteil vom 12.07.2019, 3 K 3307/16 F

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